Leukämie

Unter dem Begriff Leukämie werden verschiedene Krebserkrankungen des blutbildenden Systems zusammengefasst. Aus diesem Grund wird die Leukämie häufig auch als Blutkrebs bezeichnet. Allen diesen Krebsarten gemein ist, dass sich entartete Leukozyten, also weiße Blutkörperchen unkontrolliert vermehren.

Grundsätzlich wird zwischen einer lymphatischen und einer myeloischen Leukämie unterschieden. Von beiden Formen gibt es sowohl eine akute als auch eine chronische Variante. Diese unterscheiden sich nicht nur in ihrem Verlauf, sondern auch in Bezug auf die Symptome und die Therapie.

Zwei Grundformen der Leukämie

Bei den meisten Leukämie-Erkrankungen handelt es sich um eine lymphatische Leukämie. Während die chronische lymphatische Leukämie (CLL) vor allem ältere Menschen betrifft, erkranken an einer akuten lymphatischen Leukämie (ALL) vor allem Kinder und Jugendliche. Gemeinsam ist den beiden Varianten der lymphatischen Leukämie, dass hier vor allem die Lymphozyten, bei denen es sich um eine Art der weißen Blutkörperchen handelt, entarten.

Bei der myeloischen Leukämie entarten Zellen des Knochenmarks. Im Verlauf der Erkrankung drängen die kranken Zellen die gesunden Blutzellen zurück, sodass wichtige Abläufe im Blutsystem nicht mehr stattfinden können. Es gibt die akute myeloische Leukämie (AML) und die chronische myeloische Leukämie (CML).

Männer sind häufiger betroffen als Frauen

Eine besondere Rolle nehmen die Haarzell-Leukämie und die Leukämie bei Kindern ein: Die Haarzell-Leukämie ist sehr selten. Sie verdankt ihren Namen der Form der erkrankten Blutzellen. Des Weiteren stellt die Leukämie die häufigste Krebs-Erkrankung bei Kindern dar.

In Deutschland erkranken jedes Jahr mehr als 11.500 Menschen an Blutkrebs. Dabei sind Männer etwas häufiger betroffen als das weibliche Geschlecht. Das mittlere Erkrankungsalter des männlichen Geschlechts liegt bei 60 Jahren, Frauen erkranken durchschnittlich in einem Alter von 65 Jahren. Etwa fünf Prozent der Leukämie-Patienten sind Kinder. Je nach Altersgruppe sind die verschiedenen Formen der Leukämie unterschiedlich stark vertreten.

Allgemeine Symptome gefolgt von spezifischen Symptomen

Ist eine Person an Blutkrebs erkrankt, treten meist zunächst allgemeine, also unspezifische Symptome wie die folgenden auf:

  • Blasse Haut
  • Müdigkeit
  • Leistungsschwäche und Abgeschlagenheit
  • Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust
  • Infektanfälligkeit
  • Fieber
  • Nachtschweiß
  • Häufige blaue Flecken und kleine Hauteinblutungen
  • Vergrößerung der Lymphknoten, der Leber und der Milz

Treten solche Symptome auf, heißt das noch lange nicht, dass es sich um eine Leukämie handelt! Dennoch sollte bei einem Fortbestehen der Symptome ein Arzt aufgesucht werden, um die Ursache zu bestimmen.

Die spezifischen Symptome einer Leukämie entstehen durch eine gestörte Produktion der roten und weißen Blutkörperchen (Erythrozyten und Leukozyten) sowie der Blutplättchen (Thrombozyten). Als Folge sinkt die Anzahl der lebenswichtigen Zellen, was Beschwerden wie eine Blutarmut, Müdigkeit, Schwindelgefühle, Blässe und eine Atemnot hervorruft.

Darüber hinaus kommt es aufgrund der mangelnden Leukozyten zu einer Anfälligkeit des Immunsystems – vor allem Bakterien und Pilze haben leichtes Spiel, um den Organismus zu befallen. Der Mangel an Thrombozyten setzt wiederum die Blutgerinnung herab, wodurch der oder die Betroffene eine erhöhte Blutungsneigung aufweist. Aus diesem Grund haben Leukämie-Patienten häufig Nasenbluten, Blutergüsse etc.

Geht mit dem Blutkrebs eine Hirnhautentzündung einher, entstehen starke Kopfschmerzen und sogar Lähmungserscheinungen.

Während eine chronische Leukämie schleichend und häufig zunächst ohne typische Anzeichen verläuft, entwickeln sich die Symptome bei einer akuten Leukämie sehr rasch.

Ursachen und Risikofaktoren für Blutkrebs

Die genauen Ursachen für die verschiedenen Formen der Leukämie sind bis heute nicht geklärt. Man geht aber davon aus, dass genetische Faktoren eine Rolle bei der Entstehung von Blutkrebs spielen. Außerdem ist auffällig, dass Menschen mit Down-Syndrom ein vielfach erhöhtes Risiko für Blutkrebs aufweisen. Beide Formen der myeloischen Leukämie als auch die chronische lymphatische Leukämie treten überwiegend bei Erwachsenen im mittleren Alter auf. Wiederum scheint das junge Alter ein Risikofaktor für die Entstehung einer akuten lymphatischen Leukämie zu sein – die Form von Blutkrebs betrifft vor allem Kinder und junge Erwachsene.

Als weitere Risikofaktoren für eine akute Leukämie gelten Chemikalien wie das weitgehend verbotene Benzol und eine ionisierende Strahlung in hohen Dosen wie es beispielsweise bei einer Strahlentherapie der Fall ist. Außerdem wird in der Wissenschaft diskutiert, ob eine Unterforderung des Immunsystems in der Kindheit eine Rolle für die Entstehung von Blutkrebs spielt. Trotz umfassenden Forschungen konnte auch der Zusammenhang zwischen der Ernährung und Leukämie sowie der Zusammenhang zwischen dem Körpergewicht und Blutkrebs noch nicht bestätigt werden. Ebenso verhält es sich mit Sport und dem Blutkrebs sowie mit der elektromagnetischen Strahlung von Handys und der Erkrankung.

Wissenschaftler gehen davon aus, dass die meisten Patienten aufgrund einer Art von zufälligem Fehler bei der Zellteilung an Leukämie erkranken. Das bedeutet, dass es keinen konkreten Auslöser für Blutkrebs gibt.

Die Diagnose von Blutkrebs

Im Vergleich zu den chronischen Leukämie-Arten treten die akuten Formen rasch auf. Die Diagnose von Blutkrebs kann sich dennoch verzögern. Der Grund ist, dass die Erkrankungen eher selten sind bzw. dass die Symptome auch bei zahlreichen und vor allem harmloseren Krankheiten auftreten können. Sollte der Verdacht auf Leukämie bestehen, wird der Arzt zunächst das Blut des Patienten untersuchen und er wird eine Knochenmarkspunktion durchführen.

Im Rahmen der Blutuntersuchung wird ein Blutbild einschließlich eines sogenannten Differentialblutbildes angefertigt. Entscheidend für die Diagnose ist dabei nicht nur die Anzahl der Leukozyten, also der weißen Blutkörperchen, sondern auch die Zahl der sogenannten Blasten. Hierbei handelt es sich um Zellen, die noch nicht ausdifferenziert sind. Je höher der Anteil der Blasten im Vergleich zu den gesunden Blutzellen, desto wahrscheinlicher ist eine Leukämie. Eine sichere Diagnose lässt sich aber erst durch weitere Untersuchungen stellen. Deshalb werden u.a. auch die Leber- und die Nierenwerte überprüft. Außerdem wird das Blut auf eine mögliche Infektion mit Viren, Bakterien oder Pilzen hin untersucht.

Die Knochenmarkpunktion dient der Sicherung der Diagnose. Sie erfolgt am hinteren Beckenkamm: Der Arzt sticht mit einer Nadel in bzw. durch die Haut und zwar bis er den Knochen erreicht hat, um aus diesem eine Gewebeprobe entnehmen zu können. Bei Erwachsenen wird die Punktion in den meisten Fällen unter örtlicher Betäubung durchgeführt. Bei Kindern eignet sich wiederum eine kurze Vollnarkose. Nachdem die Gewebeprobe entnommen wurde, wird das Knochenmark unter dem Mikroskop untersucht. So kann festgestellt werden, ob für eine Leukämie typische Veränderungen vorliegen. Außerdem ermöglicht diese Untersuchung die Differenzierung zwischen einer akuten lymphatischen Leukämie und einer akuten myeloischen Leukämie. In einigen Fällen werden außerdem das Erbmaterial der entarteten Zellen sowie entnommene Lymphknoten untersucht.

Weitere Untersuchungen dienen der Wahl der geeigneten Therapie

Hat sich der Verdacht auf Blutkrebs bestätigt, werden weitere Untersuchungen durchgeführt, um festzustellen, ob auch Organe von der Erkrankung betroffen sind bzw. in welchem Zustand sich diese befinden. Auf der Basis dieser weiterführenden Untersuchungen wird anschließend die richtige Therapiemaßnahme gewählt. Die weiterführenden Untersuchungen umfassen u.a. eine Röntgenuntersuchung des Brustkorbs, eine Untersuchung des Herzens sowie eine Lumbalpunktion. Bei der letzteren handelt es sich um die Entnahme einer Probe aus der Rückenmarksflüssigkeit. So soll festgestellt werden, ob das Gehirn von der Leukämie befallen ist.

Die Behandlung: Chemotherapie, Strahlentherapie, Knochenmarktransplantation

Die Therapie bei Blutkrebs hängt maßgeblich von der Form der Leukämie ab. Die häufigste Form der Behandlung ist die Chemotherapie. In deren Rahmen kommen Medikamente namens Zytostatika zum Einsatz. Hierbei handelt es sich um Zellgifte, welche das Wachstum sowie die Vermehrung von Krebszellen hemmen sollen. Die Medikamente greifen überwiegend Zellen an, die sich häufig teilen. Das bedeutet, dass nicht nur die Krebszellen, sondern auch andere, gesunde Zellen, welche von einer schnellen Teilung geprägt sind, angegriffen werden. Beispiele für gesunde Zellen, die sich schnell teilen, sind Zellen der Schleimhäute. Die Chemotherapie schädigt also nicht nur den kranken, zerstörerischen Zellen, sondern kann sich auch negativ auf gesundes Körpergewebe und auf gesunde Organe auswirken. Während der regelmäßigen Therapie mit Zytostatika kontrolliert der Arzt immer wieder das Blutbild.

Im Rahmen der Chemotherapie wird auch das Knochenmark geschädigt – die Bildung von Blutzellen sowie von Zellen des Abwehrsystems ist beeinträchtigt. Die Konsequenz sind eine Blutarmut und ein erhöhtes Blutungsrisiko als auch eine erhöhte Anfälligkeit gegen Infektionen.

Weitere Nebenwirkungen, die im Rahmen einer Chemotherapie auftreten können, sind Übelkeit und Erbrechen sowie Entzündungen der Schleimhaut. Außerdem fällt den Patienten meist das Haar aus und sie fühlen sich stets abgeschlagen und erschöpft.

Darüber hinaus haben Zytostatika selbst eine gewisse kanzerogene, d.h. krebserregende Wirkung. Aus diesem Grund müssen die behandelnden Ärzte im Vorfeld der Behandlung den Nutzen und die Risiken der Chemotherapie gegeneinander abwägen. Trotz der vielen Nebenwirkungen ist die Chemotherapie die erfolgversprechendste Maßnahme im Falle von Blutkrebs.

Die Chemotherapie ergänzende Medikamente

Im Rahmen von einigen Formen der Leukämie kommen weitere Medikamente wie die Wirkstoffe Imatinib und Interferon-alfa zum Einsatz. Beim erstgenannten Medikament handelt es sich um einen Tyrosinkinasehemmer. Diese stellen Medikamente dar, welche das Zellwachstum von Krebszellen gezielt stören und letztendlich stoppen sollen. Dabei wirken die Medikamente, wie ihr Name bereits verrät, vor allem an den Tyrosinkinasen. Das sind spezielle Enzyme, welche eine maßgebliche Rolle in der Vermehrung von Zellen spielen. Der Wirkstoff Imatinib ist vor allem für den Einsatz bei einer chronischen myeloischen Leukämie geeignet – die Ergebnisse mit diesem Medikament gelten als sehr gut. Es bestehen weitere Wirkstoffe wie Nilotinib, die sich zur Therapie der CML eignen.

Bei der chronischen lymphatischen Leukämie werden begleitend zur Chemotherapie wiederum vor allem die Wirkstoffe Alemtuzumab und Rituximab eingesetzt. Bei beiden Medikamenten handelt es sich um künstliche Antikörper, welche in der Lage sind, die Oberflächenstrukturen von weißen Blutkörperchen zu erkennen, sodass sie diese gezielt angreifen und zerstören können.

Die ergänzende Strahlentherapie

Ergänzend zur Chemotherapie kann auch eine Strahlentherapie sinnvoll sein. Hierbei werden bestimmte Körperregionen mit Röntgenstrahlen bestrahlt, um eine Ausbreitung der Leukämiezellen zu verhindern. Auch Röntgenstrahlen richten sowohl in kranken als auch in gesunden Zellen Schaden an. Im Vergleich zu den Tumorzellen weisen die gesunden Zellen jedoch eine bessere Reparaturfähigkeit auf, sodass sich die gesunden Zellen verhältnismäßig schnell von der Strahlentherapie erholen können. Auch mit der Strahlentherapie können diverse Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen einhergehen. Es kann zu Durchfall kommen und die Patienten fühlen sich häufig müde. Außerdem leiden die Patienten nicht selten an starken Kopfschmerzen und es kommt zu einer Reizung der Schleimhäute und der Haut.

Die autologe und die allogene Stammzellentransplantation

Eine Knochenmarktransplantation bzw. eine Stammzellentransplantation ist eine wichtige Therapiemöglichkeit bei Blutkrebs, da sie eine große Heilungschance verspricht. Es wird zwischen der autologen und der allogenen Stammzellentransplantation unterschieden. Das Entscheidende bei der Knochenmarktransplantation ist, dass die Stammzellen die Vorstufe aller Blutzellen, also sowohl die der roten und weißen Blutkörperchen als auch der Blutplättchen darstellen.

Bei der ersten Variante gewinnt der behandelnde Arzt das Knochenmark, welches die Stammzellen enthält, vom Patienten selbst und zwar durch eine Punktion des Hüftknochens. Damit die Transplantation mit eigenen Stammzellen gelingt, muss das blutbildende Knochenmark des Patienten im Voraus durch eine intensive Strahlen- oder Chemotherapie zerstört werden. So sollen alle Tumorzellen abgetötet werden und im Anschluss soll der Körper ausschließlich mit gesunden Zellen, die Blut bilden können, versorgt werden. Die Stammzellen werden über eine Transfusion in den Körper des Patienten geführt. Ihren Weg ins Knochenmark suchen sie sich anschließend selber.

Bei der allogenen Knochenmarktransplantation gewinnt der Arzt die Stammzellen nicht aus dem Knochenmark des Patienten, sondern aus dem eines Spenders. Allerdings kommt nicht jeder als Spender infrage, d.h. die Stammzellen müssen sich möglichst ähnlich sein. Aus diesem Grund kommen vor allem Personen aus der eigenen Familie als Spender in Frage. Das Vorgehen ist nahezu identisch wie bei der zuvor erläuterten Methode. Damit die fremden Stammzellen nicht vom Immunsystem abgestoßen werden, erhält der Patient Immunsuppressiva, also Medikamente, die das Immunsystem unterdrücken.

Da der Patient in der Phase der Zerstörung des Knochenmarks keine körpereigene Abwehr besitzt, erhält er Antibiotika und andere Medikamente. Diese sollen eine Infektion durch Keime verhindern.

Der Leukämie durch die Vermeidung von Risikofaktoren vorbeugen

Einer Leukämie kann man nicht unmittelbar vorbeugen. Ebenso besteht keine Möglichkeit der Früherkennung. Aus diesem Grund sollten Faktoren, die die Entstehung von Blutkrebs begünstigen können, vermieden werden. Zu diesen Risikofaktoren gehören das Rauchen und chemische Stoffe wie Benzol. Ebenso sollte eine Röntgenuntersuchung nur durchgeführt werden, wenn sich dies wirklich nicht umgehen lässt, denn auch die ionisierende Strahlung im Rahmen einer Röntgenuntersuchung kann das Risiko für Blutkrebs erhöhen.

Weitere Maßnahmen der Vorbeugung bestehen darin, bei langanhaltenden Beschwerden wie Fieber, Abgeschlagenheit und Schwäche stets einen Arzt aufzusuchen. So können ernste Ursachen ausgeschlossen und die richtigen Behandlungsmaßnahmen eingeleitet werden. Auch, wenn die Wahrscheinlichkeit, an einer Leukämie zu erkranken recht gering ist, gilt: Je früher ein Arzt die Krankheit entdeckt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit der vollständigen Heilung.

Aktualisiert am 16. Februar 2021