Gesichtslähmung

Der medizinische Begriff für die Gesichtslähmung ist „Fazialisparese“. Mit diesem Begriff wird eine teilweise oder vollständige Lähmung oder Schwächung des Gesichtsnervs bezeichnet. Diese Lähmung bzw. Schwächung führt dazu, dass die Gesichtsmuskeln nicht mehr normal bewegt werden können. Die Lähmung des Gesichts betrifft in den meisten Fällen nur eine Gesichtshälfte.

Es wird zwischen einer zentralen und einer peripheren Fazialisparese unterschieden. Bei der zentralen Gesichtslähmung liegt die Ursache im Ursprungsort des Nervs, also im Gehirn. Bei der peripheren Gesichtslähmung kommt es aufgrund einer unmittelbaren Schädigung des Nervs zu den Beschwerden.

In vielen Fällen ist die Ursache für die Fazialisparese nicht bekannt. Dann ist die Rede von einer idiopathischen Gesichtslähmung. Diese wird auch Bell’s Palsy oder Bell’sche Lähmung genannt.

Begleitsymptome der Gesichtslähmung

Es gibt verschiedene Merkmale einer Gesichtslähmung. Zu diesen zählen eine hängende Augenbraue sowie Schwierigkeiten beim Essen und Trinken. Außerdem ist die Stirn glatt und frei von Falten. Ebenso wie die Augenbraue kann auch die Wange herabhängen. Die mimische Muskulatur kann beeinträchtigt und der Lidschluss kann unmöglich sein, sodass bei geschlossenen Augen noch das Weiß des Augapfels sichtbar ist. Dies wird als Bell-Phänomen bezeichnet.

Darüber hinaus können mit der Fazialisparese ein Brennen der Augen und eine Störung der Tränensekretion einhergehen. Betroffene sind häufig überempfindlich gegenüber diversen Geräuschen und die Ohren können schmerzen. Häufig ist die Geschmacksempfindung vermindert. Des Weiteren können sich im Gehörgang Herpesbläschen bilden.

Weitere Beschwerden im Rahmen der Fazialisparese

Bei einer Gesichtslähmung können auch die Hirnnerven beeinträchtig sein. Das ist beispielsweise bei einer entzündlichen Ursache der Fall. Dann kommt es neben den Lähmungserscheinungen auch zu Schwindel sowie zu Hör- und zu Gleichgewichtsstörungen. Außerdem kann die Augenbeweglichkeit beeinträchtigt sein, sodass der oder die Betroffene Doppelbilder sieht.

Die Ursachen liegen im Gehirn oder direkt am Nerv

Die die Fazialisparese auslösende Nervenschädigung betrifft entweder den Nerv an sich oder dessen Ursprung im Gehirn (siehe oben). In beiden Fällen können verschiedene Auslöser für die Nervenschädigung verantwortlich sein.

Die Ursache einer peripheren Fazialisparese liegt häufig in einer gestörten Blutversorgung (Ischämie) oder in einem erhöhten Druck (Kompression). Besonders bei Hirntumoren, Gesichtsverletzungen und Entzündungen kann es zu einer unmittelbaren Schädigung des Gesichtsnervs kommen.

Die Ursache einer entzündlich bedingten Gesichtslähmung findet sich häufig in einer Infektion mit Borrelien oder in einem Zoster oticus. Letzterer stellt eine Reaktivierung der Varicella-zoster-Viren dar – die Viren, die für die Erkrankung an Windpocken verantwortlich sind. In etwa 33 Prozent aller Fälle geht mit der Erkrankung eine Gesichtslähmung einher.

Weitere mögliche Ursachen einer peripheren Fazialisparese sind eine Mittelohrentzündung, eine Gehirnhautentzündung und Diabetes mellitus.

Weitere Ursachen

Wie bereits erwähnt, bleibt die Ursache für die Gesichtslähmung häufig ungeklärt (idiopathische Fazialisparese). Wiederum wird eine zentrale Fazialisparese durch einen Schlaganfall und durch Hirntumore begünstigt.

Häufig ist die Gesichtslähmung schon auf den ersten Blick erkennbar

Oft kann der Arzt die Fazialisparese bereits auf den ersten Blick erkennen. Die Diagnose gilt beinahe als sicher, wenn der Patient aufgrund von gelähmten Gesichtsmuskeln nur schwer zu verstehen ist und, wenn sich das Augenlid nicht vollständig schließen lässt. Außerdem können herabhängende Mundwinkel und Speichelfluss aus diesen wichtige Hinweise liefern. Um die Symptome besser einschätzen zu können, führt der Arzt zunächst ein Anamnesegespräch mit dem Patienten. Er erkundigt sich nach einem bestehenden Bluthochdruck und nach den genauen Merkmalen der Beschwerden. Außerdem möchte er wissen, wann die Symptome das erste Mal aufgetreten sind.

Es folgt eine körperliche Untersuchung, in deren Rahmen der Arzt die Lunge, das Herz und die großen Halsgefäße inspiziert. Außerdem verwendet er ein Otoskop, um die Ohren zu untersuchen.

Um bestimmte Erreger (Borrelien, Herpes-Viren, …) nachweisen zu können, entnimmt der Mediziner einen Abstrich und er ordnet eine Blutuntersuchung an.

Weitere Untersuchungen

Eine besondere Rolle nimmt die Überprüfung der Funktionstüchtigkeit der Nerven ein. Der Arzt untersucht den Zustand der Hirnnerven als auch den des peripheren und des Zentralen Nervensystems. Wenn der Verdacht auf eine periphere Fazialisparese besteht, muss der Ort der Schädigung möglichst genau lokalisiert werden.

Die Hirnnerven versorgen vor allem den Halsbereich und das Gesicht. Der Arzt testet das Sehvermögen, die Augenbewegungen, die Mimik und den Tast- sowie den Geschmackssinn, um Schädigungen bestimmter Hirnnerven zu erkennen.

Die Bestimmung des Schweregrads

Der Mediziner verwendet eine sechsstufige Skala, mit der sich der Schweregrad der Fazialisparese bestimmten lässt. Stufe I auf der Skala bedeutet, dass die Gesichtsnerven nicht gestört sind. Grad VI bedeutet hingegen, dass der Gesichtsnerv vollständig gelähmt ist. Als tückisch werden die Stufen II und III erachtet. Hierbei ist der Gesichtsnerv (Nervus facialis) leicht geschädigt, er wirkt sich jedoch noch nicht erkennbar auf das Gesicht aus. Aus diesem Grund werden Gesichtslähmungen des II. und III. Grades häufig erst spät erkannt.

Mit diesen Mitteln lässt sich die Diagnose sichern

Mithilfe einer Elektromyographie oder einer Elektroneurographie können die Muskelaktivität und der Funktionszustand des Nervs eingeschätzt werden. So lässt sich die Diagnose untermauern. Im Fall, dass sich der Verdacht auf eine zentrale Fazialisparese erhärtet, können weitere Untersuchungen notwendig sein. Hierzu zählen eine Computertomographie, eine Magnetresonanztomographie und eine Röntgenuntersuchung.

Die Therapie der Gesichtslähmung

Die Therapie der Gesichtslähmung ist maßgeblich von der Ursache abhängig. Die typischerweise einseitige Fazialisparese bessert sich, wenn die zugrundeliegende Erkrankung behandelt wird. Bei Diabetes mellitus gilt es beispielsweise, den Patienten richtig einzustellen. Bei einer zugrundeliegenden Borreliose werden wiederum Antibiotika verabreicht und eine Gesichtslähmung durch Zoster oticus wird mit Aciclovir behandelt.

Ist ein durchtrennter Gesichtsnerv infolge einer Schädelverletzung der Auslöser für eine periphere Fazialisparese, besteht eine Möglichkeit der Therapie in einer Operation. Im Rahmen dieses Eingriffs werden die Nervenenden wieder miteinander verbunden.

Auch die Symptome müssen behandelt werden

Die Behandlung einer Fazialisparese muss aber auch die Symptome lindern. Sollte der Patient ein Auge nicht richtig schließen können, muss dieses mit künstlicher Tränenflüssigkeit und Augensalben behandelt werden. Außerdem sollte die Hornhaut mit einem Verband vor dem Austrocknen geschützt werden. Andernfalls kann sich ein Hornhautgeschwür bilden. Sollten diese Maßnahmen nicht zu einer Besserung führen, kann das Oberlid beschwert werden (z.B. durch äußerlich angebrachte Bleigewichte).

Bei einer idiopathischen Fazialisparese kommen Kortikosteroide zum Einsatz. Die Behandlung kann ambulant erfolgen. Eine stationäre Behandlung ist notwendig, wenn die Lähmung beide Gesichtshälften betrifft und, wenn Komplikationen auftreten.

Gesichtsmuskel-Übungen und das Spritzen von Botox

Bei jeder Fazialisparese, also sowohl bei einer zentralen als auch bei einer peripheren und bei einer idiopathischen Gesichtslähmung, sind Übungen für die Gesichtsmuskulatur empfehlenswert. Diese Übungen sollten frühzeitig und vor allem regelmäßig unter professioneller Kontrolle durchgeführt werden. Gegen unwillkürliche Mitbewegungen wie den Lidschluss beim Sprechen kann Botulinumtoxin (besser bekannt als Botox) angewandt werden. Dieses wird in den entsprechenden Muskel gespritzt, sodass die störenden Bewegungen verringert werden.

Man kann der Lähmung des Gesichts nicht unmittelbar vorbeugen

In den meisten Fällen ist die Ursache für die Gesichtslähmung nicht bekannt (idiopathische Fazialisparese). Deshalb kann man der Gesichtslähmung auch nicht direkt vorbeugen. Bei Verletzungen des Gehirns oder des Schädels finden abschwellende Medikamente Verwendung. So wird einer Druckschädigung des Nervs vorgebeugt. Infektionen im Ohr oder in der Ohrspeicheldrüse sollten mit Antibiotika oder Virus hemmenden Mitteln therapiert werden.

Aktualisiert am 15. Februar 2021