Blepharospasmus

Mit dem Begriff Blepharospasmus wird die kräftige Verkrampfung beider Augenlider beschrieben. Diese Verkrampfung ist nicht beeinflussbar. Der Grund für die Lidkrämpfe ist das unwillkürliche Anspannen eines bestimmten Augenmuskels. Die Anspannung kann zeitweilig oder ständig bestehen. Die Ursache ist in den meisten Fällen unbekannt. Etwa drei bis vier von 100.000 Menschen in Europa sind vom Blepharospasmus betroffen. Zu den Betroffenen gehören vor allem Frauen im mittleren bis höheren Alter.

Der Lidkrampf nimmt im Verlauf der Erkrankung immer mehr zu bzw. tritt er zunehmend häufiger auf. So kann es sein, dass es alle 15 bis 20 Sekunden zu einem Krampf kommt oder, dass der Krampf bis zu mehreren Minuten andauert. Der Blepharospasmus kann die Sehfähigkeit der Betroffenen beeinträchtigen und zu einer funktionellen Blindheit führen. Vor allem beim Autofahren und in anderen Situationen, in denen die optische Wahrnehmung wichtig ist, kann die Verkrampfung sehr problematisch sein.

Drei Formen des Blepharospasmus

Der Blepharospasmus wird in drei Formen unterteilt. Beim sogenannten klassischen Blepharospasmus kommt es zu einem wiederholten Auftreten des Lidkrampfes. Diese Art von Lidkrampf wird auch als klonische Verkrampfung bezeichnet. Der tonische Blepharospasmus stellt hingegen eine Dauerkontraktion dar, welche eine anhaltende Lidspaltverengung bewirkt. Demgegenüber steht der sogenannte Lidöffnungsinhibitionstyp. Hierbei handelt es sich nicht um einen offensichtlichen Krampf des Augenmuskels, sondern um eine Kontraktion des Stirnmuskels. Aufgrund dieser Kontraktion können Betroffene nur schwer ihre Augen öffnen.

Im Schlaf bestehen keine Symptome

Anders als bei diversen anderen Symptomatiken der Augenlidmuskulatur hält der Blepharospasmus im Schlaf nicht an. Neben einer Sehbehinderung kann die dauerhafte Symptomatik zu einer Entstellung der mimischen Muskeln führen. In einigen Fällen gehen dem Blepharospasmus ein einseitiges Fremdkörpergefühl im Auge sowie ein Blinzeln der Augenlider voraus. Die Symptome können durch Stress, starke Lichteinwirkungen, konzentrierte Aktivitäten und andere Faktoren verstärkt werden. Zudem besteht die Möglichkeit, dass das Sprechen oder das Gehen die Symptomatik verbessert. Dann ist die Rede von einer paradoxen Dystonie.

Komplikationen durch die Erkrankung und durch bestimmte Medikamente

Sowohl die Erkrankung als auch deren Behandlung kann diverse Komplikationen bedingen. So können durch die häufigen bzw. ständigen Verkrampfungen der Augenlider, Schmerzen in verschiedenen Muskeln entstehen. Im schlimmsten Fall geht mit dem Blepharospasmus eine anhaltende Lidspaltverengung einher, sodass es zu einer funktionellen Blindheit kommt. Darüber hinaus stellt der Blepharospasmus eine starke psychische Herausforderung für die Patienten dar – nicht selten leiden diese unter psychischen Problemen.

Eine Therapie, die zu Komplikationen führen kann, ist die Behandlung des Blepharospasmus mit Botulinumtoxin. Durch dieses Mittel wird der Tränenfluss verstärkt. Dieser kann derartige Ausmaße annehmen, dass eine Diplopie entsteht. Hierbei handelt es sich um das Sehen von Doppelbildern. Außerdem kann Botulinumtoxin die Bildung von Hämatomen begünstigen und es kann zu Kopfschmerzen sowie zu einer starken Lichtempfindlichkeit kommen.

Weitere Komplikationen

Zu den weiteren möglichen Komplikationen im Rahmen der medikamentösen Behandlung eines Blepharospasmus gehören Verstopfungen, eine verschwommene Sicht und ein trockener Mund. Zudem können einige Patienten vergesslich werden. Aufgrund der vielen verschiedenen Komplikationsmöglichkeiten nehmen die umfassende Therapie und die neurologische Nachsorge eine bedeutende Rolle bei der Bekämpfung des Blepharospasmus ein.

Der primäre und der sekundäre Blepharospasmus

Bis heute sind die genauen Ursachen für die Erkrankung nicht bekannt. Je nach der Ursache für den Blepharospasmus, unterscheiden Mediziner zwei Formen der Krankheit. Der primäre (auch: essenzielle) Lidkrampf tritt ohne eine erkennbare Ursache auf. Die Annahme besteht darin, dass ein biochemisches Ungleichgewicht der Basalganglien im Gehirn den primären Lidkrampf auslöst. Wie es zu solch einem Ungleichgewicht kommt, ist ebenfalls nicht bekannt.

Bei dem sekundären oder auch symptomatischen Blepharospasmus weiß man, dass dieser aufgrund einer Schädigung des Zentralen Nervensystems entsteht. Ebenso können verschiedene Augen- oder Nervenerkrankungen die sekundäre Form des Blepharospasmus begünstigen. Die durch eine Grunderkrankung ausgelösten Lidkrämpfe sind deutlich seltener als der primäre Blepharospasmus.

Der Neurologe stellt die Diagnose

Die beste Anlaufstelle bei dem Verdacht auf einen Blepharospasmus ist der Neurologe. Dieser erkundigt sich in einem Anamnesegespräch zunächst nach den bestehenden Beschwerden sowie nach der Krankengeschichte des Patienten.

Es folgt eine gründliche Untersuchung der Augen. Liegt die Blinzel-Frequenz über 20-mal in der Minute, kann sich der Verdacht auf Blepharospasmus verstärken. Blinzelt der Patienten über 27-mal, ist die Diagnose schon sehr sicher. Um seinen Verdacht zu bestätigen, misst der Neurologe u.a. die elektrische Aktivität der Augenringmuskeln. Eine Magnetresonanztomographie kann die Ursachen eines sekundären Blepharospasmus aufdecken.

Eine weitere wichtige Maßnahme besteht darin, andere mögliche Ursachen für die Lidkrämpfe auszuschließen.

Die Ursache bestimmt die Form der Therapie

Die Therapie des Blepharospasmus ist maßgeblich von der Ursache abhängig. Kann keine Ursache für die Lidkrämpfe gefunden werden, wird in den meisten Fällen lokal Botulinumtoxin (Botox) verabreicht. Der Mediziner spritzt eine sehr geringe Menge des Nervengifts in vier bestimmte Stellen rund um das Auge und zwar unmittelbar in die krampfenden Muskeln. Durch das Bakteriengift wird der Augenringmuskel innerhalb von etwa drei Tagen gelähmt. Eine bis zwei Wochen nach der Injektion ist der Muskel dann vollständig gelockert bzw. entspannt.

Aus dem Grund, dass der Körper das Mittel nach und nach abbaut, muss die Therapie etwa alle drei Monate erneut durchgeführt werden. Im Falle eines einseitigen Lidkrampfs wird das Botox jährlich zwei- bis dreimal gespritzt. Durch die Verwendung von Botox kann es neben den bereits erläuterten möglichen Komplikationen auch zu einer dauerhaften Auswärts-Wendung sowie zu einem Herabhängen des Augenlids kommen. In etwa 10 Prozent der Fälle wirkt das muskellähmende Gift nur unzureichend oder gar nicht.

Weitere mögliche Behandlungen

Da auch mit Muskelrelaxantien und Beruhigungsmitteln wie Benzodiazepine gewisse Risiken verbunden sind und, da diese den Zustand des Betroffenen nur geringfügig verbessern, wird i.d.R. auf solche Mittel verzichtet. Stattdessen wird der Blepharospasmus im Rahmen einer Operation behandelt: entweder werden die Nervenverbindungen zwischen dem Augenringmuskel und dem Gesichtsnerv durchtrennt oder der Augenringmuskel wird vollständig bzw. teilweise entfernt. Liegen die Ursachen für den Blepharospasmus in psychischen Problemen, können eine Psychotherapie, Akupunktur und Hypnose sowie alternativ-medizinische Verfahren hilfreich sein.

Man kann dem Blepharospasmus nicht direkt vorbeugen

Der Entstehung eines Blepharospasmus kann man nicht unmittelbar vorbeugen. Die einzigen bekannten Maßnahmen zur Prophylaxe bestehen in der Vermeidung von starken Sonneneinstrahlungen auf die Augen und von zu langen „Sitzungen“ vor dem Laptop, vor dem Fernseher und anderen Bildschirmen. Sehr interessant ist, dass die Symptome des Blepharospasmus akut beseitigt werden können, wenn die oder der Betroffene eine ungewohnte Tätigkeit ausübt. Ein mögliches Beispiel hierfür ist das Rückwärtslaufen.

Aktualisiert am 14. Februar 2021