Scheidenkrebs

Der Scheidenkrebs ist ein bösartiger Tumor in der Scheide der Frau. Er wird auch als Vaginalkarzinom bezeichnet. Sind anstelle der Scheide die Schamlippen oder ein anderes äußeres Geschlechtsorgan der Frau betroffen, ist die Rede von einem Vulvakarzinom.

Es bestehen mehrere Arten von Scheidenkrebs. Diese unterscheiden sich in Hinblick auf die Zellart, aus der sich der Krebs entwickelt hat. In knapp 95 Prozent aller Fälle von bösartigem Scheidenkrebs ist dieser aus dem Plattenepithel, der obersten Schleimhautschicht, entstanden. Bildet sich der Tumor hingegen aus Drüsengewebe, ist die Rede von einem Adenokarzinom. Wiederum wird ein Tumor, der seinen Ursprung in den Muskelzellen hat, als Rhabdomyosarkom bezeichnet. Auch ein malignes Melanom, also schwarzer Hautkrebs, kann sich in der Scheide entwickeln.

Vorstufen und Stufen der Erkrankung

Die sogenannte Vaginale Intraepitheliale Neoplasie stellt eine Vorstufe von Scheidenkrebs dar. Hierbei handelt es sich um eine Veränderung der Schleimhaut. Diese Veränderung wird als Dysplasie bezeichnet. Bleibt diese unbehandelt, kann sich daraus Scheidenkrebs entwickeln. Die Entartungen der VAIN, so die Abkürzung für die Vaginale Intraepitheliale Neoplasie, werden in drei Grade (geringe, mittelgradig, schwer) unterteilt.

Ein bereits bestehendes Vaginalkarzinom wird mit Hilfe der sogenannten FIGO-Klassifikation eingeteilt. Es bestehen vier Krankheitsstadien. Bei der Einteilung des Karzinoms wird berücksichtigt, welche Gewebeschichten vom Tumor befallen sind, ob benachbarte Organe durchsetzt werden und, ob auch andere Organe sowie Lymphknoten betroffen sind, also, ob der Tumor gestreut hat.

Bei dem Vaginalkarzinom handelt es sich um eine seltene Krebsart. So erkrankt in Deutschland jährlich eine von 100.000 Frauen an Scheidenkrebs. Die betroffenen Frauen befinden sich meist in einem Alter zwischen 62 und 74 Jahren.

Symptome treten erst im fortgeschrittenen Stadium auf

Mit dem Scheidenkrebs gehen meist zunächst keine Symptome einher – erst, wenn die Krankheit bereits fortgeschritten ist, treten Beschwerden auf. Zu den möglichen Anzeichen für Scheidenkrebs gehören ungewöhnliche Zwischenblutungen sowie ein vermehrter Scheidenausfluss. Es gilt zu beachten, dass diese Symptome auch im Rahmen von deutlich harmloseren Erkrankungen auftreten können.

Des Weiteren kann ein Vaginalkarzinom zu Blutungen während bzw. nach dem Geschlechtsakt führen. Wenn der Scheidenkrebs bereits eine bestimmte Größe erreicht hat, können der Stuhlgang und das Wasserlassen erschwert sein. Zudem kann es aufgrund der Komprimierung von Nervenwurzeln am Rückenmark zu Rückenschmerzen und Gefühlsstörungen kommen. Ebenso können die Schmerzen in den Beinen auftreten.

Die genauen Ursachen für Scheidenkrebs sind noch unbekannt

Bis heute ist nicht vollständig geklärt, was die Entstehung von Scheidenkrebs verursacht. Man weiß aber, dass knapp 60 Prozent aller Fälle von Scheidenkrebs auf eine Infektion mit dem HP-Virus zurückgeführt werden können. Vor allem das Virus HP 16 und das Virus HP 18 scheinen eine Rolle zu spielen. Neben den humanen Papillomviren stellt ein Medikament namens Diethylstilbestrol einen Risikofaktor für die Entstehung von Scheidenkrebs dar. Bei diesem Mittel handelt es sich um ein künstliches Östrogen, welches in früheren Zeiten verwendet wurde, um eine Fehlgeburt zu verhindern. Bei Mädchen, deren Mütter in der Schwangerschaft mit Diethylstilbestrol behandelt wurden, wurde ein erhöhtes Risiko für die Entstehung eines Vaginalkarzinoms festgestellt. Auch deshalb wurde das Medikament im Jahr 1971 vom Markt genommen.

Eine Biopsie ermöglicht die Diagnose

Wenn der Verdacht auf Scheidenkrebs besteht, entnimmt der Frauenarzt eine Gewebeprobe aus dem verdächtigen Bereich. Diese Probe wird anschließend im Labor untersucht. Im Rahmen der mikroskopischen Untersuchung wird entartetes Gewebe sichtbar. Bereits durch diese Biopsie kann der Verdacht auf ein Vaginalkarzinom entweder bestätigt oder ausgeschlossen werden.

Sofern sich der Verdacht bestätigt hat, müssen die Ausbreitung und die Lage des Tumors bestimmt werden. Hierzu kann der Arzt eine Ultraschalluntersuchung der Scheide vornehmen. Außerdem eignen sich eine Harnwege- sowie eine Enddarm-Spiegelung. Sollte der Verdacht bestehen, dass der Krebs auf andere Organe übergegangen ist, kommen weitere bildgebende Verfahren zum Einsatz. Beispiele für diese Verfahren sind eine Ultraschalluntersuchung der Leber, eine Magnetresonanztomographie des Beckens und eine Röntgenaufnahme der Lunge.

Der Tumor wird nach den FIGO-Stadien eingeteilt

Zur Einteilung des Vaginalkarzinoms nach dem Schweregrad werden die sogenannten FIGO-Stadien verwendet:

  • Stadium 0: Es handelt sich um Krebs im Frühstadium (sog. Oberflächenkarzinom). Die Lymphknoten sind nicht befallen und es haben sich keine Tochtergeschwulste (Metastasen) gebildet.
  • FIGO Stadium I: Das Karzinom ist auf die Scheide begrenzt. Somit ist noch kein anderes Gewebe befallen. Es bestehen auch noch keine Metastasen in den nahegelegenen Lymphknoten. Ebenso haben sich noch keine Tochtergeschwulste in anderen Organen gebildet.
  • FIGO Stadium II: Der Tumor ist auf das benachbarte Gewebe der Vagina übergegangen. Die benachbarten Lymphknoten und die Beckenwand sind aber noch nicht befallen. Auch bestehen keine Metastasen.
  • FIGO Stadium III: Der Tumor hat bereits die Beckenwand erreicht oder die nahegelegenen Lymphknoten befallen. Fernmetastasen in Organen außerhalb des Beckens haben sich jedoch noch nicht gebildet.
  • FIGO Stadium IVA: Der Tumor hat sich auf andere Organe wie den Enddarm oder die Blase ausgeweitet. Auch besteht die Möglichkeit, dass er Organe außerhalb des kleinen Beckens befallen hat. Ebenso können die Lymphknoten betroffen sein. Fernmetastasen in Organen außerhalb des Beckens sind noch nicht vorhanden.
  • FIGO Stadium IVB: Dieses Stadium beschreibt sämtliche Tumorstadien (mit oder ohne den Befall der Lymphknoten), im Rahmen derer sich Fernmetastasen gebildet haben.

Die Behandlung eines Vaginalkarzinoms

Der Sitz des Tumors und das Krankheitsstadium bestimmten die Art der Therapie: Bei einigen Vaginalkarzinom-Vorstufen reicht bereits die regelmäßige Verlaufskontrolle aus. Hat sich bereits ein bösartiger Tumor gebildet, kann dieser entweder im Rahmen einer Operation, einer Chemotherapie oder einer Strahlentherapie behandelt werden.

Die Behandlung von Vorstufen

Um Frauen mit einer gering- bzw. mittelgradigen Vaginalen Intraepithelialen Neoplasie zu untersuchen, macht der Frauenarzt regelmäßig Zellabstriche. So wird der Verlauf kontrolliert – die Veränderungen im Rahmen der Vaginalen Intraepithelialen Neoplasie bilden sich nicht selten von selbst zurück. Sollten die Veränderungen jedoch auch noch nach sechs Monaten bestehen, müssen diese chirurgisch entfernt werden. Eine alternative Behandlungsmöglichkeit ist die Entfernung mit einem Laser.

Die Behandlung mittels Operation

In Fällen, in denen der Scheidenkrebs im oberen Drittel des Geschlechtsorgans liegt, werden nicht nur der Tumor, sondern auch einige Lymphknoten sowie die Gebärmutter entfernt. Sollte das Karzinom im unteren Bereich der Scheide liegen, werden i.d.R. der Tumor und die Lymphknoten der Leiste entfernt.

Bei einem kleinen Scheidentumor kann das Geschlechtsorgan erhalten werden bzw. es kann wiederhergestellt werden. Im Falle eines großen Tumors kann die Scheide jedoch nicht vollständig erhalten werden. Hat der Tumor auch den Darm, die Harnblase oder andere Beckenorgane befallen, müssen auch Teile dieser entfernt werden.

Stadium III und Stadium IV bedeutet Strahlentherapie

Eine Strahlentherapie kommt i.d.R. zum Einsatz, wenn der Tumor die Stadien III und IV erreicht hat. Dabei besteht sowohl die Möglichkeit, den Krebs von außen zu bestrahlen (perkutane Therapie) als auch die Möglichkeit, ihn von innen den Strahlen auszusetzen (Brachytherapie). Im Rahmen der Brachytherapie platziert der behandelnde Arzt ein kleines Röhrchen in der Scheide der Patientin. Dieses Röhrchen ist strahlungsaktiv. Ebenso besteht die Möglichkeit, radioaktive Nadeln unmittelbar in den Tumor einzubringen.

Sowohl die perkutane Therapie als auch die Brachytherapie müssen in bestimmten Zeitabständen wiederholt werden. Beste Ergebnisse liefert eine Kombination der beiden Strahlentherapien. Da die Strahleneinwirkung zu einer Verengung oder Verklebung des Geschlechtsorgans führen kann, werden während der Therapie Tamponaden oder Salben eingesetzt.

Chemotherapie bei weit fortgeschrittenem Scheidenkrebs

Eine Chemotherapie kommt i.d.R. nur zu Einsatz, wenn mit den beiden zuvor erläuterten Behandlungsmethoden keine Erfolge erzielt wurden bzw., wenn der Tumor weit fortgeschritten ist. Eine Chemotherapie wird meistens mit einer Strahlentherapie kombiniert.

Krankheitsverlauf und Prognose

Wenn Scheidenkrebs nicht rechtzeitig behandelt wird, kann er das umliegende Gewebe angreifen und sich auf benachbarte Organe ausbreiten. Vor allem die Vulva (äußere Scheide), der Enddarm, die Harnblase und der Gebärmutterhals können von dieser Ausbreitung betroffen sein. Ebenso können über Lymphknoten entfernte Organe befallen werden, sodass sich Metastasen bilden. Zudem besteht die Möglichkeit, dass ein sehr großes Scheidenkarzinom die Harnleiter einengt und einen gefährlichen Harnstau in den Nieren verursacht.

In Bezug auf die Krebsvorstufen lässt sich sagen, dass, wenn diese rechtzeitig behandelt werden, die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Auftritts sehr gering ist. Hat sich bereits ein Vaginalkarzinom gebildet, ist die Heilungschance hingegen deutlich geringer. Die Prognose hängt dann maßgeblich davon ab, in welchem Stadium der Krebs erkannt wurde. Aus diesem Grund nimmt die Vorsorgeuntersuchung eine sehr bedeutende Rolle ein!

Es bestehen keine Maßnahmen zur direkten Vorbeugung

Es sind keine Maßnahmen zur Prophylaxe von Scheidenkrebs bekannt. Sollten Frauen über die Anzeichen eines Vaginalkarzinoms klagen, sollten sie unbedingt einen Gynäkologen aufsuchen, um die Ursache abzuklären – die Heilungschancen bei Scheidenkrebs sind umso besser, je früher die Erkrankung erkannt wird!

Am besten, Frauen nehmen regelmäßig eine gynäkologische Früherkennungsuntersuchung in Anspruch. Im Rahmen dieser Untersuchung wird Frauen ab einem Alter von 30 Jahren zudem eine spezielle Scheiden-Untersuchung empfohlen. Über diese kann man sich bei seinem Gynäkologen informieren.

Eine Schutzimpfung gegen humane Papillomviren wird für Mädchen im Alter zwischen neun und 14 Jahren empfohlen. Dabei gilt zu beachten, dass man sich auch trotz dieser Impfung regelmäßig untersuchen lassen sollte! Der Grund ist, dass das HP-Virus nur ein Risikofaktor für die Entstehung von Scheidenkrebs ist.

Aktualisiert am 17. Februar 2021