Schilddrüsenunterfunktion

Die Schilddrüsenunterfunktion wird auch als Hypothyreose bezeichnet. Bei dieser Erkrankung bildet die Schilddrüse zu wenige bzw. gar keine Hormone mehr. Die Schilddrüse ist eine hormonproduzierende Drüse im vorderen Bereich des Halses, unterhalb des Kehlkopfes. Die Schilddrüsenhormone (Trijodthyronin und Thyroxin) sind an nahezu allen Stoffwechselvorgängen im menschlichen Körper beteiligt. Eine leichte Unterfunktion der Drüse löst häufig keine bzw. kaum Symptome aus. Bei einem starken Hormonmangel kann die Stoffwechselfunktion jedoch sehr stark eingeschränkt sein, sodass die Schilddrüsenunterfunktion zu deutlichen Beschwerden führt.

Die Beschwerden können vor allem bei Kindern sehr ausgeprägt sein und zwar, weil die Hormone des Organs u.a. für die körperliche Entwicklung sowie für die Entwicklung des Gehirns zuständig sind. Wird eine Unterfunktion der Schilddrüse zu spät erkannt, kann es zu einer geistigen und körperlichen Unterentwicklung kommen.

Die Produktion der Schilddrüsenhormone wird durch das Gehirn gesteuert

Die Produktion der Schilddrüsenhormone wird von der Hypophyse und dem Hypothalamus gesteuert. Bei diesen handelt es sich sozusagen um zwei übergeordnete Zentren im Gehirn. Der Hypothalamus schüttet das Thyreotropin-Releasing Hormon (kurz: TRH) aus. Dieses regt die Hypophyse, auch Hirnanhangdrüse genannt, zur Freisetzung des Thyreoidea stimulierenden Hormons (kurz: TSH) an. Dieses wirkt sich wiederum stimulierend auf die Produktion von Schilddrüsenhormonen aus. Für die Produktion ihrer Hormone benötigt die Schilddrüse Jod.

Die Häufigkeit einer Schilddrüsenunterfunktion

Statistiken legen nahe, dass etwa ein Prozent der Menschen unter einer Schilddrüsenunterfunktion leiden. Es wird angenommen, dass etwa eines von 3.500 Neugeborenen eine Hypothyreose aufweist. In diesem Fall spricht man von einer primären angeborenen Schilddrüsenunterfunktion.

Neben der manifesten Schilddrüsenunterfunktion besteht auch die Möglichkeit einer sogenannten latenten Hypothyreose, auch subklinische Hypothyreose genannt. Solch eine latente Schilddrüsenunterfunktion kann sich zu einer manifesten Hypothyreose ausweiten.

Die Symptome der Hypothyreose

Allgemeine Symptome

Typische Symptome im Rahmen einer Unterfunktion der Schilddrüse sind Müdigkeit, Konzentrations- und Leistungsschwäche. Ebenso kann es zu Bewusstseinsstörungen, zu einem getrübten Orientierungssinn und zu Gedächtnisverlusten kommen. Es können eine gesteigerte Kälteempfindlichkeit sowie Muskelverkrampfungen entstehen und Reflexe können sich verlangsamen. Darüber hinaus kann eine Schilddrüsenunterfunktion zu veränderten Blutwerten führen: Häufig sinken die Menge der roten Blutkörperchen und die Menge an Hämoglobin. Außerdem kann der Cholesterinspiegel erhöht sein – eine frühzeitige Arteriosklerose (Arterienverkalkung) kann entstehen.

Äußerlich kann sich die Schilddrüsenunterfunktion durch ein geschwollenes Gesicht mit einer vergrößerten Zunge und dicken Lippen bemerkbar machen. Die Augenhöhlen können anschwellen, sodass die Augen eine Schlitz-Form annehmen. Des Weiteren kann sich die Haut gelblich verfärben und sie kann rau, trocken und kühl sein. Im Rahmen der Hypothyreose kann es zu einem Haarausfall kommen. Häufig wirken die Haare glanzlos und struppig. Ebenso können ein Kropf, Struma genannt, und eine heisere Stimme entstehen.

Weitere Symptome

Weitere mögliche Beschwerden, die durch eine Unterfunktion der Schilddrüse bedingt sein können, sind:

  • Verstopfungen
  • eine Gewichtszunahme
  • depressive Verstimmungen
  • Durchblutungsstörungen der Extremitäten mit einhergehenden Missempfindungen wie dem „Ameisenlaufen“
  • eine Einschränkung der Fruchtbarkeit und der Potenz bis hin zur Impotenz
  • eine Einschränkung der sexuellen Lust
  • niedriger Blutdruck
  • eine Bradykardie (Verlangsamung des Herzschlags)
  • eine Vergrößerung des Herzens
  • bei Frauen: Zyklusstörungen

Im Falle einer Hashimoto-Thyreoiditis, also bei einer durch eine chronische Entzündung der Schilddrüse erworbene Hypothyreose, kann es außerdem zu Autoimmunerkrankungen wie einem Schwund der Magenschleimhaut kommen. Im Falle eines chronischen Verlusts der Magenschleimhaut spricht man von einer chronisch-atrophischen Gastritis.

Diese Beschwerden treten bei Babys mit einer Schilddrüsenunterfunktion auf

Neugeborene mit einer Schilddrüsenunterfunktion weisen unmittelbar nach der Geburt abgeschwächte Muskelreflexe und eine Bewegungsarmut auf. Außerdem sind die Babys von einer allgemeinen Trinkunlust gezeichnet. Es kann zu Darmverstopfungen und zu einer sogenannten verlängerten Neugeborenen-Gelbsucht kommen. Wird der durch die Hypothyreose bedingte Hormonmangel nicht rechtzeitig behandelt, können die Sprachentwicklung und die allgemeine geistige Entwicklung des Kindes gestört sein. Ebenso kann der Hormonmangel zu Wachstumsstörungen führen. Ist die Entwicklung des Babys aufgrund einer Unterfunktion der Schilddrüse bzw. durch einen Hormonmangel beeinträchtigt, spricht man von Kretinismus.

Symptome bei älteren Menschen mit Schilddrüsenunterfunktion

Nicht selten klagen ältere Menschen bei einer Schilddrüsenunterfunktion ausschließlich über depressive Verstimmungen, Leitungsschwäche oder eine hohe Kälteempfindlichkeit. Diese Beschwerden werden häufig als Alterserscheinungen interpretiert, sodass die eigentliche Ursache unerkannt bleibt.

Die Symptome einer latenten Hypothyreose

Bei der latenten Schilddrüsenunterfunktion kommt es nicht oder kaum zu den genannten Beschwerden. Der Grund ist, dass es bei dieser Form nicht zu einer verringerten Hormonkonzentration kommt. Diese tritt erst auf, wenn sich die latente zu einer manifesten Schilddrüsenunterfunktion entwickelt hat. Im Rahmen der latenten Hypothyreose ist lediglich der TSH-Wert erhöht. Geht der manifesten Schilddrüsenunterfunktion eine latente Unterfunktion voraus, treten die Symptome also erst nach und nach auf. Das führt dazu, dass die Diagnose der Erkrankung in einigen Fällen deutlich erschwert ist.

Mögliche Ursachen für verschiedene Formen der Schilddrüsenunterfunktion

Je nach Ursache wird die Schilddrüsenunterfunktion in eine primäre, eine sekundäre und eine tertiäre Form unterteilt.

Die Auslöser einer primären Schilddrüsenunterfunktion

Die mit Abstand häufigste Form ist die primäre Hypothyreose. Bei dieser Form liegt die Ursache für die Unterfunktion in der Schilddrüse selbst. Die primäre Unterfunktion der Schilddrüse wird danach unterschieden, ob sie angeboren oder erworben ist.

Angeborene Hypothyreose: Manche Kinder weisen von Geburt an eine fehlerhafte Schilddrüse auf. Auch kann es sein, dass ein Kind ohne Schilddrüse auf die Welt kommt. Im ersten Fall spricht man von einer Schilddrüsendysplasie. Kommt ein Kind ohne das Organ auf die Welt, wird das als Athyreose bezeichnet. Erhält eine schwangere Frau zu viele Thyreostatika gegen eine Überfunktion ihrer Schilddrüse, können sich diese Mittel auf das Ungeborene auswirken und eine Schilddrüsenunterfunktion beim Kind bewirken.

Erworbene Schilddrüsenunterfunktion: Eine Schilddrüsenunterfunktion wird meist im Rahmen einer chronischen Entzündung des Organs erworben. In solch einem Fall spricht man von einer Hashimoto-Thyreoiditis. Diese stellt eine Autoimmunerkrankung dar, bei der spezielle Antikörper das Gewebe der Schilddrüse zerstören. So können keine ausreichenden Mengen an Hormonen mehr produziert werden. Der Grund für die Antikörper-Bildung des Immunsystems ist bis heute unbekannt.

Eine erworbene Hypothyreose kann auch durch eine ärztliche Behandlung bedingt sein und zwar, wenn die Therapie einer Schilddrüsenüberfunktion zu hoch dosiert wurde: Sowohl die medikamentöse Behandlung als auch die Strahlentherapie können die Hormonproduktion in der Drüse nachhaltig stören. Ebenso kann eine Operation des Organs zu einer Schilddrüsenunterfunktion führen und zwar, wenn nicht genug gesundes Gewebe erhalten bleibt.

Ein weiterer Faktor, der eine erworbene Schilddrüsenunterfunktion begünstigen kann, ist ein Jod-Mangel. Dieses Spurenelement wird benötigt, um die Schilddrüsenhormone zu bilden. Wer zu wenig Jod aufnimmt, kann eine Hypothyreose begünstigen.

Mögliche Ursachen für eine sekundäre Hypothyreose

Die Ursache einer sekundären Schilddrüsenunterfunktion liegt in der Hirnanhangdrüse. Diese produziert zu wenig des die Schilddrüse zur Hormonproduktion anregenden TSH. Solch ein Fehler in der Hypophyse kann durch einen Tumor, durch dessen Bestrahlung oder durch ein Schädel-Hirn-Trauma bedingt sein. Bei der sekundären Schilddrüsenunterfunktion handelt es sich um eine eher seltene Form.

Ursachen einer tertiären Schilddrüsenunterfunktion

Noch seltener als die sekundäre ist die tertiäre Hypothyreose. Deren Ursache liegt im Hypothalamus. Dieser produziert zu wenig TRH, welches die Hypophyse zur Bildung von TSH anregt.

Die Diagnose

Im Rahmen der Diagnose führt der Arzt zunächst ein Anamnesegespräch mit dem Patienten. Da die typischen Symptome der Hypothyreose auch auf völlig andere Erkrankungen hinweisen und ebenso bei gesunden Menschen auftreten können, muss eine Unterfunktion der Schilddrüse überhaupt erst einmal in Betracht gezogen werden. Um den Verdacht zu bestätigen, wird der Arzt diverse Untersuchungen vornehmen. Zu diesen Untersuchungen zählt beispielsweise eine Blutuntersuchung. Im Rahmen dieser werden die TSH-Werte des Patienten überprüft: Während ein erhöhter TSH-Wert auf eine Unterfunktion des Drüsengewebes hinweist, stellen zu niedrige TSH-Werte einen Hinweis für eine Regulationsstörung im Hypothalamus oder in der Hirnanhangdrüse dar. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, das Blut auf bestimmte Antikörper hin zu untersuchen: Im Falle einer Hashimoto-Thyreoiditis liegen Antikörper gegen Thyroxinperoxidase und Thyreoglobulin vor.

Weitere Untersuchungen

Eine Sonographie (Ultraschalluntersuchung) kann Aufschluss über die Beschaffenheit und die Größe der Schilddrüse geben. Im Falle einer Entzündung ist das Organ sehr dunkel (echoarm) sowie von einem unregelmäßigen Muster geprägt (inhomogen). Um die Zellen des Organs zu untersuchen, können der Schilddrüse Gewebeproben entnommen werden.

Die Szintigraphie dient der Überprüfung der Schilddrüsen-Funktionen

Im Rahmen der Szintigraphie wird die Schilddrüse in Bezug auf ihre Funktionstüchtigkeit überprüft. Dem Patienten wird eine leicht radioaktive Substanz in die Vene gespritzt. Diese Substanz ist markiert. Liegt eine Unterfunktion des Organs vor, wird diese Substanz nur in geringen Mengen oder gar nicht von der Schilddrüse aufgenommen.

Um eine angeborene Unterfunktion der Schilddrüse zu erkennen, gibt es das sogenannte Neugeborenenscreening. Hierbei werden dem Baby einige Tropfen Blut (üblicherweise aus der Ferse) entnommen. Das Blut wird auf entsprechende Merkmale hin untersucht.

Die Therapie der Schilddrüsenunterfunktion

Eine Unterfunktion der Schilddrüse wird mit Medikamenten therapiert. Diese Medikamente substituieren die fehlenden Hormone Thyroxin und Trijodthyronin. Diese regen u.a. den Stoffwechsel der Zellen an und sind für das Wachstum verantwortlich. Ein im Rahmen der Schilddrüsenunterfunktion häufig eingesetzter Wirkstoff ist Levothyroxin. Dieser ist sozusagen die Vorstufe des Trijodthyronins.

Im Falle einer angeborenen Hypothyreose gilt es, die fehlenden Hormone umgehend zu ersetzen, da sonst die Entwicklung des Körpers und des Gehirns beeinträchtigt wird. Die Hormone müssen ein Leben lang eingenommen werden. Dank des Neugeborenenscreenings kann eine Schilddrüsenunterfunktion heutzutage frühzeitig erkannt und behandelt werden.

Besteht eine manifeste Hypothyreose, muss die ausreichende Konzentration an Schilddrüsenhormonen durch die regelmäßige Einnahme von Hormonen gewährleistet werden. Wer regelmäßig Medikamente gegen eine Unterfunktion der Schilddrüse einnimmt, muss sich regelmäßig einer Blutuntersuchung unterziehen. So wird der Hormonstatus überprüft und die Dosierung kann ggf. angepasst werden. Allgemein gilt, dass die Dosierung der Medikamente zunächst gering ist und nach und nach gesteigert wird.

Ein Myxödemkoma erfordert eine intensivmedizinische Behandlung

Bleibt die Behandlung aus, kann es im schlimmsten Fall zu einem Myxödemkoma kommen. Bei diesem handelt es sich um einen lebensbedrohlichen Zustand, welcher umgehend intensivmedizinisch behandelt werden muss. Die Behandlung dieser Komplikation umfasst:

  • Atemhilfe
  • eine Infusion von Glukose
  • die Zufuhr von Levothyroxin
  • die Verabreichung von Steroidhormonen (Glukokortikoide)
  • die Regulation des Wasser- und des Elektrolythaushalts
  • bei Bedarf eine Wiedererwärmung

Einer Unterfunktion der Schilddrüse kann man nicht unmittelbar vorbeugen

Es gibt keine bestimmten Maßnahmen zur Vorbeugung gegenüber einer Schilddrüsenunterfunktion. Damit Patienten mit einer Hypothyreose keinen Rückfall erleiden, müssen sie ein Leben lang Hormone einnehmen. Wird die Unterfunktion des Organs durch einen Jodmangel bedingt, sollte die Jodversorgung verbessert werden: Es empfiehlt sich, zweimal in der Woche Fisch zu essen und Speisen mit Jodsalz zu würzen. Um den täglichen Bedarf an Jod zu decken, können auch Präparate eingenommen werden. Die natürliche Aufnahme von Jod ist jedoch immer vorzuziehen! Der Bedarf einer Person an Jod ist sowohl vom Alter als auch von der Lebenssituation abhängig. Schwangere Frauen benötigen beispielsweise mehr Jod als andere Frauen.

Aktualisiert am 17. Februar 2021