Sarkoidose

Die entzündliche Erkrankung Sarkoidose ist auch unter dem Namen Morbus Boeck bekannt. Sie kann verschiedene Gewebe und Organe des menschlichen Körpers befallen. Das, am häufigsten betroffene, Organ ist die Lunge. Patienten mit einer Lungensarkoidose können einen vollkommen symptomlosen Verlauf aufweisen, es kann aber auch zu einer Atemnot sowie zu chronischem Reizhusten kommen.

Neben der Lunge sind häufig das Herz, die Knochen, die Lymphknoten und die Augen von einer Sarkoidose betroffen. Ebenso können das zentrale Nervensystem und die Haut entzündet sein. Die auftretenden Symptome hängen dabei vom jeweils betroffenen Organ ab. So kann es bei einem Befall des Herzens beispielsweise zu Herzrhythmusstörungen kommen.

Als „klassisches Merkmal“ der Sarkoidose gelten kleine, knötchenförmige Gewebeveränderungen. Diese werden bei mikroskopischen Untersuchungen von Proben sichtbar. Diese knötchenförmigen Gewebestrukturen werden in der Medizin als Granulome bezeichnet – Morbus Boeck gehört zu den sogenannten granulomatösen Erkrankungen.

Die Sarkoidose tritt meist im Alter zwischen 20 und 40 Jahren auf

Die Sarkoidose kann sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen auftreten. Das am meisten betroffene Alter ist der Abschnitt zwischen dem 20. und dem 40. Lebensjahr. Wenn ein Kind vor bzw. bis zum vierten Lebensjahr an Morbus Boeck erkrankt, wird von einer frühkindlichen Sarkoidose (auch: Blau-Syndrom) gesprochen. Bei dieser handelt es sich um eine seltene Form der Erkrankung. Ihr liegt meist ein spezieller genetischer Defekt zugrunde.

Statistiken zufolge sind in den westlichen europäischen Ländern rund 45 von 100.000 Menschen betroffen. In Deutschland leiden 32.000 bis 40.000 Menschen an Sarkoidose. Frauen sind häufiger betroffen als Männer.

Es wird zwischen einer akuten und einer chronischen Form der Erkrankung unterschieden. Außerdem wird die Krankheit in verschiedene Stadien eingeteilt. Die auftretenden Symptome sind maßgeblich von der Form sowie vom Stadium abhängig.

Die Symptome der verschiedenen Sarkoidose-Formen

Die akute Sarkoidose wird auch als Löfgren-Syndrom bezeichnet. Sie tritt plötzlich auf und macht etwa fünf Prozent aller bekannten Krankheitsfälle aus. Mit dieser Form gehen i.d.R. keine Folgeschäden einher. Sie kann aber in eine chronische Sarkoidose übergehen. Vor allem junge Frauen sind vom akuten Morbus Boeck betroffen. Im Verlauf der Krankheit kommt es zu einer Abgeschlagenheit und zu Fieber. Diese treten in Kombination mit den sogenannten Trias der akuten Sarkoidose auf. Bei diesen handelt es sich um die klassischen Beschwerden der Erkrankung. Die „Trias“ sind:

  • Arthritis (Gelenkentzündungen, die überwiegend das Sprunggelenk betreffen)
  • Eine Schwellung der Lungen-Lymphknoten
  • Hautveränderungen und Knotenrose (Erythema nodosum)

Ein sogenanntes Erythema nodosum tritt in Form von kleinen, rot-bläulich verfärbten Hautarealen auf. Diese Areale sind sehr empfindlich gegenüber Schmerzen. So kann bereits das Aufliegen von Kleidung sehr unangenehme Scherzen verursachen.  Ein Erythema nodosum kann alle Bereiche des Körpers betreffen, tritt aber vornehmlich an den Streckseiten der Unterschenkel auf.

Die Schwellung der Lymphknoten tritt im Bereich der großen Lungengefäße und der Hauptbronchien auf. Dieses Areal wird als Lungenhili bezeichnet. Dieses sehr typische Merkmal des Morbus Boeck führt i.d.R. zu keinen Beschwerden. Leiden die Patienten auch sonst unter keinen Symptomen, wird die Sarkoidose häufig völlig zufällig und im Rahmen einer anderen Röntgenuntersuchung des Brustkorbs entdeckt.

Bei der Sprunggelenkarthritis treten vor allem beim Gehen Schmerzen auf. Neben den Sprunggelenken können auch andere Gelenke von der Entzündung betroffen sein. Nicht selten sind mehrere Gelenke gleichzeitig betroffen. In diesem Fall spricht man von einer Polyarthritis.

Symptome bei chronischer Sarkoidose

Die chronische Sarkoidose stellt etwa 95 Prozent aller Krankheitsfälle dar. 50 Prozent der Patienten mit chronischem Morbus Boeck weisen keinerlei Beschwerden auf – auch diese Form der Erkrankung wird häufig zufällig entdeckt. Meist sind die Lymphknoten im Brustkorb sowie die Lunge betroffen. In Fällen, in denen die Lunge stark in Mitleidenschaft gezogen ist, können eine belastungsabhängige Atemnot sowie ein chronischer Reizhusten entstehen. Zu den weiteren typischen Merkmalen der chronischen Form zählen neben leichtem Fieber ein ungewollter Gewichtsverlust, eine Arthritis und Müdigkeit.

Da Morbus Boeck prinzipiell alle Körperregionen betreffen kann, sind weitere (organspezifische) Beschwerden möglich:

  • Augen: Im Rahmen der chronischen Sarkoidose entzünden sich häufig die Iris (Regenbogenhaut) und der Ziliarkörper. Dann ist von einer sogenannten Iridozyklitis die Rede. Die durch diese hervorgerufenen Schmerzen treten besonders bei hellem Licht auf.
  • Haut: Typische Hautveränderungen im Rahmen der chronischen Sarkoidose sind der Lupus pernio, die Narbensarkoidose sowie das Erythema nodosum. Bei der Narbensarkoidose treten an Narben bläulich-lilane Verfärbungen auf. Beim Lupus pernio betreffen diese Hautverfärbungen die Nase und die Wangen.
  • Nieren: Ist die Niere von Morbus Boeck betroffen, wird vermehrt Kalzium über den Urin ausgeschieden. Hierdurch verstärkt sich das Risiko für Harnsteine.
  • Herz: Ein leichter Befall des Herzens führt zu keinen Beschwerden. Ist das Herz jedoch stark von der Sarkoidose betroffen, können Herzrhythmusstörungen und eine Herzinsuffizienz entstehen. Es kann zu ernsthaften Komplikationen kommen.
  • Leber und Milz: Sind diese beiden Organe betroffen, leiden die Patienten i.d.R. unter keinen Beschwerden. Auch die Organfunktion wird so gut wie nicht eingeschränkt. Lediglich erhöhte Leberwerte im Blut weisen auf eine Sarkoidose der Leber und der Milz hin.
  • Zentrales Nervensystem: Wenn das zentrale Nervensystem von Morbus Boeck betroffen ist, wird von einer Neurosarkoidose gesprochen. Die Hirnhäute können sich entzünden und es kann eine periphere Fazialisparese entstehen. Hierbei handelt es sich um Lähmungen der Gesichtsnerven, wobei lediglich eine Seite der Gesichtsmuskulatur gelähmt ist. Darüber hinaus sind der Geschmackssinn und der Tränenfluss beeinträchtig.

Des Weiteren bestehen einige Sonderformen der chronischen Sarkoidose. Zu diesen zählen das Jüngling-Syndrom sowie das Heerfordt-Syndrom. Beim Jüngling-Syndrom handelt es sich um eine Sarkoidose der Knochen samt Befall der Finger. Das Heerfordt-Syndrom ist wiederum eine Kombination einer Fazialisparese, einer Iridozyklitis und einer Entzündung der Ohrspeicheldrüse.

Die Entstehung einer Sarkoidose: mehrere Faktoren spielen eine Rolle

Bis heute ist nicht ganz klar, wie Morbus Boeck entsteht. Es wird angenommen, dass es sich um ein multifaktorielles Geschehen handelt, d.h. diverse Faktoren spielen eine Rolle. Da sehr häufig die Lunge und die Atemwege betroffen sind, vermutet man, dass die Einatmung von schädlichen Substanzen eine wichtige Rolle bei Morbus Boeck spielt: Substanzen wie Viren, Bakterien und Chemikalien aktivieren das Immunsystem in der Lunge, wodurch die Entzündung entsteht. Darüber hinaus scheinen auch genetische Faktoren eine Rolle zu spielen: Bestimmte Genmutationen erhöhen das Risiko, einen Morbus Boeck zu bekommen.

So stellt der Arzt die Diagnose

Im Rahmen des Anamnesegesprächs erkundigt sich der Arzt zunächst nach den auftretenden Beschwerden sowie nach dem zeitlichen Verlauf. Anschließend wird er den Patienten körperlich untersuchen. Dabei stehen die betroffenen Regionen im Vordergrund: Die Hautveränderungen werden genauestens „unter die Lupe genommen“, die Lunge wird einer genauen Kontrolle unterzogen usw.

Es folgt eine Blutabnahme. So soll herausgefunden werden, ob bestimmte Parameter, welche auf Morbus Boeck hinweisen, erhöht sind. Werte, die bei einer bestehenden Sarkoidose erhöht sein können, sind der Kalziumspiegel sowie die Anzahl der weißen und roten Blutkörperchen. Darüber hinaus weisen erhöhte Nieren- und Leberwerte (Harnstoff, Kreatinin, …) auf eine Beteiligung dieser Organe hin. Aufschlussreich kann auch eine Untersuchung des Urins sein.

Untersuchungen der Lunge

Um eine mögliche Beteiligung der Lunge feststellen zu können, wird eine Röntgenaufnahme des Brustraums gemacht. Je nachdem, wie weit fortgeschritten die Veränderungen an dem Organ sind, werden diese in eines von fünf Stadien (Typ 0 bis Typ IV) eingeteilt. Das Spektrum reicht dabei von keinerlei Veränderungen bis zum narbigen Lungengewebe-Umbau. Darüber hinaus können auf den Röntgenbildern vergrößerte Lungen-Lymphknoten erkannt werden. Solche Röntgenuntersuchungen des Thorax werden auch im Verlauf der Erkrankung durchgeführt. So kann kontrolliert werden, ob Morbus Boeck weiter fortschreitet.

Auch eine Lungenspiegelung kann Aufschluss über den Zustand der Lunge geben. Hierzu wird Lungengewebe entnommen, welches zu einem späteren Zeitpunkt mikroskopisch untersucht wird. So können sogenannte Granulome ausfindig gemacht werden.

Ebenso können eine Computertomographie des Brustraums und eine Lungenspülung sinnvoll sein. Mithilfe von verschiedenen Lungenfunktionsprüfungen wird die Funktion der Lunge kontrolliert.

Weitere Untersuchungen

Ein sogenannter Tuberkulintest dient dazu, eine Tuberkulose als die Beschwerden auslösende Erkrankung auszuschließen. Ein Elektrokardiogramm sowie ein Langzeit- und ein Belastungs-EKG können wiederum Herzrhythmusstörungen aufdecken und um Veränderungen an den Augen auszuschließen, werden augenärztliche Untersuchungen durchgeführt. Neben all diesen Verfahren kann eine Magnetresonanztomographie der entsprechenden Organe der Diagnosestellung dienen.

Die Behandlung der Sarkoidose

Nicht immer bedarf Morbus Boeck einer Therapie: Vor allem die akute Sarkoidose heilt meist ohne eine Behandlung ab.

Gegen Sarkoidose-Schübe mit akut auftretenden Beschwerden sowie gegen das Löfgren-Syndrom kommen wiederum fiebersenkende, schmerzstillende und entzündungshemmende Medikamente zum Einsatz. Mögliche Mittel der Anwendung sind Ibuprofen und Acetylsalicylsäure.

Besteht ein Morbus Boeck mit Lungenbeteiligung oder sind Nerven, Augen, Herz, Haut bzw. die Leber betroffen, können Kortison-haltige Präparate helfen. Diese Präparate werden meist in Tablettenform verabreicht. Bei einer Beteiligung der Lunge kann nach einiger Zeit zu einem Inhalationsspray gewechselt werden. Bei Morbus Boeck der Haut oder der Augen kann zudem eine örtliche Behandlung sinnvoll sein. In solch einem Fall wird das Kortison unmittelbar auf die betroffene Stelle aufgetragen. Für die Anwendung auf den Augen gibt es beispielsweise Augentropfen.

Sollte die Kortison-Therapie nicht die gewünschten Erfolge erzielen und sollte die Sarkoidose besonders langwierig verlaufen, können Immunsuppressiva wie Methotrexat eingesetzt werden. Diese unterdrücken das körpereigene Abwehrsystem und bilden die Entzündung somit zurück bzw. die Mittel verhindern ein Fortschreiten der Entzündung. In einigen Fällen wird zudem der Wirkstoff Chloroquin eingesetzt. Dieser wird ursprünglich zur Bekämpfung von Malaria verwendet.

Die medikamentöse Therapie bei Morbus Boeck dauert i.d.R. vier Wochen. Nach dem Ablauf dieser Zeit wird die Dosierung allmählich heruntergefahren. Etwa nach einem halben Jahr können die Medikamente ganz abgesetzt werden (nicht ohne Rücksprache mit dem behandelnden Arzt!).

Die letzte Möglichkeit bei einem sehr weit fortgeschrittenen bindegewebigen Umbau der Lunge lautet Lungentransplantation.

Reha-Maßnahmen sollen die körperlichen und geistigen Fähigkeiten wiederherstellen

Neben der medikamentösen Therapie wird einigen Patienten eine Rehabilitation empfohlen. Das übergeordnete Ziel dieser Therapie ist es, die geistigen und körperlichen Fähigkeiten des Patienten möglichst vollständig wiederherzustellen. Spezielle Programme für Morbus Boeck-Patienten gibt es nicht, sodass sich die Reha-Maßnahmen nach dem betroffenen Organ richten. Für Patienten mit befallener Lunge eignen sich beispielsweise Aufenthalte am Meer oder in hohen Lagen.

Einer Sarkoidose kann man nicht vorbeugen

Da die genauen Ursachen für Morbus Boeck noch nicht geklärt sind, bestehen auch keine Maßnahmen, um der Erkrankung gezielt vorzubeugen. Im Falle einer bestehenden Sarkoidose sollten sich die Patienten strikt an die vom Arzt verordnete Therapie halten. So wird dem Voranschreiten der Erkrankung sowie möglichen Folgeschäden vorgebeugt.

Aktualisiert am 17. Februar 2021