Als Amenorrhoe (auch: Amenorrhö) wird das Ausbleiben der Regelblutung bezeichnet. Die ausbleibende Regeblutung ist in manchen Lebensphasen wie einer Schwangerschaft und der Stillzeit völlig natürlich. Und auch mit den Wechseljahren geht eine erschöpfte Eizellreifung einher, die nach und nach die Zyklustätigkeit vermindert und letztendlich ein Ausbleiben der Periode bewirkt.
Das Ausbleiben der Periode kann jedoch auch die Folge einer Störung bzw. einer Erkrankung sein. Hierbei wird zwischen einer primären und einer sekundären Amenorrhoe unterschieden. Von einer primären Amenorrhoe ist die Rede, wenn eine junge Frau bis zum 16. Lebensjahr noch keine Periode erlebt hat. Eine sekundäre Amenorrhö besteht hingegen, wenn die Periode bei Frauen ausbleibt, die bereits eine Regelblutung hatten. Damit es sich tatsächlich um die sekundäre Form der Amenorrhoe handelt, muss die Periode drei Monate lang ausbleiben.
Mögliche Ursachen für eine Amenorrhoe
Die Menstruation folgt einem ganz bestimmten Takt – ein Zyklus dauert i.d.R. rund 28 Tage. Es besteht aber auch die Möglichkeit von kürzeren oder längeren Zyklen. In der Mitte eines jeden Zyklus kommt es zum Eisprung. Sofern das Ei nicht befruchtet wird, setzt ein paar Tage später die Periode ein. Ist das Ausbleiben der Periode nicht durch eine Befruchtung der Eizelle bedingt, handelt es sich um eine Amenorrhoe.
Auslöser der primären Amenorrhoe
Die erste Menstruationsblutung tritt normalerweise zwischen dem 11. und dem 13. Lebensjahr ein. Kommt es bis zum 16. Lebensjahr nicht zu einer Periode, bestehen meist angeborene Ursachen für das Ausbleiben. Bestimmte Chromosomenstörungen können eine Unterentwicklung der Geschlechtsorgane bewirken oder dazu führen, dass die Eierstöcke nicht auf die Hormon-Signale des Gehirns reagieren. Zu unterentwickelten Geschlechtsorganen kommt es beispielsweise bei diversen Formen der Intersexualität wie dem Androgen-Rezeptor-Defekt oder dem Turner-Syndrom. Auch kann ein verschlossenes Jungfernhäutchen den Abfluss des Menstruationsbluts verhindern, sodass die Periode ausbleibt.
Weitere mögliche Ursachen einer primären Amenorrhö sind hormonelle Störungen, deren Ursprung meist in der Hirnanhangdrüse oder im Zwischenhirn liegt. Außerdem können funktionell gestörte Eierstöcke und schwere Erkrankungen wie Schilddrüsenstörungen oder Krebs ein Ausbleiben der Regelblutung begünstigen. Auch Diabetes vom Typ I sowie andere Autoimmunerkrankungen und die rheumatoide Arthritis können eine primäre Amenorrhöe als Folge haben.
Ursachen für die sekundäre Amenorrhoe
Ein wichtiger Auslöser der sekundären Amenorrhö ist Stress bzw. die damit einhergehenden seelischen Belastungen. Sowohl seelische Anspannung als auch familiäre Krisen, zeitlicher Druck und andere Stresssituationen können die Hormonproduktion der Frau beeinträchtigen, sodass letztendlich die Regelblutung ausbleibt. Welche Mechanismen dabei genau wirken, ist bisher unbekannt. Man weiß aber, dass sich Stress unmittelbar auf den Hypothalamus auswirkt, sodass die Konzentration des GnRH-Hormons sinkt. Dies stellt einen Faktor dar, der den Zyklus stören kann. Seelische Belastungen beeinträchtigen vor allem den Zyklus von Frauen, deren Zyklus ohnehin unregelmäßig ist. Der GnRH-Spiegel wird auch durch hartes körperliches Training reduziert.
Zudem kann der Menstruationszyklus im Rahmen einer starken Gewichtsabnahme und vor allem bei einer bestehenden Bulimie oder einer Magersucht zum Erliegen kommen. Es ist bekannt, dass sich das Einnisten eines befruchteten Eis an einer anderen Stelle als der Gebärmutter hormonell auf den Körper auswirkt, sodass die GnRH-Produktion auch in diesem Fall vermindert wird.
Im Rahmen des sogenannten Polycystischen Ovarien-Syndroms ist sowohl die Hormonbildung in den Eierstöcken als auch die in anderen hormonproduzierenden Organen und Geweben gestört. So können der Eisprung und die Regelblutung ausbleiben. Des Weiteren kann eine Über- oder eine Unterfunktion der Schilddrüse zu hormonellen Veränderungen führen, sodass die Periode verhindert wird.
Im Rahmen der Schwangerschaft kommt es u.a. aufgrund einer erhöhten Prolaktin-Produktion zum Ausbleiben der Blutung. Dieses Hormon wird in der Stillperiode gebildet. Hierdurch wird die Milchbildung angeregt und zugleich die normale Zyklusfunktion gehemmt. Prolaktin kann auch durch Tumore oder bestimmte Medikamente vermehrt gebildet werden. Zudem können sowohl gut- als auch bösartige Tumore an den Eierstöcken und im Gehirn die weitere Hormonproduktion beeinträchtigen. Die Hormonproduktion kann ebenfalls durch die vorzeitigen Wechseljahre beeinträchtigt werden. Dann stellen die Eierstöcke der Frau bereits vor dem 40. Lebensjahr ihre Funktion ein. Die Funktion der Eierstöcke kann auch durch Gehirnentzündungen in der Region des Hypothalamus oder der Hypophyse beeinflusst werden.
Weitere Ursachen für die sekundäre Amenorrhoe
Weitere Ursachen für die Störung der Eierstock-Funktionen sind Tumore, Zysten und operative Eingriffe. Bestimmte Operationen bergen außerdem ein erhöhtes Risiko, dass die Gebärmutterschleimhaut stark geschädigt wird. Die Regelblutung bleibt ebenfalls aus, wenn sich diese nicht mehr ausreichend erholen und aufbauen kann.
Die Funktion der Geschlechtsorgane kann durch ein chronisches Nierenversagen bedingt sein. Dieses wirkt sich auf den gesamten Organismus aus, sodass auch die Menstruationsblutung ausbleiben kann. Der Zyklus kann auch ausbleiben, wenn eine Erkrankung der Nebenniere besteht. Eine erkrankte Nebenniere kann eine Überproduktion von Cortisol bewirken. Dann spricht man vom Cushing-Syndrom: Der Zyklus wird gestört und die Blutung bleibt aus.
Des Weiteren können bestimmte Medikamente wie Kortison und Psychopharmaka und das Absetzen von hormonellen Empfängnisverhütungsmitteln ein Ausbleiben der Menstruation provozieren. Auch Entbindungen, mit denen ein starker Blutverlust einhergeht (Sheehan-Syndrom), wirken sich auf den Zyklus aus, indem sie zum Absterben von Gewebe in der Hypophyse führen.
Die Diagnose durch die frauenärztliche Untersuchung
In den meisten Fällen treten im Rahmen einer Amenorrhoe keine weiteren Beschwerden auf. Nachdem sich der Arzt nach regelmäßig eingenommenen Medikamenten, nach den Lebensumständen und anderen Faktoren erkundigt hat, führt er eine gründliche frauenärztliche Untersuchung durch. Er tastet die Scheide, die Gebärmutter und die Eierstöcke ab. Dieses Vorgehen wird meist durch eine Ultraschalluntersuchung ergänzt. Vor allem bei dem Verdacht auf eine primäre Amenorrhoe wird zudem eine Bauchspiegelung durchgeführt.
Es folgt eine Blutuntersuchung, die Aufschluss über mögliche Erkrankungen und Hormonstörungen geben soll. Zudem kann ein Schwangerschaftstest gemacht werden. Sollte der Frauenarzt den Verdacht auf einen Hirntumor hegen, veranlasst er eine Computertomographie des Schädels.
Die Behandlung hängt von der Ursache für die Amenorrhoe ab
Die Therapiemaßnahmen sind maßgeblich von der Ursache der Amenorrhö abhängig. Sind Störungen des Hormonhaushalts für das Ausbleiben der Periode verantwortlich, können Hormone in Medikamentenform verabreicht werden. So wird das Ungleichgewicht im Hormonhaushalt ausgeglichen und der Zyklus tritt wieder ein.
Bei einem bestehenden Tumor wird dieser im Rahmen eines chirurgischen Eingriffs entfernt. Bei Fehlbildungen, die eine Amenorrhö begünstigen, kann ebenfalls eine Operation durchgeführt werden. Dann werden meist zusätzliche Hormontherapien veranlasst.
Wenn eine Frau eine verzerrte Körperwahrnehmung oder eine Essstörung aufweist, sollte über den Aufenthalt in einer Therapieeinrichtung nachgedacht werden.
Leistungssportlerinnen profitieren hingegen von einer ausgewogenen Ernährung und einem professionellen sportpsychologischen Coaching. Übermäßiger Stress und seelische Probleme lassen sich am besten unter fachlicher Beaufsichtigung abbauen bzw. lösen. Zudem können Stressmanagement und Entspannungstechniken wie das Autogene Training hilfreich sein.
Ausgewogenheit ist der wichtigste Bestandteil der Therapie
Das Schlüsselwort, um eine Amenorrhö beheben zu können, lautet „Ausgewogenheit“ – eine ausbalancierte Lebensform unterstützt die medizinische Therapie in jeglicher Hinsicht. „Im Lot sein“ ist das A und O: Es gilt, soziale Kontakte zu pflegen, regelmäßig Sport zu treiben und sich gesund zu ernähren. Jede Frau sollte sich mindestens einmal am Tag eine Ruhepause gönnen, in der sie sich auf sich selbst besinnen und innerlich loslassen kann.
Ein ausgeglichener Lebensstil dient der Prophylaxe
Im Prinzip gelten die Behandlungsmaßnahmen für eine bestehende Amenorrhoe auch als Maßnahmen der Prophylaxe: wer dem Ausbleiben der Regelblutung vorbeugen möchte, sollte sich körperlich betätigen und Stress abbauen. Zudem muss eine ausgewogene Ernährung in den Alltag integriert werden und auf extreme Diäten sollte verzichtet werden. Wer einen gesunden Lebensstil pflegt, muss eine Amenorrhoe nicht fürchten.