Narkolepsie

Ein im Allgemeingebrauch häufig verwendeter Begriff für die Narkolepsie ist „Schlafsucht“ oder „Schlummersucht“. Es werden drei Formen der Narkolepsie unterschieden:

  1. Die klassische Narkolepsie: Narkolepsie mit Muskelerschlaffung (Kataplexie)
  2. Narkolepsie ohne Muskelerschlaffung
  3. Sekundäre Narkolepsie: entsteht durch Verletzungen des Hirnstamms oder des Hypothalamus (z.B. durch Tumore)

Die Narkolepsie stellt eine seltene neurologische Erkrankung dar, die zu der Gruppe der Schlafsucht (Hypersomnie) gehört. Sie schränkt die Betroffenen zum Teil stark ein, gilt aber nicht als gefährlich. Menschen, die an Narkolepsie leiden, haben diese ein Leben lang – die Krankheit ist nicht heilbar. In Deutschland sind laut Schätzungen etwa 40.000 Menschen an der „Schlafsucht“ erkrankt.

Heftiger Schlafdrang, plötzlicher Verlust des Muskeltonus und weitere Symptome

Bei Menschen mit Narkolepsie ist der Teil des Gehirns gestört, welcher für die Steuerung des Schlaf-Wach-Rhythmus verantwortlich ist. Das typische Symptom der Narkolepsie ist, dass die Betroffenen ohne vorherige Anzeichen einschlafen und zwar in den – für gesunde Menschen – unmöglichsten Situationen. So können Narkolepsie-Patienten beispielswiese beim Essen oder mitten im Gespräch einschlafen. Viele der Patienten weisen zusätzlich eine Kataplexie auf, d.h. sie laufen nicht nur Gefahr plötzlich einzuschlafen, sondern auch zusammenzusacken, da die Muskeln schlagartig erschlaffen. Während der Tonus der Muskeln verloren geht, sind die Patienten meist bei vollem Bewusstsein. Im Einzelnen sind die typischen Merkmale einer Narkolepsie:

  • Eine extreme Tagesschläfrigkeit sowie heftiger Schlafdrang: Dieses Symptom betrifft alle Patienten mit einer Narkolepsie. Situationen, die auch bei Gesunden zu Ermüdung führen, wecken bei den Betroffenen ein Schlafbedürfnis aus, dem sie nicht widerstehen können. Ein Beispiel hierfür sind Veranstaltungen in abgedunkelten Räumen (z.B. Vorlesungen in der Universität). Kritisch sind diese Situationen vor allem, wenn sie monoton sind und als langweilig empfunden werden. Dabei werden die Betroffenen bereits nur durch ihre Passivität schläfrig. Kommen all diese Faktoren zusammen, kann ein Narkoleptiker dem Schlaf in keinem Fall widerstehen. Oft reicht aber schon ein einziges dieser Merkmale aus. Die Betroffenen können zwar aufgeweckt werden, schlafen i.d.R. aber sofort wieder ein, sofern sie nicht ausreichend geschlafen haben. Anzeichen, die auf die Schläfrigkeit der Betroffenen hinweisen, sind eine undeutliche Aussprache und ein unsicherer Gang. Außerdem bekommen sie einen tranigen und glasigen Blick.
  • Kataplexie: Bei den meisten Narkoleptikern kommt noch eine Kataplexie hinzu. Diese stellt das zweite Hauptmerkmal der Krankheit dar. Die Muskelspannung geht urplötzlich verloren, sodass die Betroffenen die Kontrolle über ihren Bewegungsapparat verlieren. Dabei sind die Patienten bei vollständigem Bewusstsein, d.h. sie können sich nach dem Zusammensacken an alles erinnern. Das führt oft zu sehr unangenehmen Gefühlen gegenüber den Mitmenschen. Typische Auslöser für die Kataplexie sind Freude, Überraschungen, Furcht und andere heftige Gefühlsanregungen. Die Kataplexie dauert i.d.R. nur einige Sekunden. Sie betrifft häufig die gesamte Muskulatur. Es bestehen aber auch leichtere Formen der Kataplexie. Bei diesen sind nur bestimmte Muskelpartien betroffen, sodass Narkoleptiker beispielsweise häufig Gläser runterfallen lassen, wenn die Arme bzw. die Hände betroffen sind.
  • Schlaflähmungen: Etwa die Hälfte aller Narkolepsie-Patienten können sich beim Übergang zwischen wachen und schlafen bzw. umgekehrt nicht bewegen, geschweige denn sprechen. Diese Schlaflähmungen dauern einige Sekunden bis einige Minuten an. Sie führen zu extremen Ängsten und enden meist spontan.
  • Gestörter Nachtschlaf: Auch von diesem Symptom ist etwa die Hälfte aller Patienten betroffen. Der gestörte Nachtschlaf entwickelt sich meist erst im Verlauf der Krankheit. Die Betroffenen liegen lange wach im Bett und weisen einen sehr leichten Schlaf auf, der nicht sonderlich erholsam ist. Deshalb sind Narkoleptiker morgens sehr müde. Auch Albträume gehören zu den Herausforderungen, die mit diesem Symptom einhergehen. Außerdem schlafwandeln viele Narkoleptiker und häufig entsteht eine motorische Unruhe.
  • Halluzinationen: Diese Art von Sinnestäuschungen tritt beim Übergang zwischen der Wach- und der Schlafphase auf. Sie werden deshalb auch als hypnagoge Halluzinationen bezeichnet. Demgegenüber stehen die hypnopompen Halluzinationen. Hier leiden die Betroffenen beim Aufwachen an Sinnestäuschungen. Die Halluzinationen dauern meist einige Minuten an.
  • Automatisches Verhalten: Dieses Verhalten kann auftreten, wenn versucht wird, dem Schlafdruck nicht nachzugeben. Begonnene Situationen und Handlungen werden einfach fortgeführt. So kommt es beispielsweise zu Situationen, in denen Narkoleptiker eine Leiter hinaufgehen ohne ihre Umwelt wahrzunehmen. Das automatische Verhalten kann aber auch viel gefährlichere Situationen wie den Umgang mit Messern oder das Überqueren einer Straße betreffen. Der Patient kann sich i.d.R. nicht an sein Verhalten in diesen Situationen erinnern.

Neben den erläuterten typischen Merkmalen können mit der „Schlafsucht“ weitere Symptome wie Kopfschmerzen oder gar eine Migräne einhergehen. Es kann zu Depressionen und zu Veränderungen der Persönlichkeit kommen. Auch leiden viele Narkoleptiker an Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen.

Die genauen Ursachen für die Erkrankung werden noch erforscht

Die genauen Ursachen für die Narkolepsie sind bis heute ungeklärt. Fest steht allerdings, dass bei der Krankheit Nervenzellen kaputtgehen, die für die Herstellung des Botenstoffes Hypocretin verantwortlich sind. Dieser Neurotransmitter spielt eine wichtige Rolle bei der Regulation zwischen Schlaf- und Wachphasen. Die das Eiweiß produzierenden Nervenzellen befinden sich im sogenannten lateralen Hypothalamus, einer kleinen Gehirnregion.

Als Ursache für das Zugrundgehen der Zellen wird eine Autoimmunreaktion des Körpers angenommen. Diese Reaktion des Immunsystems ist gegen körpereigene Strukturen gerichtet. Warum es zu dieser Autoimmunreaktion kommt, ist nicht sicher. Eine Vermutung der Wissenschaft besteht darin, dass Narkoleptiker mit einem bestimmten genetischen Merkmal ausgestattet sind: Das HLA-System spielt eine wichtige Rolle für das Erkennen von Fremdkörpern und Erregern.

Der HLA-Typ, mit dem vor allem Narkoleptiker „ausgestattet“ sind (das Merkmal kommt vermindert auch bei gesunden Menschen vor), scheint in bestimmten Fällen jedoch fehl zu funktionieren, sodass die Autoimmunreaktion ausgelöst wird. Darüber hinaus besteht eine Annahme darin, dass erbliche Faktoren eine Rolle für die Entstehung der Krankheit spielen: Die Narkolepsie kommt in einzelnen Familien vermehrt vor.

So wird die Narkolepsie diagnostiziert

In einem ersten Schritt der Diagnose führt der Arzt mit dem Betroffenen ein Anamnesegespräch. In diesem werden die Symptome und andere mögliche Krankheiten thematisiert. Außerdem erkundigt sich der Arzt nach der Krankengeschichte der Familie. Klagt der Patient über eine Kataplexie und über Tagesschläfrigkeit, reichen diese Merkmale meist aus, um die Diagnose „Narkolepsie“ stellen zu können.

Eine Voraussetzung für die Diagnose ist dabei, dass die Schläfrigkeit seit mindestens drei Monaten besteht und täglich auftritt. Die Kataplexie hilft dem Arzt zusätzlich dabei, die Narkolepsie von anderen Krankheiten wie dem Restless-Legs-Syndrom abzugrenzen. Fehlt das Symptom Kataplexie hingegen, ist die Diagnosestellung nicht so einfach.

Dann werden Untersuchungen im Schlaflabor durchgeführt und der Patient wird gebeten, Schlaftagebücher und Schlaffragebögen auszufüllen. Im Schlaflabor werden während des Schlafs und mithilfe der sogenannten Polysomnographie Paramater wie die Herzfunktion, die Atmung und die Augenbewegungen gemessen. Mit einem sogenannten Multiplen Schlaflatenztest wird die Tagesschläfrigkeit des Patienten untersucht.

Auffälligkeiten, die im Schlaflabor auf eine Narkolepsie hinweisen, sind u.a. früh einsetzende REM-Phasen und die Tatsache, dass der Untersuchte nur kurze Zeit zum Einschlafen benötigt. Bei REM-Phasen handelt es sich um Schlafphasen, in denen die Atmung und die Herzfrequenz beschleunigt sind. Die Augen wandern bei geschlossenen Lidern hin und her und der Blutdruck stiegt. Diese Phasen kommen auch bei gesunden Menschen regelmäßig vor.

Sollte die Diagnose nicht sicher sein, kann eine Nervenwasserpunktion durchgeführt werden: Bei einer bestehenden Narkolepsie samt Kataplexie ist der Hypocretin-Spiegel enorm niedrig oder gar nicht nachweisbar. Sollte keine Kataplexie bestehen, kann der Wert bei einer Narkolepsie aber auch normal sein.

Weitere Untersuchungen, die der Diagnosestellung dienen können, sind bildgebende Verfahren wie eine Computertomographie des Gehirns.

Die Therapie: Maßnahmen, die den Patienten dabei helfen, im Alltag besser zurechtzukommen

Die Krankheit gilt als unheilbar. Es gibt allerdings einige Maßnahmen, die den Patienten dabei helfen, im Alltag besser mit der Narkolepsie zurechtzukommen. Ein bewährtes Mittel ist beispielsweise der Wirkstoff Modafinil. Dieser erhöht die Wachheit am Tag und zwar indem er auf die sogenannten Wach-Zentren im Gehirn einwirkt. Außerdem gibt es Medikamente, die den Nachtschlaf regulieren können. Ist die Medikation ideal auf den Patienten abgestimmt, kann dieser beinahe ein normales Leben führen.

Darüber hinaus sollten Narkolepsie-Patienten unbedingt ihr Umfeld von der Krankheit in Kenntnis setzen und zwar sowohl das private als auch das berufliche. So können Missverständnisse vermieden werden und die entsprechenden Personen können im Notfall handeln. Da sich die Betroffenen nicht selten sozial zurückziehen, muss mit der Behandlung der Narkolepsie frühestmöglich begonnen werden.

Der „Schlafsucht“ kann man nicht vorbeugen

Da die Ursachen bis heute unbekannt sind, kann man der Narkolepsie oder auch „Schlafsucht“ bzw. „Schlummersucht“ nicht vorbeugen. Wichtig ist deshalb, dass man die ersten Anzeichen für die Erkrankung ernst nimmt und einen Arzt aufsucht. So können Unfälle und andere Situationen mit unerwünschten Folgen vermieden werden. Einen Arzt sollten diejenigen aufsuchen, die …

… tagsüber plötzlich einschlafen (z.B. am Arbeitsplatz)
… tagsüber unnormal müde sind
… sich durch die Müdigkeit im Alltag beeinträchtigt fühlen.

Aktualisiert am 17. Februar 2021