Herzklappenfehler

Der Begriff Herzklappenfehler beschreibt eine undichte bzw. eine verengte Herzklappe. In der Medizin wird im ersten Fall von einer insuffizienten, im zweiten Fall von einer stenosierten Herzklappe gesprochen. Ein anderer Begriff für den Herzklappenfehler ist „Klappenvitium“.

Die Klappen des Herzes nehmen eine wichtige Ventilfunktion in Bezug auf den Blutfluss ein. Ihre Aufgabe besteht in der Sicherstellung, dass das Blut nur in eine Richtung fließen kann. Zu einer Öffnung bzw. zu einer Schließung der Herzklappen kommt es durch die Strömung und den Druck des Bluts.

Es wird zwischen angeborenen und erworbenen Herzklappenfehlern unterschieden. In den meisten Fällen betrifft ein solcher Fehler die linke Herzhälfte. Hier befinden sich die Aorten- und die Mitralklappe. Etwa eines von 100 Neugeborenen weist bereits bei der Geburt einen Herzklappenfehler auf. Der häufigste Herzklappenfehler ist jedoch die sogenannte Aortenklappen-Stenose. Diese kommt überwiegend im höheren Alter vor und wird durch eine Verkalkung der Klappen bedingt. In Deutschland werden jedes Jahr 20.000 Operationen zur Behandlung eines Klappenvitiums durchgeführt.

Hintergrund: Die Anatomie des Herzens und des Blutkreislaufs

Um die genaue Rolle der Herzklappen und die Folgen eines Herzklappenfehlers verstehen zu können, muss man wissen, wie das Herz und der Blutkreislauf funktionieren: Das Herz pumpt Blut durch den Körper. Es verfügt über vier Hohlräume (zwei Vorhöfe und zwei Herzkammern) und ist mit vier Herzklappen ausgestattet. Das Blut, welches über die Venen zum Herzen gelangt, kommt zunächst im rechten Vorhof an. Über die sogenannte Trikuspidalklappe fließt es in die rechte Herzkammer. Von hier aus pumpt eine starke Muskelkontraktion das Blut durch die Pulmonalklappe in die Pulmonalarterien, auch Lungenarterien genannt. In der Lunge angekommen, gibt das Blut Kohlendioxid ab und nimmt Sauerstoff auf.

Nachdem das Blut die Lunge passiert hat, gelangt es in den linken Vorhof, wo es durch die Mitralklappe in die linke Herzkammer fließt. Von hier aus wird das Blut durch die sogenannte Aortenklappe in die Aorta (Hauptschlagader) gepumpt.

Alle vier Klappen des Herzens, also sowohl die Trikuspidal- und die Pulmonalklappe der rechten Herzhälfte als auch die Mitral- und die Aortenklappe der linken Herzhälfte können von einem Fehler betroffen sein.

Die Klappenstenose (Verengte Herzklappen)

Wie bereits angedeutet, gibt es verschiedene Herzklappenfehler. Die Klappenstenose stellt z.B. eine Verengung der Herzklappe dar. Diese Verengung führt dazu, dass sich die Klappe nicht mehr ausreichend weit öffnet. Die Folge: Das Blut staut sich zurück. In dem Fall, dass eine aus dem Herzen herausleitende Klappe, also die Pulmonal- oder die Aortenklappe, betroffen ist, wendet der Herzmuskel mehr Kraft auf, um die Herzkammer zu entleeren. Durch diese Druckbelastung vergrößert sich der Herzmuskel krankhaft. Auf lange Sicht reicht die Pumpkraft des Herzens nicht mehr aus. Die Folge ist eine Herzschwäche. Es wird zwischen gering-, mittel- und hochgradigen Herzklappenstenosen unterschieden. Die häufigsten Stenosen sind die Mitralklappen- und die Aortenklappenstenose.

Der Herzklappenprolaps

Bei dem Mitralklappenprolaps (Prolaps bedeutet „Vorfall“) handelt es sich um einen Herzklappenfehler, bei dem sich die geschlossenen Mitralklappensegel während des Zusammenziehens der linken Herzkammer wölben. Diese Wölbung ist so stark, dass sie bis in den linken Vorhof hineinreicht. Von diesem Herzklappenfehler sind überwiegend Frauen betroffen. Es handelt sich um das häufigste Herzklappenvitium bei erwachsenen Menschen.

Die Klappeninsuffizienz

Eine Klappeninsuffizienz beschreibt den Zustand, wenn die Herzklappen eines Patienten nicht dicht schließen. Das führt dazu, dass das Blut während der Systole (Kontraktionsphase des Herzmuskels) von der Herzkammer zurück in den Vorhof fließt. Während der Diastole (Entspannungsphase des Herzmuskels) fließt es hingegen aus der Hauptschlagader oder aus der Lungenschlagader in die Herzkammer zurück. Aufgrund des zurückfließenden Blutes kommt es zu einem zusätzlichen Blutvolumen. In der Medizin wird dieses Phänomen Volumenbelastung genannt. Als Folge dehnt sich die Herzkammer aus. Das bewirkt wiederum, dass der Herzmuskel dicker wird. Eine fortschreitende Klappeninsuffizienz kann eine Herzschwäche bedingen. Die beiden häufigsten Arten der Herzklappeninsuffizienz sind die Aortenklappen- und die Mitralklappeninsuffizienz.

An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass ein Mensch auch mehrere Herzklappenfehler aufweisen kann. In diesem Fall spricht man von einem kombinierten Vitium bzw. von einem kombinierten Herzklappenfehler.

Die verschiedenen Herzklappenfehler weisen überwiegend dieselben Symptome auf

Herzklappenfehler können symptomlos verlaufen. In den meisten Fällen rufen sie jedoch früher oder später Beschwerden hervor. Diese können unterschiedliche Ausmaße und Formen annehmen. Da sich alle Arten eines Klappenvitiums auf die Funktion des Herzens auswirken können, sind die Symptome der einzelnen Herzklappenfehler ähnlich. Zum einen verändern sich bei einem Klappenvitium die Fließgeschwindigkeit und der Fließdruck des Bluts im Herzen sowie in den umgebenden Organen wie in der Lunge. Es kann ein Rückstau des Bluts entstehen, was zu einer Veränderung der Herzmuskelstruktur führen kann. Ebenso können sich die Lunge und die Gefäße verändern. Als Folge dieser Veränderungen können eine Herzinsuffizienz und Bluthochdruck entstehen. Zudem besteht die Möglichkeit einer Atemnot. In dem Fall, dass Herzrhythmusstörungen auftreten, bedeutet das, dass die Erkrankung bereits weit fortgeschritten ist.

Führt ein Herzklappenfehler zu einer Pumpschwäche der linken Herzkammer, handelt es sich um eine Linksherzinsuffizienz. Mögliche Folgen dieser sind eine Erlahmung des Herzmuskels und eine Anstauung des Bluts sowie von anderen Körperflüssigkeiten. Symptome, die auf einen solchen Herzklappenfehler hinweisen, sind eine Atemnot, welche vor allem bei einer körperlichen Belastung auftritt, eine rasche Ermüdung sowie ein starker Leistungsabfall.

Ursachen für einen erworbenen Herzklappenfehler

Die hauptsächlichen Ursachen für ein erworbenes Klappenvitium sind Verkalkungen und degenerative Veränderungen der Herzklappen, des Klappenrings sowie des Halteapparats. Dabei ist zu erwähnen, dass die mechanische Belastung der Herzklappen im Verlauf des Lebens sehr groß ist – innerhalb von 24 Stunden öffnen und schließen sie sich etwa 100.000-mal. Dabei wird eine Blutmenge von 7.000 Litern befördert. Dieser mechanischen Belastung halten die Klappen problemlos Stand. Es sei denn, es kommt zu den erwähnten erworbenen Veränderungen oder anderen Erkrankungen.

Eine bakterielle Entzündung der Herzklappen (infektiöse Endokarditis genannt) zerstört diese und bedroht deren Ventilfunktion. Vor allem künstliche Herzklappen sowie vorgeschädigte Herzklappen sind von solch einer Entzündung gefährdet. Die Endokarditis kann zu einer akuten Undichtigkeit der Herzklappen führen.

Darüber hinaus kann ein Herzinfarkt die Ursache eines Herzklappenfehlers sein. Wird im Rahmen des Herzinfarkts Herzmuskelgewebe zerstört, kann die betroffene Klappe nicht mehr dicht schließen. In dem Fall, dass sich die linke Herzkammer im Rahmen des Infarkts erweitert, erweitert sich nicht selten auch der Mitralklappenring. Schließen sich die Klappensegel während der Systole, reichen die Ränder der Klappensegel in diesem Fall nicht mehr aneinander. Die Folge ist eine Mitralklappeninsuffizienz.

Ein typisches Beispiel für einen erworbenen Herzklappenfehler ist die Aortenklappenstenose. Die Stenose kommt zumeist aufgrund von degenerativen Veränderungen zustande. So kann eine fortschreitende Verkalkung der drei Taschenklappen zu einer Einschränkung der Beweglichkeit und der Öffnungsfläche der Aortenklappe führen. Neben der Stenosierung kann auch eine leichte Undichtigkeit der Klappe die Folge sein.

Die Echokardiographie als wichtigstes Diagnoseverfahren

Der erste Schritt im Rahmen der Diagnosestellung ist die sogenannte Anamnese. In diesem Gespräch fragt der Arzt den Patienten u.a. nach möglichen Fällen eines Herzklappenfehlers in der Familie und nach den auftretenden Symptomen. Die anschließende körperliche Untersuchung erfolgt mit einem Stethoskop sowie durch das Ertasten der Herzbewegungen. Auf diese Weise lässt sich feststellen, welche Herzklappe von dem Fehler betroffen ist.

Daraufhin wird der Arzt verschiedene bildgebende Verfahren anwenden: Ein Elektrokardiogramm (EKG) gibt Aufschluss darüber, wo sich der Herzklappenfehler genau befindet und wie schwer er ist. Ein Röntgenbild des Brustkorbs soll wiederum Hinweise auf eine mögliche Vergrößerung des Herzens geben. Außerdem kann so erkannt werden, ob sich Wasser angesammelt hat.

Unter den verschiedenen Untersuchungsmethoden ist die Echokardiographie mit Abstand die wichtigste, um einen Herzklappenfehler diagnostizieren zu können. Eine mögliche Technik besteht in der transösophagealen Farbdopplerechokardiographie. Mit dieser lässt sich die Bewegung des Herzens und der Herzklappen darstellen. Außerdem zeigt sie, wie sich die Herzkammern füllen.

Die Behandlung richtet sich nach der betroffenen Herzklappe

Die Behandlung eines Herzklappenfehlers hängt davon ab, welche Herzklappe eine mangelnde Funktion aufweist. Bei einer Aortenklappenstenose lautet die Maßnahme der Therapie „Herzklappen-Operation“ und zwar auch, wenn der Patient bereits ein hohes Alter erreicht hat. Im Rahmen dieser Operation wird dem Patienten eine künstliche Herzklappe eingesetzt. Auch kann eine Transplantation erfolgen. Nur durch eine Operation kann der Herzklappenfehler nachhaltig behandelt werden.

Im Anschluss an eine solche Operation wird eine Therapie mit blutverdünnenden Medikamenten empfohlen. So sollen Embolien und Thrombosen vermieden werden. Um einer bakteriellen Endokarditis vorzubeugen gilt es – wie bei jeder herzchirurgischen Behandlung, im Rahmen derer Fremdmaterial implantiert wird –, Antibiotika einzunehmen.

Auch im Falle einer Herzklappeninsuffizienz sowie bei einer Mitralklappenstenose ist eine Operation die häufigste Behandlungsmethode. Bei der Herzklappeninsuffizienz ersetzt der Arzt die undichte Herzklappe. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die defekte Klappe zu rekonstruieren. Eine Mitralklappe kann wiederum mit speziellen Instrumenten aufgeweitet werden. Dieses Verfahren wird Valvuloplastie genannt.

Des Weiteren besteht bei einem Aortenklappen- und bei einem Mitralklappenfehler die Möglichkeit einer sogenannten kathetergestützen Klappenimplantation. Hierbei verwendet der Mediziner einen Katheter, um eine künstliche Herzklappe einzusetzen. Diese Art der Therapie ist deutlich schonender als die herkömmliche Operation im Rahmen einer Aortenklappenstenose. Sie bietet sich vor allem für Personen an, die ein vorgeschädigtes Herz oder eine ausgeprägte Begleiterkrankung aufweisen und bei denen deshalb keine Operation möglich ist bzw. bei denen diese mit einem hohen Komplikationsrisiko behaftet ist. Es sei allerdings darauf hingewiesen, dass man heute noch nicht weiß, wie lange der verwendete Klappenersatz im Rahmen der kathetergestützten Klappenimplantation hält.

Ausreichend viel Bewegung und eine gesunde Ernährung dienen der Prävention

Einem Herzklappenfehler kann man nur bedingt vorbeugen. So kann man einige allgemeine Maßnahmen ergreifen, um das Risiko für ein Klappenvitium deutlich zu verringern. Diese Maßnahmen umfassen zum einen die rechtzeitige Behandlung von Erkrankungen, die einen Herzklappenfehler verursachen können. Zu diesen Erkrankungen gehören u.a. eine rheumatische und eine bakterielle Entzündung der Herzinnenhaut, sprich eine Endokarditis. Außerdem sollte man eine gesunde und ausgewogene Ernährung pflegen. Ausreichend viel Bewegung in Form von Sport ist unerlässlich für die Gesundheit des Herzens.

Sollte man bereits an einem Herzklappenfehler leiden, ist es überaus wichtig, einer bakteriellen Herzinnenhautentzündung vorzubeugen – Menschen mit einem Herzklappenfehler weisen ein erhöhtes Risiko für eine solche Entzündung auf. Zudem ist der Verlauf der Entzündung bei diesen Personen i.d.R. äußerst schwerwiegend. Einer solchen Entzündung wird u.a. vorgebeugt, indem der oder die Betroffene vor anstehenden Operationen Antibiotika erhält.

Aktualisiert am 15. Februar 2021