Morbus Addison

Morbus Addison stellt eine Unterfunktion der Nebennierenrinde dar. Bei der Nebenniere handelt es sich um ein hormonproduzierendes Organ, welches sich oberhalb der Niere befindet bzw., welches auf dem oberen Pol dieser aufliegt. In der Nebenniere werden Hormone wie Kortisol gebildet. Beim Kortisol handelt es sich um ein lebenswichtiges Hormon, welches für die Regulation der menschlichen Stoffwechselvorgänge verantwortlich ist. Neben dem Kortisol werden in der Nebenniere auch die männlichen und die weiblichen Sexualhormone gebildet. Außerdem entsteht hier das Aldosteron – ein Hormon, das für den Wasserhaushalt sowie für die Regulation der Kalium- und der Natrium-Konzentration zuständig ist.

Generell werden zwei Arten von Morbus Addison unterschieden: Der primäre und der sekundäre Addison. In 80 Prozent der Addison-Erkrankungen handelt es sich um die primäre Form. Diese Störung liegt unmittelbar in der Nebenniere. Zu den Addison-Störungen zählen u.a. Tochtergeschwulste von bösartigen Tumoren und eine autoimmunologische Form, im Rahmen derer das Immunsystem Antikörper gegen Kortison-produzierende Zellen in der Nebennierenrinde bildet. Hierdurch werden die Zellen zerstört. Außerdem gehören Infektionskrankheiten wie eine Tuberkulose oder eine Meningokokkeninfektion zum primären Addison.

Beim sekundären Addison handelt es sich nicht um eine Störung direkt in der Nebenniere, sondern in der Hirnanhangdrüse, Hypophyse genannt. Die Unterfunktion bewirkt eine zu geringe Bildung von ACTH. Dadurch wird die Nebennierenrinde nicht ausreichend zur Kortisonbildung angeregt. Diese Störung entsteht bei einer Erkrankung der Hirnanhangdrüse oder des Hypothalamus. Beim Hypothalamus handelt es sich um eine Gehirnregion, welche die Funktion der Hirnanhangdrüse steuert.

Die Symptome: Ein Abfall des Blutdrucks und eine Verfärbung der Haut

In den Fällen, in denen die Nebennierenrinde selbst von der Erkrankung betroffen ist, müssen knapp 90 Prozent der Rinde schon zerstört sein, ehe die ersten Symptome entstehen. Vor allem bei einer primären Addison-Krankheit, die langsam voranschreitet, können die Symptome missgedeutet werden und als Alterserscheinungen oder als Erschöpfungssyndrom interpretiert werden. Die Nebenniereninsuffizienz führt zu den folgenden typischen Symptomen:

  • Das Fehlen des Hormons Aldosteron bewirkt einen niedrigen Blutdruck. Der Blutdruck kann soweit absinken, dass es zu einem Kreislaufversagen kommt. Das Fehlen des Aldosterons, welches für den Wasser- und den Mineralstoffhaushalt zuständig ist, kann außerdem einen starken Hunger auf salzige Speisen bewirken.
  • Die Haut färbt sich dunkelbraun. Hierdurch erlangte die Krankheit ihren Beinamen „Bronzekrankheit“. Aufgrund des durch die Krankheit verursachten Kortisolmangels kommt es zu einer vermehrten Ausschüttung von ACTH, welches eine gesteigerte Freisetzung von Melatonin bewirkt. Dieses ist für die Braunfärbung der Haut verantwortlich. Die Verfärbung wird vor allem an den Hautlinien und in der Mundschleimhaut sichtbar. Die Verfärbung der Haut tritt nur beim primären Morbus Addison auf.

Unspezifische Symptome

Neben diesen spezifischen Symptomen führt der Mangel an Kortisol außerdem zu unspezifischen Beschwerden wie zu Erschöpfung und Müdigkeit sowie zu einer Appetitlosigkeit, mit der ein Gewichtsverlust einhergehen kann. Es können Bauchschmerzen und Übelkeit entstehen und es kann zum Erbrechen kommen. Die Patienten sind leicht reizbar und weisen depressive Verstimmungen auf. Männer können an Potenzproblemen leiden und bei Frauen fehlt häufig die Scharmbehaarung. Bei Säuglingen kann ein Wachstumsstopp bedingt werden und es besteht die Gefahr einer sogenannten Addison-Krise. Diese kann lebensbedrohliche Ausmaße annehmen. Die Addison-Krise betrifft aber nicht nur Kinder: Besteht eine Nebennierenerkrankung und kommt es zusätzlich zu starken psychischen oder körperlichen Stresssituationen, kann die Addison-Krise auch bei Erwachsenen auftreten. Es kommt zu einem plötzlichen relativen, d.h. unter dem Bedarf liegenden, Hormonmangel, welcher zu einem Blutdruckabfall, zu Fieber und zu einem massiven Flüssigkeitsverlust, der den Körper austrocknet, führt. Außerdem sinkt der Blutzucker-Spiegel gefährlich ab und der Kreislauf kann kollabieren, was bis zum Schock bzw. bis zum vollständigen Kreislaufversagen führen kann. Es können starke Bauchschmerzen entstehen, welche dem sogenannten Akuten Abdomen ähneln.

Die Addison-Krise ist in nicht seltenen Fällen der Zeitpunkt, an dem die Nebenniereninsuffizienz das erste Mal festgestellt wird. Der Notarzt muss schnell handeln und dem Patienten eine hohe Dosis an Hydrokortison verabreichen.

Ursachen für eine Nebennierenrindeninsuffizienz

Für einen primären Morbus Addison bestehen die folgenden möglichen Ursachen:

  • Infektionen: Ansteckungen mit Erregern können eine Zerstörung der Nebennierenrinde bedingen. Einst war die Tuberkulose der Hauptauslöser der Erkrankung. Heute gelten AIDS, das Zytomegalievirus und Histoplasmose als weitere Ursachen.
  • Autoimmunerkrankungen: Diese gelten als häufigste Ursache für eine Nebenniereninsuffizienz. Die gegen das Gewebe der Nebennierenrinde gerichteten körpereigenen Zellen zerstören dieses langsam. Frauen sind häufiger betroffen als Männer.
  • Tumore sind in seltenen Fällen der Auslöser für eine Insuffizienz der Nebennierenrinde.
  • Vererbung: Angeborene „Fehler“ wie die kongenitale adrenale Hypoplasie bewirken bereits im Säuglingsalter schwere Symptome.
  • Waterhouse-Friderichsen-Syndrom: Durch eine Blutvergiftung kann ein Infarkt der Nebennierengefäße verursacht werden. Als Folge wird die Nebenniere nicht ausreichend mit Blut versorgt – sie fällt plötzlich aus.
  • Nebennierenhämorrhagie: Einige blutverdünnende Mittel können Einblutungen in die Nebenniere bewirken, sodass diese stark geschädigt wird.
  • Addison-Krise: Besondere Stresssituationen und Verletzungen können die Insuffizienz der Nebenniere derart stark verstärken, dass die Hormonproduktion vollständig eingestellt wird – ein lebensbedrohlicher Zustand, der notärztlich behandelt werden muss.

Demgegenüber wird eine sekundäre Nebennierenrindeninsuffizienz vor allem durch Tumore, Schädigungen des Gehirnbereichs, Schlaganfälle sowie durch Schädelverletzungen und Gehirnoperationen verursacht.

Eine sogenannte tertiäre Nebennierenrindeninsuffizienz kann wiederum entstehen, wenn hochdosierte Kortisonpräparate über einen langen Zeitraum eingenommen werden. Durch die Einnahme wird die Produktion des CRH Hormons im Hypothalamus unterdrückt. Dadurch drosselt die Nebennierenrinde die Hormonproduktion. Sobald die Kortisoneinnahme unterbrochen wird, kann ein Mangel an Hormonen entstehen – die Nebennierenrinde beginnt erst allmählich wieder mit der Produktion von Hormonen. Aus diesem Grund dürfen Kortisonmedikamente niemals schlagartig abgesetzt werden.

Blutwerte geben Aufschluss über die Erkrankung

Besteht der Verdacht auf Morbus Addison, wird der Arzt zunächst eine Blutuntersuchung durchführen: Das Blut wird auf seinen Gehalt an Kortisol, Natrium und Kalium überprüft. Bei der primären Form der Erkrankung ist der Kalium-Gehalt erhöht, der Natrium- und der Kortisol-Spiegel sind deutlich vermindert. Bei der sekundären Form sind der Kalium- und der Natrium-Haushalt kaum betroffen.

Anschließend werden Tests durchgeführt, die Aufschluss über die Reaktion der Nebennierenrinde auf einen ACTH-Anstieg im Blut geben: Die Nebenniere wird mit dem Hormon, welches die Produktion von Kortison anregt, stimuliert – im Falle einer gesunden Nebenniere ist der Spiegel an Kortison nach der Gabe des ACTH-Hormons erhöht. Ist die Nebenniere hingegen erkrankt, bildet sie trotz der Gabe von ACTH kein bzw. nicht ausreichend Kortison.

Wird eine Autoimmunerkrankung als Auslöser für Morbus Addison vermutet, besteht die Möglichkeit, sogenannte Suchtests durchzuführen. Diese Tests decken diejenigen Antikörper auf, die gegen die Zellen der Nebennierenrinde gerichtet sind.

Des Weiteren können Ultraschalluntersuchungen durchgeführt werden, um entzündliche Veränderungen der Nebenniere und Tumore zu erkennen.

Morbus Addison ist gut behandelbar

Eine Nebennierenrindeninsuffizienz gilt als nicht heilbar. Allerdings kann sie gut behandelt werden, indem Patienten die fehlenden Hormone in Medikamenten-Form erhalten. In diesem Zusammenhang wird von einer Hormonersatztherapie bzw. von einer Substitutionsbehandlung gesprochen. Welche Mengen an welchen Stoffen notwendig sind, hängt dabei vom jeweiligen Krankheitsbild ab. In Fällen, in denen die Nebennierenrinde vollständig zerstört ist, müssen Kortisol (Glukokortikoide) und Aldosteron (Mineralokortikoide) ersetzt werden. Für den Ersatz von Glukokortikoiden wird meist Hydrokortison verwendet. Dieses entspricht chemisch dem natürlichen Kortisol. Als Ersatz für Mineralokortikoide kommt Fludrokortison zum Einsatz. Im Falle eines sekundären Morbus Addison reichen im Vergleich zur primären Form i.d.R. geringere Mengen aus.

Das übergeordnete Ziel der Therapie ist, den Mangel auszugleichen und das Niveau der Hormonwerte zu normalisieren: Um eine Über- bzw. eine Unterversorgung an Hormonen zu vermeiden, müssen regelmäßige Verlaufskontrollen durchgeführt werden. So kann die individuell passende Dosis an Medikamenten gewährleistet werden.

Patienten sollten immer ein Notfallset mit sich führen

In Stresssituationen wie bei Infekten oder Operationen aber auch bei körperlicher Belastung muss die Hydrokortisondosis erhöht werden. Hierdurch kann der Körper mit dem Stress umgehen und eine Addison-Krise wird vermieden. Im Falle einer solchen Krise muss der Patient das Hydrokortison schnellstmöglich über eine Vene erhalten. Patienten mit einer chronischen Nebennierenrindeninsuffizienz sowie deren Angehörige sollten lernen, das Hydrokortison zu verabreichen. So kann in Notfällen schnellstmöglich reagiert und die Zeit bis zu ärztlichen Behandlung bestmöglich überbrückt werden. Patienten sollten stets ein Notfallset und einen Notfallausweis mit sich führen!

Eine Vorbeugung ist nicht möglich

Eine Prophylaxe gegen Morbus Addison ist nicht möglich. Um bestehende Symptome zu minimieren und einer Addison-Krise vorzubeugen, sollte die Dosis der Hormongabe stets an die individuellen Bedürfnisse des Patienten angepasst werden. Es gilt, die Blutwerte des Patienten regelmäßig zu kontrollieren.

Aktualisiert am 16. Februar 2021