Raucherbein

Mit dem Begriff „Raucherbein“ bezeichnet man in der Umgangssprache die periphere arterielle Verschlusskrankheit, kurz: pAVK, in den Beinen. Der Grund für das Synonym „Raucherbein“ ist, dass das Rauchen als wichtigster Risikofaktor gilt. Im Rahmen der pAVK führt eine Arteriosklerose (Verkalkung der Arterien) zu Engstellen in den Blutgefäßen. Durch diese Engstellen wird der Blutfluss behindert, sodass ein Sauerstoffmangel im Gewebe entsteht.

Nach offiziellen Schätzungen leiden in Deutschland etwa 4,5 Millionen Menschen an einem Raucherbein. Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Das liegt schlichtweg daran, dass Männer mehr rauchen. Darüber hinaus steigt das Risiko für eine pAVK mit dem Alter an. Neben einem Raucherbein leiden die Betroffenen häufig an einer chronischen Erkrankung wie Bluthochdruck, erhöhten Blutfett- und Cholesterinwerten oder Diabetes mellitus.

Fünf Stadien des Raucherbeins

Zu den wichtigsten Symptomen des Raucherbeins zählen Schmerzen in der betroffenen Region. Je nach Schweregrad der Symptome, wird die pAVK in fünf Stadien unterteilt:

Stadium I – Eine Engstelle ist nachweisbar, der oder die Betroffene klagt aber über keine Beschwerden.

Stadium II a – Legt der oder die Betroffene eine Strecke von über 200 Metern zu Fuß zurück, treten Beschwerden auf.

Stadium II b – Bereits nach weniger als 200 Metern zu Fuß treten Schmerzen auf.

Stadium III – Das Bein schmerzt schon in Ruhe.

Stadium IV – Am Raucherbein bilden sich Entzündungen und Geschwüre. Diese deuten auf ein Absterben des unterversorgten Gewebes hin.

Die ab dem 2. Stadium auftretenden Belastungsschmerzen werden in der Medizin auch als Claudicatio intermittens bezeichnet. Ein weiterer Begriff ist „Schaufensterkrankheit“. Diesen Namen verdanken die Schmerzen der Tatsache, dass die Betroffenen beim Gehen immer wieder anhalten, was einem Schaufensterbummel gleicht. Durch das Anhalten werden die Schmerzen gelindert, sodass der Patient die nächsten Meter zurücklegen kann, ehe er erneut anhalten muss.

Im 3. Stadium sind kurze Gehstrecken und andere Alltagsbelastungen bereits nicht mehr oder nur unter starken Schmerzen möglich. Im 4. Stadium beginnt das Gewebe aufgrund des Sauerstoffmangels regelrecht zu faulen. Dabei besteht auch die Gefahr, dass sich das Gewebe infiziert (Gangrän und Nekrose).

Der Ort und der Grad der Engstelle bestimmen die Beschwerden

Die typischen Schmerzen treten unterhalb der Engstelle auf. Der Grund ist, dass hier die Minderversorgung mit Sauerstoff und Blut vorliegt. Betrifft die Gefäßverengung beispielsweise den rechten Oberschenkel, treten die Schmerzen im rechten Unterschenkel auf. Wiederum führt eine Verengung im Beckenbereich zu Schmerzen im Oberschenkel. Je nach dem Ort und dem Grad der Verengung, kann es auch zu einem Taubheitsgefühl in den Oberschenkeln oder am Gesäß kommen. In nahezu allen Fällen macht sich ein Raucherbein auch in Form von kalten Gliedmaßen unterhalb der Engstelle bemerkbar.

Auch das Ausmaß der Symptome hängt von der Lokalisation der Engstelle (auch: Stenose) ab: Je näher sich die Stenose am Körperstamm befindet, desto ausgeprägter sind die Beschwerden. Das liegt daran, dass sie gesamte nachfolgende Blutversorgung beeinträchtigt wird. Das bedeutet, dass sich eine Stenose in den Beckenarterien deutlicher bemerkbar macht als eine Stenose im Unterschenkel.

Oft bleiben die Symptome lange aus

Ein Raucherbein bleibt oft lange unentdeckt. Der Grund hierfür ist, dass sich eine Gefäßverengung meist erst in einem stark fortgeschrittenen Stadium in Form von Beschwerden bemerkbar macht: Der Körper bildet sogenannte Umgehungskreisläufe (auch: Kollateralkreisläufe) aus, wodurch der Engpass kompensiert werden kann, da die Versorgung des Gewebes dann teilweise über nicht krankhaft veränderte Blutgefäße erfolgt. Diese zusätzlichen Kreisläufe können jedoch nur einen bestimmten Anteil des Blutflusses übernehmen – spätestens bei einer 90-prozentigen Verengung des Gefäßinnendurchmessers treten die ersten Symptome auf.

Manche Krankheiten können die pAVK „tarnen“

Nicht selten suchen die Betroffenen den Arzt erst in einem sehr späten Stadium der pAVK auf. Das liegt daran, dass andere Erkrankungen das Raucherbein sozusagen tarnen können: Menschen mit der Zuckerkrankheit haben beispielsweise eine gestörte Schmerzwahrnehmung, sodass sie auch bei einem bereits fortgeschrittenen Raucherbein keine Symptome bemerken. Ähnliches gilt für Personen mit der Nervenschädigung „diabetische Polyneuropathie“.

Gefahr „akuter Arteriengefäß-Verschluss“

Besondere Gefahr besteht bei einem akuten Arteriengefäß-Verschluss. Hierzu kann es kommen, wenn ein Thrombus (Blutgerinnsel) in der Engstelle hängen bleibt. Es kommt zu starken Schmerzen im Bein, welche auch in Ruhe nicht nachlassen. Außerdem können die betroffenen Extremitäten kalt und von Schwäche geprägt sein. Der Puls kann an bestimmten Stellen nicht mehr tastbar sein. Auch kann die Haut blass werden und im schlimmsten Fall kommt es zu einer Lähmung der Extremitäten. Ein akuter arterieller Verschluss ist demnach ein Notfall, der umgehend behandelt werden muss.

Hauptursache Arteriosklerose

Als Hauptursache für die pAVK gilt die Arteriosklerose. Bei dieser verkalken und verengen die Blutgefäße langsam und fortschreitend. Es kommt zu Perfusionsstörungen, d.h. die Durchblutung ist zunehmend unzureichend. Die Arteriosklerose und somit auch die periphere arterielle Verschlusskrankheit werden vor allem durch Rauchen, Adipositas und eine falsche Ernährung sowie durch mangelnde Bewegung und Störungen des Fettstoffwechsels bedingt.

Darüber hinaus können bestimmte chronische Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder eine unbehandelte Hypertonie eine Arteriosklerose begünstigen und somit in einer pAVK enden. Wissenschaftler gehen heutzutage davon aus, dass bestimmte genetische Faktoren zur Entstehung der pAVK beitragen können.

All diese Risikofaktoren können bereits eigenständig ein Raucherbein begünstigen. In vielen Fällen treten jedoch mehr als nur einer dieser Faktoren auf, sodass sich das Erkrankungsrisiko potenziert.

Diagnose: Anamnesegespräch

Wenn der Verdacht auf ein Raucherbein besteht, sollte man zunächst den Hausarzt aufsuchen. Dieser führt ein Anamnesegespräch mit dem Patienten. In diesem Gespräch werden die auftretenden Symptome, das Bestehen von Risikofaktoren, die Krankengeschichte des Patienten und weitere Aspekte thematisiert. Der Arzt wird seine Fragen konkretisieren und sich danach erkundigen, ob beim Gehen von längeren Strecken, Schmerzen entstehen, die zurückgehen, sobald man eine Pause einlegt. Auch fragt er, ob der Patient raucht und, wenn ja, seit wann und wie viel. Weitere mögliche Fragen sind jene nach bestehendem Bluthochdruck, nach Diabetes, nach erhöhten Blutfett- und Cholesterin-Werten sowie nach chronischen Erkrankungen innerhalb der Familie.

Diagnose: körperliche Untersuchung

Im Rahmen der körperlichen Untersuchung kontrolliert der Mediziner zunächst die Haut an den Beinen. Weist diese eine Blässe oder eine bläuliche Verfärbung auf, liegt hierin der erste deutliche Hinweis auf ein Raucherbein. Auch Uhrglasnägel, also gewölbte Fußnägel, schlecht heilende Hautdefekte und abgestorbenes Gewebe können auf eine pAVK hinweisen.

In einem nächsten Schritt tastet der Hausarzt den Puls am Oberschenkel oder an der Leiste. Auch besteht die Möglichkeit, den Puls in der Kniekehle, auf dem Fußrücken oder am inneren Knöchelbereich zu tasten. Ist die pAVK bereits stark ausgeprägt, ist der Puls an den betroffenen Gliedmaßen nur noch kaum oder gar nicht mehr tastbar. Auch ein Temperaturvergleich der beiden Beine kann sinnvoll sein, da das kranke Bein merklich kühler ist als das gesunde. Des Weiteren kann die Muskulatur des Raucherbeins aufgrund des Sauerstoffmangels deutlich schlanker sein als die des gesunden Beins.

Diagnose: körperliche Untersuchung 2

Der Arzt hört den betroffenen Bereich mit einem Stethoskop ab: Besteht eine Stenose, kann er typische Strömungsgeräusche wahrnehmen. Diese Geräusche entstehen aufgrund von Turbulenzen an der Engstelle. Eine spezielle Ultraschalluntersuchung, die sogenannte Duplex-Sonografie, dient der Messung des Blutstroms innerhalb der Gefäße und liefert zusätzliche Hinweise auf eine mögliche Engstelle.

Sollte der Arzt ein Raucherbein vermuten, kann er den sogenannten Knöchel-Arm-Index berechnen. Im Rahmen der Untersuchung legt der Mediziner eine Blutdruckmanschette am Unterschenkel und am Oberarm des Patienten an. Der Index berechnet sich aus dem Quotienten der systolischen Blutdruckwerte des Unterschenkels und des Oberarms. Der Druck im Unterschenkel ist normalerweise etwas höher als im Oberarm. Der Quotient beträgt i.d.R. zwischen 0,9 und 1,2. In Fällen, in denen der Druck im Unterschenkel niedriger ist als im Oberarm, sinkt dieser Quotient. Je nach Quotient, wir die pAVK in drei Grade unterteilt:

  • 0,75 bis 0,9 = leichte pAVK
  • 0,5 bis 0,75 = mittelschwere pAVK
  • unter 0,5 = schwere pAVK

Diagnose: weitere Untersuchungen

Damit die Engstelle noch genauer lokalisiert werden kann, kommen bildgebende Verfahren wie die Kontrastmittelangiografie zum Einsatz. Diese ist vor allem bei einer geplanten Operation der Stenose unverzichtbar. Dem Patienten wird ein Kontrastmittel gespritzt. Gleichzeitig werden Röntgenbilder angefertigt. Anschließend werden die Bilder am PC ausgewertet. Dabei wird das Röntgenkontrastmittel ebenso sichtbar wie eventuelle Engstellen. Die Gefäße können auch durch eine Magnetresonanztomographie oder durch eine Computertomographie dargestellt werden.

Um das Stadium der pAVK (siehe oben) bestimmen zu können, muss sich der Patient einem Belastungstest auf dem Laufband unterziehen. Der Arzt misst bestimmte Werte und achtet genau darauf, ab welcher Gehstrecke welche Beschwerden auftreten.

Die Therapie bei einem Raucherbein

Sollte eine Person bereits über ein Raucherbein klagen, müssen umgehend alle Risikofaktoren, die das Fortschreiten der Erkrankung begünstigen, ausgeschaltet werden. Das gilt vor allem für das Rauchen – der mit Abstand größte Risikofaktor. Da das Abgewöhnen den meisten Menschen nicht leichtfällt, sollte man am besten mit dem behandelnden Arzt über dieses Thema sprechen. Dieser kann dabei helfen, die individuell geeignete Strategie für den Rauchausstieg zu bestimmen. Außerdem kann er den Patienten während der schwierigen Phase begleiten, indem man z.B. einmal in der Woche einen Termin ausmacht, um über den Rauchstopp zu reden. Außerdem kann der Arzt dem Betroffenen sogenannte Anti-Raucher-Pillen und/ oder Nikotinersatzmittel verschreiben. Diese helfen dabei, die Entzugserscheinungen zu überstehen bzw. erleichtern die Mittel die Entwöhnung.

Sport fördert die Durchblutung

Mit einer pAVK geht eine Verengung der Gefäße einher, was dazu führt, dass die Beine mit weniger Blut versorgt werden. Im Anfangsstadium eines Raucherbeins kann sportliche Betätigung dabei helfen, das betroffen Bein besser zu durchbluten. Auf diese Weise wird ein Fortschreiten der Erkrankung verlangsamt bzw. verhindert. Besonders geeignete Sportarten sind Nordic Walking, Walking, Joggen und Aquajogging.

Blutverdünnende Medikamente

Häufig kommen in den Anfangsstadien eines Raucherbeins auch Medikamente zum Einsatz. Diese sollen das Blut verdünnen und somit eine Verengung der Gefäße verhindern.

Die Therapie mit Katheter und Stent

Bei dieser Form der Behandlung wird ein Katheter, eine Art Schlauch aus Kunststoff, in das verengte Gefäß eingeführt. Am Katheter ist ein kleiner Ballon angebracht. Dieser wird aufgeblasen, sobald die betroffene Stelle erreicht ist – das Gefäß weitet sich. Auf diese Weise wird die Verengung aufgehoben. Anschließend kann der Mediziner ein Stent in das Gefäß einsetzen. Hierbei handelt es sich um eine Art flexibles Drahtnetz, das verhindert, dass sich die betroffene Stelle erneut verengt.

Operative Freilegung oder Bypass

Anders als die Kathetertherapie ist eine Operation nicht unter örtlicher Betäubung möglich. Ist ein Gefäß stark verengt oder sogar vollständig verschlossen, kann der Arzt die Stelle im Rahmen eines chirurgischen Eingriffs freilegen. Auch ein Bypass kann sinnvoll sein. Dabei wird das Blutgefäß um die Engstelle herumgeleitet. Hierfür verwendet der Mediziner eine körpereigene Vene oder einen Kunststoffschlauch. Wurde der Bypass gelegt, kann das Blut wieder normal abfließen, da es die verengte Stelle nicht passieren muss. In Fällen, in denen die erläuterten Behandlungsmaßnahmen keinen Erfolg versprechen, muss darüber nachgedacht werden, das betroffene Bein zu amputieren.

So beugt man einem Raucherbein vor

Man kann einem Raucherbein vorbeugen und ein bestehendes Raucherbein eventuell umkehren, indem man das Rauchen unterlässt und sich fett- und zuckerfrei ernährt. Auch regelmäßige Bewegung dient der Vorbeugung und Vorerkrankungen wie eine Hypertonie müssen frühzeitig therapiert werden. Vor allem Ausdauersportarten wie Radfahren, Joggen oder Nordic Walking sind geeignete Mittel, um das Risiko für eine pAVK positiv zu beeinflussen. Sollte der Verdacht auf ein Raucherbein bestehen, muss frühestmöglich ein Arzt aufgesucht werden, denn, je früher die Behandlung einsetzt, desto besser sind die Heilungschancen.

Aktualisiert am 17. Februar 2021