Phäochromozytom

Bei einem Phäochromozytom handelt es sich um einen Tumor, der in den allermeisten Fällen vom Nebennierenmark ausgeht. Der Tumor kann aber auch außerhalb der Nebennieren auftauchen und zwar entlang des sogenannten sympathischen Grenzstrangs. In diesem Fall spricht man von einem extra-adrenalen Paragangliom. Der Grenzstrang ist ein Nervenstrang, welcher im Brust- und Bauchbereich entlang der Wirbelsäule verläuft. Der Tumor betrifft vor allem Erwachsene, kann aber auch im Kindesalter auftreten. Das Phäochromozytom gehört zu den seltenen Tumor-Arten.

Die Funktion der Nebennieren

Der Mensch besitzt zwei Nebennieren. Diese gehören zu den wichtigen Hormondrüsen des Organismus. Die Nebennieren sitzen jeweils am oberen Ende einer Niere. Sie werden nach ihrer Funktion in zwei Abschnitte unterteilt: das Nebennierenmark und die Nebennierenrinde. In der Nebennierenrinde werden überwiegend Steroidhormone, welche u.a. den Wasser-, den Zucker- und den Mineralhaushalt regulieren, gebildet. Eines dieser wichtigen Hormone ist das Kortisol.

Das Nebennierenmark ist wiederum für die Produktion von Adrenalin und Noradrenalin, sogenannte Katecholamine, zuständig. Diese beiden Hormone haben einen starken Einfluss auf das vegetative Nervensystem. Sie werden auch als Stress- und Fluchthormone bezeichnet. Der Grund hierfür ist, dass die Ausschüttung der Hormone den Körper dazu befähigt, auf sämtliche Arten von Stress zu reagieren – werden Adrenalin und Noradrenalin ausgeschüttet, erweitern sich die Bronchien, der Herzschlag wird beschleunigt und der Blutdruck steigt. Gleichzeitig werden Funktionen, die nicht der „Flucht“ dienen, gedrosselt. So beispielsweise die Magen-Darm-Vorgänge.

Eine gesteigerte Produktion von Hormonen

Besteht ein Phäochromozytom, werden die Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin vermehrt gebildet. In einigen Fällen wird auch mehr Dopamin produziert. Dieses Hormon stellt einen wichtigen, vor allem erregenden, Neurotransmitter dar. Ein Phäochromozytom ist in mehr als 80 Prozent der Fälle gutartig. Der Tumor taucht i.d.R. einseitig auf, d.h. meistens ist lediglich eine Nebennierenrinde befallen.

Die Symptome eines Phäochromozytoms

Die Symptome im Rahmen eines Phäochromozytoms lassen sich vor allem durch die vermehrte Ausschüttung von Adrenalin und Noradrenalin erklären. Die Symptome können sich in ihrer Art und in ihrer Ausprägung unterscheiden. Es besteht auch die Möglichkeit, dass ein Phäochromozytom keinerlei Beschwerden hervorruft. In solch einem Fall wird der Tumor meist durch Zufall, also im Rahmen einer anderen Untersuchung entdeckt. Ein charakteristisches Symptom ist ein erhöhter Blutdruck. Dieser steigt im Falle eines Phäochromozytoms plötzlich an. Dieser anfallsartige Anstieg wird als paroxysmale Hypertonie bezeichnet. Der Blutdruck kann derart ansteigen, dass Lebensgefahr besteht. In diesem Fall sprechen Mediziner von einer hypertensiven Krise bzw. von einer Blutdruckkrise. Diese besondere Art von Bluthochdruck tritt bei der Hälfte aller Phäochromozytom-Patienten auf.

Es besteht die Möglichkeit, dass das Phäochromozytom zu einem dauerhaft hohen Blutdruck führt. Dieses Phänomen wird als persistierende Hypertonie bezeichnet. Zusätzlich zu dem typischen Bluthochdruck können die folgenden Beschwerden auftreten:

  • Herzklopfen, das sich bis zum Herzrasen ausweiten kann
  • Zittern (Tremor genannt)
  • Eine innere Unruhe, die zu Beklemmungsängsten und Panikgefühlen führen kann
  • Schweißausbrüche
  • Kopfschmerzen
  • Angina pectoris
  • Eine blasse Gesichtsfarbe
  • Ein ungewollter Gewichtsverlust

Da der hohe Spiegel an Adrenalin zu einem Anstieg des Blutzuckerspiegels führt, kann sich nach einer gewissen Zeit eine Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) entwickeln.

Erbkrankheiten, die ein Phäochromozytom begünstigen können

Ein Phäochromozytom kann durch eine Mutation des Erbguts entstehen. An solch einem erblich bedingten Tumor erkranken überwiegend unter 40 Jahre alte Personen. Die folgenden Erbkrankheiten können ein Phäochromozytom begünstigen:

  • Von Hippel-Lindau-Syndrom: Im Rahmen dieser Krankheit entstehen Geschwulste im Gehirn, an der Netzhaut und im Rückenmark. Typisch für das Syndrom ist außerdem ein Phäochromozytom des Nebennierenmarks.
  • Multiple Endokrine Neoplasie Typ 2: In diesem Fall befindet sich die Genmutation auf dem Chromosom 10. Durch die Veränderung des Gens bilden sich häufig Tumore in hormonproduzierenden Organen wie der Schilddrüse und den Nebennieren.
  • Neurofibromatose Typ I: Die gebildeten Tumore gehen vom Nervengewebe aus und betreffen besonders das Gehirn, die Augen und die Haut. Aber auch Phäochromozytome kommen gehäuft vor.

Ist keine dieser Erbkrankheiten für die Entstehung des Tumors verantwortlich, ist die Ursache i.d.R. unklar. Ein Phäochromozytom, dessen Auslöser nicht bekannt ist, wird in der Medizin als sporadisches Phäochromozytom bezeichnet.

Die Diagnose durch einen Überschuss an Stresshormonen

Das hauptsächliche Ziel im Rahmen der Diagnosestellung ist der Nachweis des Überschusses an Adrenalin und Noradrenalin. Da die Werte der Stresshormone auch bei gesunden Menschen stark schwanken können, ist eine einmalige Blutabnahme in diesem Kontext wenig sinnvoll: Um einen Befund machen zu können, wird eine 24-Stunden-Sammelurin-Bestimmung durchgeführt. Sollten die Werte leicht erhöht sein, muss eine erneute Kontrolle bzw. eine weitere Testung wie der Clonidin-Test erfolgen. Lässt sich ein Hormonüberschuss nachweisen, folgen bildgebende Untersuchungsverfahren:

Per Kernspintomographie und/ oder Computertomographie kannn die Nebennierenregion bildlich dargestellt werden. Sollte das Phäochromozytom außerhalb der Nebenniere liegen, müssen andere Verfahren wie eine MIBG-Szintigraphie zum Einsatz kommen.

Da ein Phäochromozytom häufig eine genetische Ursache hat und weil es im Rahmen von Syndrom-Erkrankungen vorkommen kann, werden ggf. zusätzliche genetische Testungen vorgenommen.

Die Behandlung eines Phäochromozytoms

Eine Operation dient der ursächlichen Behandlung

Um das Phäochromozytom ursächlich behandeln zu können, wird der Tumor operativ entfernt. Diese Entfernung erfolgt im Rahmen eines sogenannten laparoskopischen Eingriffs. Dieser wird minimal-invasiv durchgeführt. Der Arzt führt die Instrumente über kleine Schnitte in der Bauchdecke ein und entfernt den Tumor. Sollte dieser größere Ausmaße haben oder schwer zugänglich sein, kann aber auch ein größerer Bauchschnitt, Laparotomie genannt, notwendig sein. Damit während der Operation keine Blutdruckkrisen entstehen, erhält der Patient zwei Wochen vor dem chirurgischen Eingriff i.d.R. ein blutdrucksenkendes Medikament.

In den meisten Fällen bildet sich ein Phäochromozytom zwar nur einseitig aus, sodass die andere Nebenniere weiterhin ausreichend Hormone produziert, doch auch beide Nebennieren können betroffen sein. In diesem Fall kann im Anschluss an die Operation ein Steroidhormon- und ein Katecholamin-Mangel auftreten. Es gilt, die fehlenden Hormone durch Medikamente zu ersetzen.

Weitere Therapiemaßnahmen

Je nachdem, ob der Tumor gut- oder bösartig ist, werden weitere Behandlungsstrategien angewandt. Bei malignen Phäochromozytomen können sich Metastasen bilden. Diese können mit einer Chemotherapie oder einer sogenannten Radio-Iod-Therapie bekämpft werden.

Nicht-operables Phäochromozytom: Symptome lindern

Es gibt Fälle, in denen das Phäochromozytom nicht operiert werden kann. In solch einem Fall liegt das primäre Ziel der Therapie darin, die durch den Überschuss an Stresshormonen hervorgerufenen Symptome zu lindern. Blutdruckkrisen lassen sich beispielsweise mit Alpha-Blockern und anderen geeigneten Medikamenten vermeiden. Diese blockieren die Andockstellen der Stresshormone und reduzieren so deren Wirkung.

Die Prognose fällt unterschiedlich aus

Die Prognose für ein Phäochromozytom kann von Fall zu Fall sehr unterschiedlich sein. Statistiken zeigen, dass die Fünf-Jahresüberlebensrate bei einem gutartigen Tumor etwa 95 Prozent beträgt. Im Falle eines bösartigen Tumors, der Tochtermetastasen gebildet hat, liegt diese Rate nur noch bei knapp 45 Prozent.

Nur vorbelastete Familien können vorbeugen

Da außer einigen Erbkrankheiten keine Ursachen für ein Phäochromozytom bekannt sind, kann man einem solchen Tumor so gut wie nicht vorbeugen. Lediglich vorbelastete Familien können eine genetische Beratung in Betracht ziehen, um eventuell vorbeugende Untersuchungen einzuleiten. In genetischen Beratungsstellen kann die ungefähre Wahrscheinlichkeit eines Phäochromozytoms bestimmt werden.

Aktualisiert am 17. Februar 2021