Refluxkrankheit

Bei gesunden Menschen kommt es tagsüber ab und zu zum Magensaft-Rückfluss in die Speiseröhre. Bei der Refluxkrankheit (auch: gastroosophageale Refluxkrankheit) ist die Menge dieses Rückflusses allerdings so groß, dass es zu Schädigungen in der Speiseröhre kommt. Diese bzw. deren Schleimhaut ist, anders als der Magen, nicht vor der Magensäure geschützt.

Auf ihrem Weg vom Mund zum Magen durchquert die Speiseröhre das Zwerchfell durch eine kleine Öffnung. Hier findet sich meist die Ursache für die Erkrankung: Die unteren Schließmuskeln, welche für die Schließung der Speiseröhre nach dem Schlucken des Nahrungsbreis verantwortlich sind, sind in ihrer Funktion gestört. Aufgrund dieser Funktionsstörung kommt es beim Bücken oder beim Liegen dazu, dass der untere Speiseröhren-Schließmuskel namens Ösophagussphinkter nicht mehr vollständig abdichtend wirkt – die Säure des Magensaftes kommt mit der Schleimhaut der Speiseröhre in Kontakt. Besteht dieser Zustand über einen längeren Zeitraum bzw. passiert dies öfter, trägt die Speiseröhrenschleimhaut erhebliche Schäden davon. Die Folge kann eine Refluxösophagitis sein – eine schmerzhafte Entzündung, mit der Veränderungen der Schleimhaut einhergehen.

Wer ist von der Refluxkrankheit betroffen?

In den westlichen Industrieländern sind etwa 15 Prozent der Bevölkerung von der Refluxkrankheit betroffen. Frauen erkranken häufiger als Männer. Die Wahrscheinlichkeit für eine Refluxkrankheit steigt mit dem höheren Alter an, doch auch Kinder und Babys können betroffen sein.

Es wird zwischen verschiedenen Formen der Krankheit unterschieden

Die Unterscheidung zwischen NERD und ERD

Im Falle, dass mit der Refluxkrankheit keine Veränderungen an der Schleimhaut einhergehen, wird von einer sogenannten nicht-erosiven gastroösophagealen Refluxkrankheit (kurz: NERD) gesprochen. In etwa 60 Prozent der Fälle einer Refluxkrankheit handelt es sich um diese Form. Bestehen Schleimhautveränderungen, handelt es sich hingegen um eine erosive Refluxkrankheit (ERD).

Die primäre und die sekundäre Refluxkrankheit

Eine weitere Möglichkeit der Unterscheidung besteht in der Differenzierung zwischen einer primären und einer sekundären Form. Gemein ist beiden Formen, dass ein Funktionsverlust des Ösophagussphinkters und/ oder eine Speiseröhren-Beweglichkeitseinschränkung entstehen bzw. entsteht. So wird der körpereigene Reinigungsmechanismus der Speiseröhre stark beeinträchtig. Diese beseitigt die Magensäure normalerweise durch ihre Peristaltik (Eigenbewegungen). Im Falle einer gestörten Funktion ist die Speiseröhre jedoch nicht dazu in der Lage, sodass die Kontaktdauer zwischen Säure und Speiseröhrenschleimhaut verlängert ist.

Primäre Refluxkrankheit

Bei der primären Refluxkrankheit handelt es sich mit Abstand um die häufigste Form der Erkrankung. Der Begriff „primär“ deutet darauf hin, dass für die Refluxkrankheit keine eindeutige Ursache gefunden werden konnte. Fest steht lediglich, dass der untere Speiseröhren-Schließmuskel außerhalb des regulären Schluckaktes erschlafft, sodass die Speiseröhre nicht ausreichend gegenüber dem Magen abgedichtet ist.

Sekundäre Refluxkrankheit

Bei der sekundären gastroösophagealen Refluxkrankheit sind die Ursachen für die Erkrankung bekannt. Diese Form entsteht als Folge von körperlichen Veränderungen. Eine mögliche Ursache für die sekundäre Refluxkrankheit ist eine Erkrankung des Verdauungstrakts, welche eine anatomische Veränderung des Magens oder der Speiseröhre begünstigt.

Sodbrennen als Leitsymptom

Das typische Symptom der Refluxkrankheit ist Sodbrennen, welches vor allem nach größeren Mahlzeiten auftritt. Sodbrennen ist ein brennender Schmerz im Brustbein-Bereich. Der Schmerz kann sich beim nach vorne Beugen sowie beim Liegen verstärken. Weitere Symptome sind:

  • Häufiges Aufstoßen
  • Ein Druckgefühl hinter dem Brustbein
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Eine Verengung der Speiseröhre
  • Ein Rückfluss des Speisebreis in den Mund
  • Blähungen
  • Ein seifiger oder salziger Geschmack
  • Schluckbeschwerden

Zudem besteht die Möglichkeit, dass andere Organe durch die Refluxkrankheit in Mitleidenschaft gezogen werden, sodass weitere Beschwerden auftreten können. Treten Krankheitssymptome außerhalb der Speiseröhre auf, wird in der Medizin von einer sogenannten extraösophagealen Manifestation gesprochen. Da es im Rahmen der Refluxkrankheit häufig dazu kommt, dass während des Schlafens Magensaft in die Luftröhre gelangt, sind vor allem die Atemwege gefährdet. Die extraösophageale Manifestation äußerst sich deshalb überwiegend durch die folgenden Symptome:

  • Asthma
  • Reizhusten
  • Heiserkeit
  • Kehlkopfentzündung
  • Chronische Bronchitis
  • Lungenentzündung

Ursachen für die Refluxkrankheit

Wie bereits erläutert, geht eine Refluxkrankheit meist mit einer Erschlaffung des unteren Schließmuskels der Speiseröhre einher. Außerdem kann eine eingeschränkte Beweglichkeit der Speiseröhre vorliegen, sodass diese ihre selbstreinigenden Funktionen nicht aufrechterhalten kann.

Auslöser der primären Refluxkrankheit

Wie es bei der primären Refluxkrankheit genau zum wiederholten Austritt des Mageninhaltes kommt, ist bis heute nicht vollständig geklärt. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass verschiedene Faktoren bestehen, die die Erschlaffung des Ösophagussphinkters sowie die vermehrte Magensäureproduktion verursachen und die Refluxkrankheit somit begünstigen.

Ernährung und Alkohol- sowie Nikotinkonsum

Bestimmte Nahrungsmittel regen den Magen dazu an, übermäßig viel Säure zu produzieren. Diese Nahrungsmittel reizen außerdem die Schleimhaut. Als reizend und Säureproduktion-anregend gelten u.a. sehr süße und fette Speisen als auch Kaffee und Alkohol. Alkohol hemmt darüber hinaus die Beweglichkeit des unteren Speiseröhren-Schließmuskels. Auch Nikotin und Stress regen die Magensäureproduktion an, sodass eine Refluxkrankheit begünstigt wird.

Zwerchfellbruch und ein vergrößerter His-Winkel

90 Prozent der Refluxkrankheit-Patienten weisen neben der Erkrankung auch einen Bruch des Zwerchfells auf. Beim Zwerchfell handelt es sich um einen großen Atemmuskel, dessen Aufgabe die Trennung von Brustkorb und Bauchraum ist. Der Muskel ist mit drei Öffnungen für die Speiseröhre, für die Hohlvene und für die Aorta ausgestattet. Diese Öffnungen stellen die natürlichen Schwachstellen des Zwerchfells dar. Bricht das Zwerchfell, kommt es zu einer Verschiebung des Magens durch die für die Speiseröhre vorhergesehene Öffnung in den Brustkorb. Hierdurch wird der untere Ösophagussphinkter gedehnt und eine Refluxkrankheit wird begünstigt. Ein Bruch des Zwerchfells (axiale Hiatushernie) kann zwar auf die Refluxkrankheit hinweisen, doch die Krankheit geht längst nicht immer mit dem Bruch einher.

Auch ein vergrößerter His-Winkel kann eine Refluxkrankheit begünstigen. Beim sogenannten His-Winkel handelt es sich um den Winkel zwischen der Speiseröhren-Einmündung in den Magen und dem obersten Magenanteil. Der Winkel beträgt normalerweise zwischen 50 und 60 Grad. Ist er größer als 60 Grad, hat der saure Magensaft leichteres Spiel, in die Speiseröhre zurückzufließen.

Ursachen für die sekundäre Refluxkrankheit

Im Rahmen der sekundären Refluxkrankheit ist die Schwäche der Speiseröhrenmuskulatur auf eine Veränderung des Körpers bzw. auf eine andere Krankheit zurückzuführen. Ursächlich sind meist anatomische Veränderungen in den umliegenden Strukturen oder eine Druckerhöhung im Bauchraum.

Diverse organische Erkrankungen als Auslöser

Es bestehen diverse Krankheiten, die zu einer Pylorusstenose, also zu einer Verengung des Magenausgangs führen können. Durch diese Verengung kann der Mageninhalt nicht in den Dünndarm weitertransportiert werden. Stattdessen staut er sich zurück. Hierdurch erhöht sich der innere Druck und der Mageninhalt kann schneller bzw. leichter in die Speiseröhre fließen, sodass die Reflux-Beschwerden entstehen.

Eine Schwangerschaft als risikoerhöhender Faktor

In 50 Prozent aller Schwangerschaften kommt es durch die natürliche Druckerhöhung im Bauchraum dazu, dass der Mageninhalt leichter in die Speiseröhre zurückfließen kann. Dabei gilt: je weiter die Schwangerschaft und der Umfang des Bauches, desto eher kann eine Refluxkrankheit entstehen. Nach der Entbindung bildet sich die Refluxkrankheit i.d.R. von alleine zurück.

Die Diagnose

Besteht der Verdacht auf eine Refluxkrankheit, sollte man seinen Hausarzt oder einen Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie aufsuchen. Dieser wird den Patienten zunächst nach seinen Beschwerden sowie nach eventuellen Vorerkrankungen fragen (Anamnesegespräch). Um sich ein genaues Bild des gesundheitlichen Zustands machen zu können, stellt der Arzt dem Patienten spezifische Fragen, deren Beantwortung bereits einen deutlichen Hinweis auf eine mögliche Refluxkrankheit geben können. Zu diesen Fragen gehören u.a.:

  • Ob ein Sodbrennen besteht
  • Ob der Patient vermehrt aufstoßen muss
  • Ob er an Mundgeruch leidet
  • Ob ein Druckgefühl im Hals besteht
  • Ob sich die Beschwerden beim Liegen oder beim Bücken verstärken

Nach dem Anamnesegespräch führt der Arzt eine körperliche Untersuchung durch. Diese dient vor allem dem Ausschluss anderer Erkrankungen. Der Arzt hört z.B. das Herz mit einem Stethoskop ab. So wird untersucht, ob das Druckgefühl im Brustkorb anstatt durch eine Refluxkrankheit durch eine Herzerkrankung bedingt ist.

Weitere Maßnahmen zur Untersuchung

Nachdem der Mediziner andere Erkrankungen ausgeschlossen hat, wird er weitere Untersuchungen vornehmen, um die Refluxkrankheit zu diagnostizieren. Eine dieser Untersuchungen ist die Magenspiegelung. Im Rahmen dieser führt der Arzt einen Schlauch samt Kamera (Endoskop) in den oberen Verdauungstrakt ein. Damit der Mediziner „freie Sicht“ hat, darf der Patient sechs Stunden im Voraus der Untersuchung nichts trinken und nichts essen. Die Magenspiegelung dient dazu, zu überprüfen, ob die Refluxkrankheit bereits die Schleimhaut angegriffen hat. Außerdem kann mit der Untersuchung die Ursache für die Krankheit gefunden werden und der Arzt entnimmt Gewebeproben von auffälligen Schleimhautbereichen. Diese Proben werden anschließend im Labor untersucht und beurteilt.

Die Langzeit-pH-Metrie als zuverlässigstes Diagnosemittel

Die verlässlichste Methode zur Diagnosesicherung ist die Langzeit-pH-Wert-Messung über einen Zeitraum von 24 Stunden. Diese Untersuchung ist besonders wichtig, wenn die Magenspiegelung keine Ergebnisse liefern konnte. Im Rahmen der sogenannten Langzeit-pH-Metrie führt der Mediziner eine Sonde durch die Nase des Patienten und zwar bis in die Speiseröhre und in manchen Fällen bis in den Magen. Diese Sonde ermittelt den Langzeit-pH-Wert. Sollte der Patient bei der Einführung der Sonde über einen starken Würgereiz klagen, kann eine Betäubung des Rachens vorgenommen werden. Zu beachten gilt, dass säurehemmende Medikamente, die üblicherweise eingenommen werden, 72 Stunden vor der Langzeit-pH-Metrie abgesetzt werden müssen. Ansonsten wären die Ergebnisse verfälscht. Eine Röntgenaufnahme kann die korrekte Lage der Sonde sichern. Im Rahmen der Langzeit-Untersuchung muss der Patient ein Tagebuch führen, in dem er seine Mahlzeiten und seine Aktivitäten innerhalb der 24 Stunden notiert. Die Ergebnisse der pH-Wert-Messung werden in Relation zu den Aufzeichnungen gesetzt. Die Refluxkrankheit gilt als bestätigt, wenn der pH-Wert in der Speiseröhre in über acht Prozent der 24 Stunden vier beträgt oder niedriger ist.

In leichten Fällen kann auf eine Therapie verzichtet werden

Die eingesetzten Therapiemaßnahmen hängen maßgeblich vom Stadium der Krankheit ab. Besteht ein leichter Reflux, ist eine Behandlung i.d.R. nicht notwendig bzw. einige allgemeine Maßnahmen reichen aus, um die Beschwerden zu lindern und die Krankheit in den Griff zu bekommen. Zu diesen Maßnahmen zählt vor allem die richtige Ernährung, d.h. es muss auf scharfe Gewürze, Alkohol, Kaffee und andere den Magen reizende Substanzen verzichtet werden oder diese müssen zumindest in geringen Maßen konsumiert werden. Darüber hinaus sollte die letzte Mahlzeit des Tages möglichst ein paar Stunden vor dem zu Bett gehen eingenommen werden. So wird eine Überforderung des Magens vermieden und dieser kann die Nahrung noch verarbeiten, ehe man sich in die Liegeposition begibt. Damit die Magensäure nicht so leicht in die Speiseröhre gelangen kann, sollte der Kopf beim Liegen zudem etwas hochgelagert werden.

Die medikamentöse Behandlung

Bei Patienten mit einer Refluxkrankheit, die zu häufigen Beschwerden oder zu einer Entzündung der Speiseröhre geführt hat, sollte eine medikamentöse Therapie erfolgen. Hierbei kommen vor allem sogenannte Protonen-Pumpen-Hemmer zum Einsatz. Diese hemmen die Bildung von Magensäure. Die Medikamente werden, je nach dem individuellen Bedarf des Patienten, über einen Zeitraum von mehreren Tagen oder sogar Wochen eingenommen. So können die Symptome der Refluxkrankheit schnell gelindert werden.

Die Dosis der Protonen-Pumpen-Hemmer ist anfangs hoch. So wird eine schnelle Heilung der angegriffenen Schleimhaut gefördert. Nach einer bestimmten Zeit wird die Dosis verringert.

Die Alternative lautet „Operation“

Die Therapie mit Protonen-Pumpen-Hemmern verläuft i.d.R. sehr erfolgsversprechend – sie stellt die erste Wahl für die Behandlung einer Refluxkrankheit dar. Allerdings sprechen einige Patienten nicht wie gewünscht auf die Medikamente an oder sie weisen gar eine Unverträglichkeit auf. In diesen Fällen kann eine Operation sinnvoll sein. Diese wird auch in Betracht gezogen, wenn die Krankheit bereits weit fortgeschritten ist und wenn sich Narben, Geschwüre oder ein sogenanntes Barrett-Ösophagus ausgebildet hat. Beim Letzteren handelt es sich um eine Komplikation, im Rahmen derer das Epithel (Sammelbezeichnung für Drüsen- und Deckgewebe) der Speiseröhre metaplastisch umgewandelt wird.

Bei der Operation wird eine Manschette um die Speiseröhre gebunden (im Bereich des Schließmuskels). So wird der Druck des Muskels erhöht, was wiederum den Muskelwiderstand verstärkt – die Schließfunktion des unteren Ösophagussphinkters wird verbessert und die Beschwerden lassen nach.

Vorbeugung durch die Vermeidung von Risikofaktoren

Da die Refluxkrankheit oft ohne nachweisbare Gründe entsteht, kann man ihr kaum vorbeugen. Um Refluxbeschwerden zu verhindern, sollte man Risikofaktoren, die die Krankheit begünstigen können, vermeiden. Zu den Risikofaktoren gehören beispielsweise üppige Mahlzeiten vor der Nachtruhe, ein starker Nikotin- und Alkoholkonsum sowie viel Stress. Außerdem sollte ausreichend Flüssigkeit zu sich genommen werden und magenschädliche Medikamente sollten, sofern die Möglichkeit besteht, durch ein alternatives Mittel ersetzt werden. Darüber hinaus sollte man darauf achten, nicht zu viele scharfe Speisen zu sich zu nehmen und nicht zu viel Kaffee zu trinken. Diese reizen den Magen.

Wer bereits an einer Refluxkrankheit erkrankt war, kann einem Rückfall vorbeugen, indem die empfohlenen Allgemeinmaßnahmen und die Behandlung konsequent fortgesetzt bzw. eingehalten werden.

Aktualisiert am 17. Februar 2021