Haarausfall

Der Haarausfall wird auch als Alopezie bezeichnet. Er ist etwas vollkommen Natürliches. Allerdings nur so lange etwa 100 Haare am Tag ausfallen. Sobald mehr Haare ausgehen, ist die Rede von einem krankhaften Haarausfall. Männer sind häufiger betroffen als Frauen: Während in Deutschland etwa 500.000 Frauen unter Alopezie leiden, klagen rund 1,5 Millionen Männer über krankhaften Haarverlust. Die Ursachen sind dabei sehr verschieden.

Drei Formen des Haarausfalls

Je nach der zugrundliegenden Ursache wird Haarausfall in drei Formen unterteilt:

Erblich bedingter Haarausfall

Die Ursache für diese Form des Haarausfalls liegt in einer genetisch bedingten Empfindlichkeit der Haarwurzeln gegenüber einer speziellen Form des Testosterons. Die Wachstumsphase der Haare, Anagenphase genannt, wird immer kürzer. Außerdem schrumpfen die Follikel zunehmend. Diese produzieren ab einem bestimmten Zeitpunkt nur noch dünne, kurze und kaum sichtbare Wollhaare, auch Vellushaare genannt. Diese können entweder bestehen bleiben oder ebenfalls ausfallen. Dann werden keine neuen Haare nachgebildet.

Vor allem junge Männer sind von der androgenetischen Alopezie betroffen. Frauen leiden hingegen kaum an hormonell-bedingtem Haarausfall und das, obwohl auch der weibliche Körper das Sexualhormon Testosteron bildet. Gefährdet sind lediglich Frauen in den Wechseljahren. Die mit diesen einhergehende Hormonumstellung kann einen Haarausfall begünstigen.

Kreisrunder Haarausfall

Die genauen Ursachen für diese Form des Haarausfalls sind bis heute ungeklärt. Es wird aber vermutet, dass eine Störung des Immunsystems den kreisrunden Haarausfall begünstigt. Die Wissenschaft nimmt an, dass eine Autoimmunerkrankung dazu führt, dass körpereigene Abwehrzellen die Haarwurzeln angreifen und das Haarwachstum stoppen. Das führt letztendlich zu einem Haarausfall. Da sich die Haarwurzeln anscheinend in einer Art Schlafzustand befinden, kann es vorkommen, dass diese teilweise wiedererwachen und erneut Haare produzieren.

Auf eine Beteiligung von genetischen Faktoren an der Alopecia areata, so der medizinische Begriff für den kreisrunden Haarausfall, deutet u.a. hin, dass dieser Haarausfall innerhalb von Familien gehäuft auftritt.

Auch gibt es Vermutungen, die besagen, dass der Haarausfall auf Stress, andere seelische Faktoren und Umweltfaktoren zurückzuführen ist. Diese Thesen konnten bisher nicht wissenschaftlich belegt werden.

Diffuser Haarausfall

Im Rahmen des diffusen Haarausfalls werden die Haarwurzeln geschädigt. Die Ursachen für diese Schädigung sind sehr vielfältig:

  • Infektionskrankheiten wie Scharlach oder eine schwere Grippe
  • die Einnahme bestimmter Medikamente
  • Schilddrüsenüber- oder –Unterfunktion
  • Schwermetallvergiftungen (z.B. mit Arsen)
  • eine Mangelernährung als Konsequenz einer gestörten Nahrungsverwertung in der Leber oder im Darm
  • längerfristige Mangelzustände durch Fastenkuren und Crash-Diäten
  • Stress
  • normale Alterserscheinung
  • Hormonumstellungen (Wechseljahre, Schwangerschaft, …)
  • Schuppenflechte und andere entzündliche Erkrankungen der Kopfhaut
  • Strahlentherapie bei Krebserkrankungen

Weitere Ursachen von Haarverlust

Neben den drei erläuterten Hauptformen bestehen weitere Ursachen für den krankhaften Haarverlust. Es besteht beispielsweise die Möglichkeit, dass die Alopezie durch eine Schuppenflechte der Kopfhaut bedingt ist. Diese beeinflusst das Haarwachstum. Außerdem kann eine Pilzinfektion des Kopfes die Ursache sein. Dann fallen die Haare an den betroffenen Stellen aus. Vor allem Kinder sind von derartigen Infektionen betroffen.

Beim vererbbaren Defekt „Loses Anagenhaar“ ist die Haarstruktur verändert. Die Haare sind lose, dünn und brüchig. Schon das Kämmen der Haare kann zu einem massiven Haarverlust führen. Auch straff gebundene Zöpfe können zu Haarausfall führen. Diese stellen einen dauerhaften starken Zug an den Haarwurzeln dar. Ebenso kann ein langanhaltender Druck bzw. ständiges Kratzen und Reiben an ein und der gleichen Stelle zu Haarausfall führen. Auch wer ständig mit seinen Haaren spielt (z.B. in stressigen Situationen), schädigt der Haarwurzel und begünstigt so einen Haarausfall.

Darüber hinaus gibt es einige Medikamente, die nachweislich zu Alopezie führen. Zu diesen Medikamenten zählen Zytostatika, also Krebsmedikamente, Antidepressiva, ACE-Hemmer, Beta-Blocker und Mittel, die gegen zu hohe Cholesterin-Werte wirken sollen, sogenannte Lipidsenker.

Weitere Ursachen für Haarausfall können die Syphilis, diverse Infekte, Zink- und Eisenmangel sowie weitere Mangelerscheinungen sein.

Effluvium oder Alopezie?

Wenn eine Person über Haarverlust klagt, besteht die erste Maßnahme des Arztes darin, zu bewerten, ob eine Alopezie, also ein Haarausfall mit einhergehenden kahlen Stellen, vorliegt oder, ob es sich lediglich um einen vermehrten Haarverlust (sog. Effluvium) handelt. Als Richtlinie gilt hier die Zahl 100: Fallen täglich mehr als 100 Haare aus, ist die Rede von einer Alopezie. Zu bedenken ist, dass ein täglicher Haarverlust unter 100 Haaren völlig normal ist. Zudem verliert eine Person, die sich einmal in der Woche die Haare wäscht, zu diesem Zeitpunkt deutlich mehr Haare als eine Person, die sich täglich die Haare wäscht. Man sollte versuchen, den Haarverlust objektiv einzuschätzen und dabei seine Pflegegewohnheiten zu berücksichtigen.

So erforscht der Arzt die Ursache

Um die Ursache für den Haarausfall zu bestimmen, erkundigt sich der Arzt in einem Anamnesegespräch nach der Krankengeschichte des Patienten. Auch fragt er nach der Dauer sowie nach dem genauen Verlauf der Alopezie. Wichtig sind auch Ereignisse, die in letzter Zeit einen vermehrten Haarverlust bewirkt haben können. Hierzu zählen u.a. Infekte und Krankheiten. Thematisiert wird auch die regelmäßige Einnahme von Medikamenten. Wichtige Informationen sind außerdem die Ernährungsgewohnheiten des Betroffenen und, bei Frauen, die Einnahme der Antibabypille. Hilfreich sind auch Angaben zu internistischen Erkrankungen, zu einem möglichen erblich bedingten Haarausfall und zu den Pflegegewohnheiten des Patienten.

Weitere Untersuchungen

Es folgt eine klinische Untersuchung des Kopfes. Der Arzt überprüft die Menge der Haare und deren Struktur. Er sichtet den Haaransatz und stellt fest, wie fest die Haare verankert sind und wie die Beschaffenheit der Kopfhaut aussieht. Hierfür greift er auf den sogenannten Zupf-Test (auch: Pull-Test) zurück. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, die Kopfhaut mit einem speziellen Dermatoskop zu untersuchen.

Reichen diese Untersuchungen nicht aus, um eine Diagnose stellen zu können, kann eine mikroskopische Analyse der Haarwurzel von einzelnen Haaren veranlasst werden. Diese Untersuchung wird als Trichogramm bezeichnet. Eine Blutuntersuchung kann dazu dienen, einen Eisenmangel, eine Unter- oder eine Überfunktion der Schilddrüse und andere relevante Faktoren festzustellen.

Die Behandlung mit verschiedenen Wirkstoffen

Gegen erblich bedingten Haarausfall kann man kaum etwas machen – die vielen angepriesenen Wirkstoffe in der Werbung helfen i.d.R. nicht. Wer derartige Mittel verwenden möchte, sollte sich in der Apotheke bzw. in der Drogerie über eine wissenschaftlich erwiesene Wirkung beim Menschen informieren.

So können Männer gegen Haarausfall vorgehen

Als wirkungsvoll gelten die Wirkstoffe Finasterid und Minoxidil. Diese werden angewandt, um das Fortschreiten des Haarausfalls zu verhindern bzw., um den Zustand zu verbessern. Finasterid ist verschreibungspflichtig. Es ist für Männer über 18 Jahre, die über einen leichten bis mittelstarken erblich bedingten Haarausfall klagen, geeignet. Der Wirkstoff sollte einmal täglich in Tabletten-Form eingenommen werden. Das Finasterid hemmt die Umwandlung von Testosteron in Dihydrotestosteron. Dieses wirkt stärker auf die Haarfollikel. Mit dem Wirkstoff Finasterid lässt sich die Konzentration an Dihydrotestosteron im Blut um bis zu 70 Prozent reduzieren. Das Mittel ist weder für Frauen noch für Kinder geeignet!

Mit der Anwendung von Finasterid gehen allerdings einige bedenkliche Nebenwirkungen einher. Zu diesen zählen besonders Potenzstörungen. Zu diesen kann es kommen, da der Wirkstoff in den Hormonstoffwechsel eingreift.

Der Erfolg der Therapie mit Finasterid sollte nach spätestens 12 Monaten überprüft werden. Dabei gilt: Das Mittel wirkt nur so lange es angewandt wird – wird die Behandlung unterbrochen, fallen die Haare wieder aus.

Ein verstärkter Haarverlust deutet auf die Wirkung der Therapie hin

Wie bereits angedeutet, stellt die Behandlung mit dem Wirkstoff Minoxidil eine Alternative dar. Dieses ist rezeptfrei erhältlich. Es wird zweimal am Tag (morgens und abends) angewandt. Das Mittel wird einfach auf die Kopfhaut aufgetragen. Es ist für Männer ab 18 Jahren geeignet. Minoxidil ist als 5%ige Lösung und als Schaum erhältlich. Die genaue Wirkung des Mittels ist bisher unbekannt. Es wird aber vermutet, dass Minoxidil die Haarwurzeln stimuliert.

Der Wirkstoff kann kurz nach dem Beginn der Behandlung zu irritierenden Effekten führen: Nach etwa vier bis acht Wochen kann sich der Haarverlust zunächst verstärken. Diese wirkstoffbedingte Verstärkung des Haarausfalls wird als „Shedding“ bezeichnet. Das „Shedding“ ist ein Hinweis darauf, dass die Therapie wirkt.

Keine pauschalen Aussagen über die Wirkung möglich

Minoxidil und Finasterid stoppen den erblich bedingten Haarausfall bei neun von zehn Männern. In jedem zweiten Anwendungsfall verdichten sich die Haare sichtbar. Dennoch können keine pauschalen Aussagen über die Wirkung der Mittel im Einzelfall gemacht werden – der Erfolg der Therapie ist maßgeblich vom Stadium des Haarausfalls abhängig. Wichtig sind ein möglichst frühzeitiger Beginn und die fortlaufende Anwendung. Haben sich bereits kahle Stellen gebildet, gilt die Wachstums-Reaktivierung als nahezu unmöglich. Der Grund: Ohne eine rechtzeitige Therapie verkümmern die Haarwurzeln. Männer, die sehr unter den kahlen Stellen auf dem Kopf bzw. unter ihrer Glatze leiden, können über ein Toupet oder eine Haartransplantation nachdenken.

Das können Frauen gegen Haarausfall tun

Diverse Studien konnten den Erfolg einer 2%igen Lösung mit Minoxidil bei Frauen bestätigen. Diese Lösung muss zweimal täglich auf die Kopfhaut aufgetragen werden. Bei den meisten Anwenderinnen stoppte der Haarausfall. Bei jeder zweiten nahm die Haardichte im Rahmen der Behandlung sogar deutlich zu. Die Therapie mit Minoxidil ist für Frauen ab einem Alter von 18 Jahren geeignet. Mit diesem Wirkstoff lässt sich ein Fortschreiten des Haarausfalls verhindern bzw. der Zustand kann verbessert werden.

Auch bei Frauen kann Minoxidil zunächst zu einem verstärkten Haarausfall führen. Auch bei Frauen deutet dieser verstärkte Haarausfall darauf hin, dass die Therapie anschlägt.

Zu beachten ist, dass Frauen mit einem dunklen Hauttyp bei einer Therapie mit Minoxidil einen verstärkten Haarwuchs auf der Stirn und im Gesicht aufweisen.

Hormone nur in bestimmten Fällen!

Tabletten, die Hormone enthalten, werden nicht für die Therapie bei erblich bedingtem Haarausfall empfohlen. Lediglich in Fällen, bei denen eine hormonelle Erkrankung der Auslöser für den Haarausfall ist, kann auf solche Mittel zurückgegriffen werden. Die Anwendung von hormonellen Mitteln sollte nie ohne die Absprache mit einem Arzt erfolgen!

Therapie bei kreisrundem Haarausfall

Kreisrunder Haarausfall stellt eine reversible (umkehrbare) Krankheit dar. Ist die Alopecia areata nur gering ausgeprägt, bildet sich der Haarausfall in den meisten Fällen von alleine zurück, sodass die Haare vollständig nachwachsen. Somit kann auf Medikamente verzichtet werden.

Entscheidet sich eine Person für die Behandlung des kreisrunden Haarausfalls, bestehen mehrere Möglichkeiten der Therapie. Gängig sind die folgenden:

  • örtliche oder systemische Behandlung mit Kortikoiden (Schaum, Cremes, Tabletten, Lösungen)
  • vermehrte Einnahme von Zink
  • örtliche Immuntherapie mit Diphenylcyclopropenon. Dieser Wirkstoff ist nicht als Medikament erhältlich. Vielmehr handelt es sich bei dieser Therapie um einen „individuellen Heilversuch“.

Demgegenüber gelten die folgenden Therapieansätze als unzureichend oder wirkungslos:

  • Biologics wie Etanercept oder Alefacept (genetisch hergestellte Eiweiße, welche bestimmte körpereigene Eiweiße hemmen sollen)
  • Hemmstoffe namens Calcineurin-Inhibitoren (Pimecrolimus, Tacrolimus)

Die Therapie bei diffusem Haarausfall

Beim diffusen Haarausfall richtet sich die Art der Therapie nach der Ursache. Eine Therapie mit Minoxidil kann als unterstützende Maßnahme in Erwägung gezogen werden.

Nur diffusem Haarausfall lässt sich bedingt vorbeugen

Man kann weder kreisrundem noch erblich bedingtem Haarausfall vorbeugen. Einigen Formen des diffusen Haarausfalls kann man vorbeugen, indem man sich gesund und abwechslungsreich ernährt. Auf diese Weise lässt sich ein Nährstoffmangel (Eisen, Eiweiß, …) verhindern. Solche Mängelzustände sind ein häufiger Grund für diffusen Haarausfall.

Aktualisiert am 15. Februar 2021