Windpocken

Windpocken stellen eine hoch ansteckende Viruserkrankung dar. Es handelt sich um eine Kinderkrankheit: vor allem Kinder im Alter zwischen zwei und sieben Jahren sind betroffen. Die Dauer beträgt zwischen zwei und drei Wochen. In Ausnahmefällen können die Windpocken auch bis zu 28 Tage bestehen. Sie werden durch ein bestimmtes Herpes-Virus, das Varizella-Virus ausgelöst. Mit der Erkrankung kommt es zu einem typischen, bläschenförmigen Ausschlag. In den allermeisten Fällen erkrankt eine Person nur einmal an Windpocken. Zu einer Übertragung kommt es durch eine Tröpfcheninfektion oder durch einen Luftstrom über kleine Entfernungen.

90 Prozent der deutschen Bevölkerung haben eine Windpocken-Infektion durchgemacht

Windpocken zählen zu den häufigsten Infektionskrankheiten in Deutschland: knapp 90 Prozent aller Bürger haben die Erkrankung in ihrer Kindheit durchgemacht. Die Frage, warum man sich gegen Windpocken impfen lassen sollte, obwohl der Verlauf i.d.R. gut ist und, da man doch lediglich einmal an ihnen Erkrankt und anschließend ein Leben lang immun ist, kann einfach beantwortet werden: in fünf Prozent der Windpocken-Fälle kommt es zu Komplikationen. Diese sind schwerwiegend und können beispielsweise in einer Lungen- oder einer Gehirnentzündung enden. Zudem kann eine Infektion mit Windpocken für ungeimpfte Schwangere und deren Kinder tödlich sein. Außerdem wird durch den Impfstoff zu einem milderen Verlauf der Infektionskrankheit beigetragen.

Unspezifische und spezifische Symptome

Die ersten Beschwerden bei Windpocken sind unspezifisch: es kommt zu Kopf- und Gliederschmerzen als auch zu einem leichten Fieber. Nach diesen unspezifischen Symptomen tritt ein rötlicher Hautausschlag auf. Dieser ist von linsengroßen Flecken geprägt. Er tritt nahezu am gesamten Körper auf. Zunächst sind die Kopfhaut und das Gesicht betroffen. Von hier weitet sich der Ausschlag auf die Beine und Arme sowie auf die Schleimhäute der Geschlechtsorgane und des Mundes aus. Die Fußsohlen und die Handinnenflächen bleiben meist frei vom Ausschlag.

Die Flecken bilden sich zu Knötchen aus

Innerhalb von wenigen Stunden bilden sich die rötlichen Flecken zu Knötchen aus. Deren Zentrum ist von reiskorngroßen Bläschen samt einer dellenartigen Oberfläche geprägt. Die Bläschen beinhalten eine klare Flüssigkeit. Die Knötchen jucken i.d.R. sehr stark.

Im weiteren Verlauf trocken die Bläschen ein. Sie verkrusten und nehmen eine gelbliche Färbung an. Dies sind Zeichen dafür, dass die Bläschen abheilen. Ebenso wie die Hauterscheinungen nicht gleichzeitig auftreten, heilen sie auch nicht gleichzeitig wieder ab – über mehrere Tage bildet sich ein sehr vielseitiges Bild von Flecken, Bläschen, Knötchen und Verkrustungen. Das Hautbild im Rahmen der Windpocken wird häufig als „ein Himmel mit kleinen und großen Sternen, die aufgehen und verglühen“ beschrieben – in der Medizin werden die Windpocken auch als Sternenhimmelphänomen bezeichnet. Nach etwa vier Tagen fallen die entstandenen Krusten ab und verheilen – sofern nicht an ihnen gekratzt wurde, narbenlos.

Mögliche Komplikationen bei Windpocken

Wie bereits erwähnt, kann es bei Windpocken zu schweren Komplikationen wie einer Lungenentzündung oder einer Gehirnentzündung kommen. Außerdem besteht die Gefahr einer Leberentzündung und die Hirnhäute können sich entzünden. In sehr seltenen Fällen bewirken Windpocken Nierenentzündungen, Gelenkentzündungen und Herzmuskelentzündungen. Außerdem kann eine erhöhte Blutungsneigung entstehen. Mit dieser geht eine Gefahr für innere Blutungen einher. Kommt es zu derartigen Komplikationen, ist die Rede von einer Superinfektion. Diese kann durch Kratzen ausgelöst werden. So können Bakterien und andere Krankheitserreger die Bläschen als Eintrittspforte nutzen und sich über den Blutstrom im gesamten Körper ausbreiten. Vor allem Neugeborene, schwangere Frauen und Patienten mit einem geschwächten Immunsystem (ältere Menschen, Drogenabhängige, …) sind gefährdet.

Windpocken in der Schwangerschaft

Bei Schwangeren können Windpocken zu Missbildungen des Kindes führen. Die Gefahr für ein solches fetales Windpockensyndrom ist am größten, wenn sich die Schwangere in den ersten beiden Schwangerschaftsdritteln mit den Windpocken ansteckt. Dann gehen die Viren über die Plazenta (Mutterkuchen) auf den Fötus über. Mögliche Folgen eines fetalen Windpockensyndroms (auch: fetales Varizellensyndrom) sind narbige und geschwürartige Hautveränderungen, Fehlbildungen und Schäden im Zentralen Nervensystem sowie Lähmungen und Krampfanfälle. Ebenso kann das Hirngewebe schwinden. Außerdem können Augenschäden wie Hornhauttrübungen und abnorm kleine Augen entstehen. Das Skelett kann Missbildungen aufweisen.

Die neonatale Windpocken-Infektion

Zu einer sogenannten neonatalen bzw. konnatalen Windpocken-Infektion kommt es, wenn sich das ungeborene Kind kurz vor der Entbindung bei der Mutter ansteckt. Dann kommt es in den ersten 12 Lebenstagen zum Ausbruch der Windpocken. Es besteht eine große Gefahr für das Kind! Wird nicht rechtzeitig gehandelt, stirbt das Kind mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 25 Prozent.

Die Reaktivierung der Viren führt zu einer Gürtelrose

Die meisten Menschen erkranken nur einmal an Windpocken. Zu einem erneuten Auftreten kommt es nur, wenn die vorherige Infektion sehr milde verlaufen ist oder, wenn das körpereigene Abwehrsystem nach der ersten Infektion zu wenige Antikörper gebildet hat. Wie alle Herpesviren verbleiben die Windpocken-Erreger im Körper. Man könnte sagen, sie ruhen stumm in den Nervenknoten. Unter bestimmten Umständen wie bei einer Abwehrschwäche oder bei übermäßigem Stress, können diese Erreger reaktiviert werden. Es kommt nicht zu einer erneuten Erkrankung an Windpocken, sondern zu einer Gürtelrose.

Das Varizella-Virus als Auslöser

Windpocken werden durch das Varizella-Virus hervorgerufen. Diese Herpesviren gelten als hochansteckend und kommen nur beim Menschen vor. Die Viren treten im Winter und im Frühling vermehrt auf: immer wieder kommt es zu Schmier- und Tröpfcheninfektionen.

Die Inkubationszeit, also die Zeit zwischen der Ansteckung und dem Auftreten der ersten Symptome, beträgt etwa zwei Wochen. Sie kann zwischen acht und 28 Tagen schwanken. Bereits zwei Tage, bevor eine Person über den typischen Hautausschlag klagt, kann diese die Viren auf einen anderen Menschen übertragen. Die Gefahr der Ansteckung ist vorbei, sobald alle Bläschen verkrustet sind.

Das Hautbild dient der Diagnosestellung

Die Diagnose lässt sich bereits anhand des klinischen Bildes stellen: charakteristisch für Windpocken sind flüssigkeitsgefüllte Bläschen, welche in verschiedenen Stadien vorhanden sind (sog. Sternenhimmel).

Um die Diagnose sichern zu können, werden Antikörper gegen das Varizella-Virus nachgewiesen. Bei einer Gürtelrose steigt die Konzentration an IgG-Antikörpern an. Diese deuten auf eine Reaktivierung des Virus hin.

Andere Infektionskrankheiten mit ähnlichen Symptomen

Auch bei anderen Infektionskrankheiten wie Röteln, Scharlach oder Masern kommt es zu Hautausschlägen in Form von Rötungen. Was die Windpocken von diesen Erkrankungen unterscheidet, sind die sich bildenden Bläschen.

Die symptomatische Therapie von Windpocken

Die Therapie bei Windpocken besteht i.d.R. aus Maßnahmen, die die Beschwerden lindern sollen. Es kommen Cremes, die den Juckreiz unterdrücken, und Mittel, die Infektionen mit Bakterien vermeiden sollen, zum Einsatz. Zum Austrocknen der Bläschen eignet sich beispielsweise eine seit langem bewährte Schüttelmixtur aus Zink.

Personen mit einem Risikofaktor für einen schweren Verlauf (z.B. ein geschwächtes Immunsystem) sollten in Absprache mit dem behandelnden Arzt ein virenhemmendes Medikament einnehmen. So werden vorhandene Varizella-Viren zwar nicht abgetötet, deren Ausbreitung aber immerhin vermieden.

Diese Maßnahmen mildern die Beschwerden und beugen möglichen Komplikationen vor:

  • Den Juckreiz stillende Mittel (Medikamente und Lotionen)
  • Eine sorgfältige Hautpflege
  • Bettruhe
  • Luftige Kleidung, um den Juckreiz nicht zusätzlich zu verstärken

Das muss bei der Behandlung beachtet werden

Zudem müssen die Betroffenen aufpassen, dass sie die Bläschen nicht aufkratzen. Andernfalls kann es zu einer zusätzlichen bakteriellen Infektion kommen. Diese wird als Sekundärinfektion bezeichnet. Um ein Aufkratzen der Bläschen bei Kindern zu vermeiden, sollten diesen die Fingernägel geschnitten werden.

Zudem muss beachtet werden, dass das Fieber bei Kleinkindern nicht mit Medikamenten gesenkt werden darf, welche den Wirkstoff Acetylsalicylsäure enthalten. Diese können das sogenannte Reye-Syndrom bewirken. Mit diesem gehen Krampfanfälle, Erbrechen und eine Verwirrtheit einher. Das Syndrom kann zum Koma führen. Zur Fiebersenkung bei kleinen Kindern sind Mittel wie Paracetamol geeignet.

Den Kontakt zu infizierten Personen meiden!

Sofern eine Person noch keine Windpocken-Infektion durchgemacht hat, gilt für Kinder ab einem Alter von 11 Monaten sowie für Jugendliche, für Frauen mit einem Kinderwunsch und für Menschen mit bestimmten Erkrankungen (z.B. eine starke Neurodermitis) eine Impfempfehlung. Die Kosten dieser Impfung werden von der gesetzlichen Krankenkasse getragen. Sie setzt sich aus zwei Impfspritzen in einem Abstand von etwa fünf Wochen zusammen.

Wer noch nicht an Windpocken erkrankt war und nicht geimpft ist, kann die Impfung innerhalb von fünf Tagen nach dem Kontakt mit einer infizierten Person nachholen, um nicht zu erkranken. Sollte sich der Ausbruch so nicht mehr verhindern lassen, kann auf diese Weise zumindest zu einem milderen Verlauf der Windpocken beigetragen werden. Eine schwangere Frau kann sich nicht impfen lassen. Hier besteht die Möglichkeit, sich Antikörper verabreichen zu lassen. Diese bekämpfen die Viren. Sollte die Mutter kurz vor oder kurz nach der Geburt Windpocken bekommen, kann auch beim Kind eine solche passive Immunisierung vorgenommen werden.

Es gilt zu berücksichtigen, dass eine Impfung nie einen 100-Prozentigen Schutz bieten kann. Deshalb sollten auch geimpfte Personen den Kontakt zu Infizierten meiden.

Windpocken gelten seit dem Jahr 2013 als meldepflichtige Erkrankung. So lange eine Ansteckungsgefahr besteht, müssen infizierte Personen in den eigenen vier Wänden bleiben, um andere Personen vor einer Ansteckung zu schützen.

Aktualisiert am 20. Februar 2021