Niereninsuffizienz

Die Nieren sind zehn Zentimeter lang und wiegen etwa 200 Gramm. Somit sind sie ein eher kleines Organ. Dennoch erfüllen sie enorm wichtige Aufgaben im menschlichen Körper. Zu diesen Aufgaben gehören:

  • Die Regulierung des Wasserhaushalts und des Elektrolythaushalts
  • Die Regulierung des Säure-Basen-Haushalts
  • Die Blutdruckregulation
  • Die Umwandlung von inaktivem zu aktivem Vitamin D
  • Die Bildung von Hormonen wie Renin und Erythropoetin
  • Die Ausscheidung von bestimmten Stoffwechselprodukten und Giften

Letztere ist sicherlich eine der wichtigsten Aufgaben der Nieren. Kommen sie dieser nicht mehr nach, ist die Rede von einer Niereninsuffizienz. Zu einer solchen eingeschränkten Funktion kann es kommen, wenn das Nierengewebe erkrankt. Als Folge sammeln sich die sonst ausgeschiedenen Stoffe im Organismus an und führen zu einer Vergiftung dessen. Zudem überwässert der Körper. Solch ein Nierenversagen kann sowohl plötzlich als auch schleichend, also über einen längeren Zeitraum entstehen. Im ersten Fall spricht man von einer akuten Niereninsuffizienz, im zweiten Fall von einer chronischen Niereninsuffizienz. Bei der chronischen Form übernimmt das gesunde Nierengewebe eine gewisse Zeit lang die Aufgaben des erkrankten Gewebes. Aus diesem Grund wird die chronische Niereninsuffizienz häufig erst in einem späten Stadium oder sogar durch Zufall entdeckt.

Die Zahl der Fälle steigt

Frauen sind häufiger von einer Niereninsuffizienz betroffen als Männer. Im Jahr 2009 sind insgesamt 95.000 Menschen in Deutschland an einer Niereninsuffizienz erkrankt. In den letzten Jahren haben Forscher und Statistiker festgestellt, dass sowohl die Anzahl der neu behandlungsbedürftigen Patienten als auch die der Patienten je Millionen Einwohner kontinuierlich steigt. Beobachtet wurde auch, dass das durchschnittliche Alter der Patienten stetig zunimmt. Letzteres ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die Menschen generell immer älter werden und dass die Lebenserwartung bei chronischen Erkrankungen wie Bluthochdruck und Diabetes höher ist als in vergangenen Zeiten – Bluthockdruck und Diabetes sind die zwei Hauptrisikofaktoren für eine Niereninsuffizienz.

Die Symptome einer Niereninsuffizienz

Die auftretenden Symptome hängen maßgeblich von der Form als auch von dem Stadium der Erkrankung ab. Außerdem besteht ein enger Zusammenhang zwischen den Beschwerden und den Grund- sowie den Begleiterkrankungen.

Symptome der akuten Niereninsuffizienz

Zu Beginn einer akuten Niereninsuffizienz leidet der oder die Betroffene vor allem an den Beschwerden, die auf die Grunderkrankung zurückzuführen sind. Im weiteren Verlauf (nach einigen Stunden bis Tagen) kommt es zu einer Oligurie, d.h. die Harnproduktion wird vermindert. Diese versiegt immer mehr, bis sie letztendlich ganz eingestellt wird. Ist das der Fall, wird von einer Anurie gesprochen. Weitere Symptome sind Übelkeit und Müdigkeit. Außerdem sind die Betroffenen immer weniger ansprechbar. Im Körper und vor allem in der Lunge lagert sich Wasser ein – Atembeschwerden können die Folge sein. Zudem treten nicht selten Herzrhythmusstörungen auf. Wird die akute Niereninsuffizienz rechtzeitig behandelt, kann sie sich komplett zurückbilden. Setzt die Therapie hingegen zu spät ein, kann die entstehende Vergiftung des Körpers lebensbedrohliche Ausmaße annehmen.

Symptome der chronischen Niereninsuffizienz

Ebenso wie die akute Form verläuft die chronische Niereninsuffizienz in vier Stadien. Im ersten Stadium sind die Nieren noch dazu in der Lage, die Funktion des erkrankten Nierengewebes zu kompensieren. Es entstehen keine Symptome und wenn, dann lediglich ein vermehrtes Wasserlassen in der Nacht. Dieses Stadium kann über mehrere Jahre andauern. Mit ihm können Unwohlsein und ein Leistungsknick einhergehen. Wird das Nierengewebe weiter zerstört, bewirken die zurückgehaltenen Abfallprodukte und Gifte sowie das Wasser immer stärkere Beschwerden an sämtlichen Organen. Die Haut kann jucken und sich gelb färben. Es kann zu Konzentrations- und Schlafstörungen kommen.

Übelkeit, Erbrechen und Durchfall sind weitere Symptome. Außerdem können die Geschmacksnerven beeinträchtigt sein und Kopfschmerzen können entstehen. Ebenso kann es zu Atemproblemen, zu Herzrhythmusstörungen und –Entzündungen kommen. Der Blutdruck kann zu niedrig oder zu hoch sein. Im weiteren Verlauf ist der oder die Betroffene sehr anfällig für Infekte, es kann zu Gerinnungsstörungen und zu einer Knochenerweichung kommen. Dadurch, dass bei einer Niereninsuffizienz weniger Erythropoetin gebildet wird – dieses dient der Bildung von Blut -, kann mit der Erkrankung eine Anämie (Blutarmut) einhergehen.

Im letzten Stadium, der sogenannten terminalen Niereninsuffizienz, entstehen aufgrund der Harnvergiftung schwere Störungen des Nervensystems. Zu diesen Störungen gehören eine Bewusstlosigkeit, die bis zum Koma reichen kann, Krampfanfälle sowie eine Verwirrtheit. Ist diese Phase erreicht, kann der Patient nur noch überleben, wenn er sich ein Leben lang einer Dialysebehandlung (Blutwäsche) unterzieht. Eine weitere mögliche Therapiemaßnahme besteht in einer Nierentransplantation.

Es bestehen diverse mögliche Ursachen

Die Ursachen für eine Niereninsuffizienz sind ebenso vielfältig wie die Symptome. Auch die Ursachen für die beiden Formen unterscheiden sich voneinander. Zu einer akuten Niereninsuffizienz kommt es überwiegend, wenn die Nieren plötzlich nicht mehr genug durchblutet werden. Hierzu kann es aufgrund eines Blutverlustes, wie es beispielsweise bei einem Unfall der Fall ist, kommen. Außerdem kann ein jäher Abfall des Blutdrucks die Ursache sein. Das ist beispielsweise bei einem Schock der Fall. Ebenso kann eine allergische Schädigung der Nierenkörperchen durch Pilze oder Medikamente ein akutes Nierenversagen bedingen. Und auch eine Vergiftung, welche das Nierengewebe schädigt, ist eine mögliche Ursache.

Die chronische Niereninsuffizienz entsteht hingegen meistens durch eine Entzündung der Nierenkörperchen oder durch eine Nierenschädigung, die auf einen langjährigen Bluthochdruck oder auf eine langjährige Zuckerkrankheit zurückzuführen ist. Im letzten Fall spricht man von einer diabetischen Nephropathie. Seltene Auslöser der chronischen Niereninsuffizienz sind Entzündungen des Nierenbeckens, Zystennieren und Nierensteine sowie weitere Entzündungen und Erkrankungen.

Die Symptome und die Nierenwerte als wichtigste Diagnosegrößen

Die Symptome und die Nierenwerte im Blut gelten als die wichtigsten Größen für die Diagnose. Damit der Verschlechterung der Nierenfunktion entgegengewirkt werden kann, müssen diese regelmäßig überwacht werden. Es können Ultraschall- und Urinuntersuchungen durchgeführt werden. Außerdem wird die Wassereinlagerung geprüft, indem eine Bilanz der eingeführten und der ausgeführten Flüssigkeit aufgestellt wird. Ebenso dient die Messung des Körpergewichts für die Bestimmung der Wassereinlagerung. Es können weitere Tests durchgeführt werden, die sich nach der vermuteten Grunderkrankung und nach den auftretenden Beschwerden richten.

Die Therapie hängt von der Form und dem Stadium der Erkrankung ab

Die angewendeten Therapiemaßnahmen richten sich nach dem Stadium und der Form der Erkrankung. Im Falle eines akuten Nierenversagens gilt es, den oder die Betroffene schnellstmöglich in ein Krankenhaus zu bringen. Hier wird die Grunderkrankung therapiert. Ist diese erfolgreich behandelt worden, bilden sich die Gewebeveränderungen zurück und die Prognose ist günstig. Wird die Grunderkrankung hingegen nicht erfolgreich behandelt, wird der Organismus immer weiter vergiftet, sodass Lebensgefahr besteht.

Ein weiterer Bestandteil der Therapie im Rahmen der akuten Niereninsuffizienz ist die symptomatische Therapie: Die Ernährung wird angepasst, es werden diverse Medikamente und Infusionen verabreicht. Auch eine vorübergehende Dialyse kann notwendig sein.

Mit der chronischen Niereninsuffizienz geht immer ein unumkehrbarer Verlust an Gewebe einher. Es gilt, die Grunderkrankung zu behandeln, um ein Fortschreiten der Gewebezerstörung zu verhindern. Im Falle von Diabetes heißt das beispielsweise, dass eine gute Einstellung des Patienten erfolgen muss. Ein weiterer Bestandteil der Therapie ist eine Diät. Zudem werden harntreibende Medikamente eingesetzt und diverse Mittel sollen den Knochenveränderungen entgegenwirken. Besteht eine Blutarmut, wird das fehlende Hormon namens Erythropoetin gegeben. Ist das letzte Stadium der chronischen Niereninsuffizienz erreicht, muss entweder eine Nierentransplantation durchgeführt werden oder der Patient muss sich ein Leben lang einer Dialyse unterziehen.

So kann man einer Niereninsuffizienz vorbeugen

Ein simpler Urintest dient der Früherkennung

Bereits lange bevor die ersten Symptome auftreten, kann eine gestörte Nierenfunktion durch einen einfachen Urintest nachgewiesen werden. Einen Hinweis auf eine Fehlfunktion der Nieren gibt beispielsweise ein erhöhter Anteil von Eiweiß im Urin. Andere Werte wie die des Harnstoffs und des Kreatinins steigen hingegen erst an, wenn die Nieren bereits deutlich geschädigt sind und an Funktion eingebüßt haben.

Die vorsorgliche Untersuchung auf Bluthochdruck und Diabetes

Ein sogenannter Check-up kann Aufschluss über die beiden größten Risikofaktoren für die Niereninsuffizienz – den Bluthochdruck und Diabetes – geben. Dabei gilt ein hoher Blutdruck gleich in zweierlei Hinsicht als Alarmzeichen. Auf der einen Seite schädigt er direkt die Nierenkörperchen, sodass diese nach und nach mehr ausfallen. Auf der anderen Seite sind die Nieren dazu in der Lage, den Blutdruck über Hormone zu steuern, um eine gute Durchblutung zu erreichen. Sind die Nierenarterien bereits krankhaft verengt, wird der Blutdruck von dem Organ weiter in die Höhe getrieben und es kann sich eine gefährliche Eigendynamik entwickeln.

Die kleinen Nierengefäße werden auch durch hohe Blutzuckerwerte geschädigt. Wenn eine Person an Diabetes leidet, sollte sie darauf achten, dass sie gut eingestellt ist. So kann der Entstehung einer Niereninsuffizienz vorgebeugt werden bzw. lässt sich so zumindest das Risiko für die Entstehung stark reduzieren. Diabetes-Patienten sollten deshalb regelmäßig zur Kontrolle gehen.

Die beste Prophylaxe: ein gesunder Lebensstil

Die beste Prophylaxe gegen sämtliche Grunderkrankungen und somit auch gegen eine Niereninsuffizienz ist ein gesunder Lebensstil. Wer sich ausgewogen ernährt und nicht raucht, weist beispielsweise geringere Cholesterinwerte als eine sich ungesund ernährende Person auf und trägt zu einer geringeren Belastung der Gefäßwände bei. Zudem sollten täglich etwa zwei Liter Flüssigkeit zugeführt werden. Dabei ist die Rede nicht von zuckerhaltigen oder alkoholischen Getränken, sondern von Saftschorlen bzw. im besten Fall Wasser. Darüber hinaus belasten einige Medikamente die Nieren stark. Wer regelmäßig Medikamente einnimmt, sollte den Arzt nach ihren Auswirkungen auf die Nieren fragen und sich ggf. nach Alternativen erkundigen. Ein Wechsel oder gar eine Absetzung der Medikamente darf aber in keinem Fall ohne Rücksprache mit dem Arzt erfolgen!

Aktualisiert am 17. Februar 2021