Nierensteine

Nierensteine bilden sich aus bestimmten Bestandteilen des Urins. Diese Stoffe sind normalerweise gelöst. In dem Fall, dass sie sich ablagern, können sie sich aber in verschiedenen Formen auskristallisieren. Die entstehenden Steine sind häufig kaum größer als ein Reiskorn. Sie können jedoch derart wachsen, dass sie einen Durchmesser von einigen Zentimetern aufweisen. Sie können sogar derart groß werden, dass sie das gesamte Nierenhohlsystem ausfüllen. In der Medizin wird der Nieren- und Harnleiterstein (= wenn Nierensteine in den Harnleiter wandern) auch als Urolithiasis oder als Nephrolithiasis bezeichnet. Andere Bezeichnungen sind „Nierenkonkrement“ und „Ureterstein“.

Laut Statistiken weist jeder 25. deutsche Bürger ein erhöhtes Risiko auf, mindestens einmal im Leben Nieren- oder Harnsteine zu bilden. Männer sind häufiger von Nierensteinen betroffen. Sie treten vermehrt bei Personen auf, die zwischen 20 und 50 Jahre alt sind. Etwa 25 Prozent aller Patienten weisen immer wieder Nierensteine auf.

Starke Schmerzen und weitere Symptome

Sogenannter Nierengrieß und kleine Steine fließen i.d.R. mit dem Harn ab – das einzige Symptom kann ein leicht stechender Schmerz beim Wasserlassen sein. Bei großen Nierensteinen sind die Beschwerden deutlich ausgeprägter: Die Schmerzen können stark sein und kolikartige Ausmaße annehmen. Sie können sich innerhalb von wenigen Minuten derart verstärken, dass sie unerträglich werden. Die Schmerzen können, je nach Lage des Steins, auch in andere Körperteile strahlen. Diese Art von Schmerzen werden auch Nieren- bzw. Harnleiterkolik genannt. Diese Koliken gelten als eine der am intensivsten empfundenen Schmerzarten überhaupt. Sie entstehen durch die Reizung und die Überdehnung des Harnleiters, welche durch den abgehenden Stein verursacht werden.

Merkmale, die auf eine Nierenkolik hinweisen, sind:

  • Übelkeit, Brechreiz und Erbrechen
  • Ein reflektorischer Darmverschluss (Blähungen und Stuhl können nicht mehr abgehen)
  • Plötzlich auftretende Schmerzen, die heftige, krampfartige Ausmaße annehmen und je nach Lage des Steins in den seitlichen Unterbauch, in den Rücken, in die Leisten oder in die Genitalien ausstrahlen können
  • Ein nicht unterdrückbarer Harndrang
  • Häufiges Wasserlassen kleinster Mengen
  • Blut im Urin
  • Kollapsneigung
  • Schweißausbrüche
  • Motorische Unruhe
  • Schmerzen beim Wasserlassen
  • Fieber und Schüttelfrost

In dem Moment, in dem der abgehende Nierenstein an der Harnblase ankommt, verschwindet die Nierenkolik schlagartig. Dabei ist das zeitliche Auflösen der Kolik von der Größe des Steins abhängig: kleine Nierensteine bewirken teilweise Koliken, die lediglich einige Minuten lang dauern. Bei Nierensteinen ab einem Durchmesser von einem halben Zentimeter kann die Kolik hingegen mehrere Stunden lang dauern. Sollte sich ein Nierenstein im Harnleiter festsetzen, kann der Abgang sogar mehrere Tage dauern.

Mögliche Komplikationen

Verschließt ein Nierenstein den Harnleiter vollständig, kann der Urin nicht mehr abfließen. Dieses Phänomen wird in der Medizin als Harnstau bezeichnet. Es kommt zu einer Ansammlung des Urins in der Niere. Der Harn beinhaltet auch die aus dem Blut gefilterten Abfallprodukte und Giftstoffe. Diese greifen das Nierengewebe an und schädigen es auf langfristige Sicht.

Ein Harnstau trägt außerdem dazu bei, dass Bakterien ein leichtes Spiel haben, in die Harnwege einzudringen und dort zu verbleiben – die Folge kann eine Harnwegsinfektion sein. Durch die Kombination des Harnstaus mit dieser Infektion können Bakterien leicht von den Harnwegen aus in den Blutkreislauf gelangen. Die Folge kann eine Blutvergiftung durch Bakterien sein. Diese spezielle Art der Blutvergiftung wird Urosepsis genannt.

Die Symptome bei chronischen Nierensteinen

Größere Nierensteine gelangen nur schwer zum Harnleiter. Stattdessen liegen sie häufig im Nierenbecken, wo sie zu einem sogenannten Ausgussstein heranwachsen können. Ein Ausgussstein ist ein Nierenstein, der das gesamte Nierenbecken ausfüllt. Die damit einhergehenden Symptome sind häufig nur wenig ausgeprägt, sodass sich lediglich ein dumpfer Druck im Bereich der Nieren bemerkbar macht. Diese Art von Nierensteinen kann aber auch die Beschwerden eines Harnstaus sowie die einer chronischen Entzündung des Nierenbeckens hervorrufen. Eine solche chronische Entzündung kann einen Schwund des Nierengewebes bedingen. Dann ist die Rede von sogenannten Schrumpfnieren.

Eine erhöhte Stoffkonzentration und weitere Faktoren, die Nierensteine begünstigen können

Nierensteine bilden sich, wenn bestimmte Stoffe im Harn eine gewisse Konzentration erreicht haben. Diese Stoffe werden bei einer einwandfrei funktionierenden Niere über den Urin ausgeschieden. Sind die Stoffe jedoch in solch einem Maße vorhanden, dass sie nicht mehr lösbar sind, kristallisieren sie aus. Im weiteren Verlauf lagern sich immer mehr Stoffe an diese Kristalle an – die Nierensteine wachsen und bilden Schichten, ähnlich wie bei einer Zwiebel. Die relevantesten Stoffe in Bezug auf Nierensteine sind:

  • Phosphat
  • Harnsäure
  • Zystin
  • Oxalat
  • Calcium

Auch gesunde Menschen weisen zu einem gewissen Teil eine erhöhte Konzentration an diesen Stoffen auf. Allerdings ist die Konzentration noch so gering, dass die Stoffe unbemerkt über den Urin ausgeschieden werden und sich somit keine Nierensteine bilden können. Neben der erhöhten Konzentration der Stoffe müssen weitere Faktoren vorliegen, die die Bildung von Nierensteinen begünstigen. Andernfalls wachsen aus den Kristallen keine Nierensteine heran. Ein möglicher Faktor, der die Bildung von Nierensteinen begünstigt, ist ein Mangel an sogenannten Steinbildungsinhibitoren (im Lateinischen bedeutet Inhibitor so viel wie Hemmstoff). Diese Hemmstoffe, auch antilithogene Substanzen genannt, kommen natürlicherweise im Harn vor und hemmen bei gesunden Menschen die Steinbildung. Zu den Steinbildungshemmern zählen u.a. Magnesium, Glykoproteine und Glykosaminoglykane.

Die Gründe, warum die Konzentration der einzelnen Harnbestandteile stark ansteigen kann, sind vielfältig: Eine Stoffwechselerkrankung kann den Anstieg der Konzentration ebenso bedingen wie erbliche Faktoren. Außerdem können Ernährungsfaktoren und eine zu geringe Zufuhr an Flüssigkeit die Ursache sein. Ebenso gilt Bewegungsmangel als risikoerhöhend.

Eine weitere mögliche Ursache: ein erhöhter oder ein niedriger pH-Wert

Auch ein erhöhter pH-Wert des Urins kann das Risiko für Nierensteine erhöhen – der pH-Wert hat einen maßgeblichen Einfluss auf die Harnbestandteil-Löslichkeit. Ein pH-Wert über 7,0 (alkalischer Urin) kann beispielsweise die Bildung von phosphathaltigen Nierensteinen begünstigen. Zu einem derart hohen pH-Wert kommt es bei Infektionen der ableitenden Harnwege mit bestimmten Bakterienarten wie den Klebsiellen. Ein sehr saurer Urin (pH < 5,75) begünstigt wiederum die Entstehung von Harnsäuresteinen.

Die Diagnose

Um eine Diagnose stellen zu können, wird der Arzt zunächst ein Anamnesegespräch mit dem Patienten führen: Er fragt diesen, ob früher schon einmal Nierensteine aufgetreten und, ob in der Familie mehrere Fälle von Nierensteinen bekannt sind. Zudem wird er sich nach möglichen Vorerkrankungen, nach der regelmäßigen Einnahme von Medikamenten und nach den Ernährungsgewohnheiten des Patienten erkundigen.

Es folgen eine Urin- und eine Blutuntersuchung. Ein Teststreifen gibt Aufschluss darüber, ob Blut im Urin vorhanden ist. Sollte der Verdacht auf eine Harninfektion bestehen, legt der Arzt eine sogenannte Urinkultur an. Anhand dieser kann innerhalb von einigen Tagen erkannt werden, ob ein Bakterienwachstum vorliegt und welche Bakterien dies im Falle der Bestätigung sind. Die Blutuntersuchung dient wiederum der Messung der Kalium-, der Phosphat- und der Kreatinin-Werte. Außerdem werden der Harnstoff und die Harnsäure überprüft. Die Blutuntersuchung gibt sowohl Aufschluss darüber, ob eine Infektion vorliegt als auch darüber, wie gut die Nieren funktionieren.

Es können bildgebende Verfahren wie eine Ultraschalluntersuchung und eine Röntgenuntersuchung folgen: Die Sonographie macht jene Nierensteine sichtbar, die mindestens zwei Millimeter groß sind. Außerdem kann durch diese Untersuchung die Funktion der Nieren beurteilt werden und es kann festgestellt werden, ob ein Harnstau besteht. Durch die Röntgenuntersuchung mit Kontrastmitteln erlangt der Arzt zusätzliche Informationen über die Abflussverhältnisse innerhalb der Nieren.

In 80 Prozent der Fälle bedarf ein Nierenstein keiner Therapie

Etwa 80 Prozent aller Nierensteine werden automatisch über den Harn ausgeschieden, zumindest, wenn der Durchmesser des Steins nicht größer als vier Millimeter ist. Die meisten Nierensteine bedürfen demnach keine Therapie. Lösen die Steine eine akute Nierenkolik aus, muss allerdings gehandelt werden: Es kommen krampflösende Mittel zum Einsatz, die in die Vene gespritzt werden und die Schmerzen lindern sollen.

Sind die Nierensteine größer als ein Zentimeter und verändert sich ihre Lage für mehrere Tage nicht, werden sie i.d.R. nicht mehr von selbst ausgeschieden. In diesem Fall sollte ein Urologe aufgesucht werden. Dieser entfernt die Steine auf eine der folgenden Arten:

  • Extrakorporale Stoßwellenlithotripsie: Unter der Ultraschall- oder Röntgenkontrolle verwendet der Arzt Stoßwellen, um die Steine von außen zu zertrümmern. Die resultierenden Bruchsteine werden innerhalb der nächsten drei Monate nach und nach über den Urin abgegeben. Diese Form gilt als die erfolgreichste Behandlungsmethode. Allerdings kann sie nicht angewendet werden, wenn eine Schwangerschaft besteht.
  • Schlingenextraktion: Diese Methode wird immer weniger angewandt – sie kommt lediglich zum Einsatz, wenn die Steine im unteren Harnleiter-Drittel auftauchen. Per Blasenspiegelung wird eine Schlinge in den Harnleiter eingeführt. Mit dieser Schlinge können die Nierensteine herausgezogen werden. Diese Methode darf nicht angewendet werden, wenn die Harnwege entzündet sind.
  • Perkutane Nephrolitholapaxie: Diese Methode wird vor allem für größere Steine, die ausgeprägte Harnstauungen verursachen, gewählt. Es wird ein kleiner Hautschnitt gemacht. Über diesen wird ein Endoskop eingeführt. Mit diesem zerkleinert der Arzt den Nierenstein. Anschließend entfernt er ihn. Diese Behandlung ist nicht geeignet, wenn eine Harnwegsinfektion oder eine Schwangerschaft besteht.
  • Operative Steinentfernung: Die operative Steinentfernung wird immer seltener durchgeführt, da die anderen Methoden mit weniger Komplikationen verbunden und mindestens genauso erfolgversprechend sind.
  • Medikamentöse Therapie: Manche Nierensteine können mit Medikamenten aufgelöst werden. Das ist von ihrer Zusammensetzung abhängig. Bei Zystin- und Harnsäuresteinen ist die medikamentöse Auflösung beispielsweise möglich. Das Verfahren der medikamentösen Auflösung wird als Chemolitholyse bezeichnet.

Nierensteinen kann man gut vorbeugen

Es bestehen diverse Maßnahmen, mit denen man Nierensteinen vorbeugen kann: Täglich sollten mindestens zwei Liter Flüssigkeit (am besten Wasser) zugeführt werden. Eine ballaststoffreiche, salz- und eiweißarme Ernährung mit viel Gemüse und Obst trägt ebenso zur Prophylaxe bei. Ausreichend viel Bewegung und ein Normalgewicht sind nicht nur gute Maßnahmen, um Nierensteinen vorzubeugen, sondern auch, um einen allgemeinen guten Gesundheitszustand zu erreichen.

Für die ausreichende Flüssigkeitszufuhr gilt die Faustregel, dass ein heller Urin auf eine ausreichende Trinkmenge hinweist. Gelber Urin deutet wiederum darauf hin, dass mehr Wasser getrunken werden sollte. Für den Alltag bedeutet das, dass man am besten stets eine Wasserflasche in Reichweite hat. Diese sollte gut sichtbar sein, sodass man das Trinken nicht vergisst.

Aktualisiert am 17. Februar 2021