Durchbruchschmerzen

Durchbruchschmerzen sind plötzliche Verschlimmerungen (sog. Exazerbationen) bestehender Tumorschmerzen. Die Lebensqualität der Betroffenen kann stark eingeschränkt werden, da Durchbruchschmerzen sowohl den körperlichen als auch den seelischen Zustand sowie das soziale Leben der Patienten beeinflussen. Exazerbationen kommen bei Patienten vor, deren Dauerschmerzen aufgrund des Tumors eigentlich unter Kontrolle sind.

Vor allem Krebspatienten im fortgeschrittenen Stadium sind betroffen

Es gibt keine allgemein anerkannte Definition für Durchbruchschmerzen, die durch einen Tumor bedingt sind. Es wird allerdings angenommen, dass 19 bis 95 Prozent aller Krebs-Patienten über derartige Schmerzen klagen. Bestimmte Patientengruppen sind häufiger von dieser Schmerzart betroffen. So kommen Durchbruchschmerzen vor allem bei Krebspatienten mit einem schlechten Allgemeinbefinden und mit Wirbelsäulenschmerzen sowie bei Patienten, die bereits das fortgeschrittene Krankheitsstadium erreicht haben, vor.

Die Schmerzen können bis zu sechsmal am Tag auftreten

Leidet eine Person an Durchbruchschmerzen, treten diese etwa zwei- bis sechsmal am Tag auf. Meist beginnen sie akut. Sie können bis zu einer halben Stunde andauern und bei knapp 50 Prozent aller Betroffenen ist nach drei bis fünf Minuten die maximale Schmerzintensität erreicht. Diese Schmerzspitzen werden häufig als unerträglich beschrieben.

Zwei Arten von tumorbedingten Durchbruchschmerzen

Je nachdem, ob die Schmerzen spontan auftreten oder durch ein bestimmtes Ereignis ausgelöst werden, werden zwei Arten von tumorbedingten Durchbruchschmerzen unterschieden:

Die spontan auftretenden Durchbruchschmerzen entstehen völlig unerwartet und sind somit zu keiner Zeit vorhersehbar. Demgegenüber treten die ereignisabhängigen Durchbruchschmerzen im Zusammenhang mit einem bestimmten Auslöser auf, d.h. diese Schmerzen können zu einem gewissen Grad beeinflusst werden. Mögliche Ursachen für die ereignisabhängigen tumorbedingten Durchbruchschmerzen sind bewusste und unbewusste Handlungen wie das Essen, das Gehen und Husten. Aber auch eine Wundbehandlung, eine Punktion und andere Therapiemaßnahmen können diese Art der Schmerzen hervorrufen.

Durchbruchschmerzen: körperliche, seelische und soziale Folgen

Aus den tumorbedingten Durchbruchschmerzen können sich ernsthafte Folgen für die Patienten ergeben. Dabei spielt die Art der zugrundliegenden Krebserkrankung keine Rolle. Es kann zu körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen wie Bewegungseinschränkungen, Schlafstörungen und Angststörungen kommen. Außerdem weisen die Betroffenen häufig depressive Verstimmungen auf und das soziale Umfeld kann beeinträchtig sein, da die Kontaktaufnahme zu Personen stark eingeschränkt ist.

Durchbruchschmerzen können verschiedene Ursachen haben

Zu den Ursachen von tumorbedingten Durchbruchschmerzen zählen die Tumorerkrankung selbst sowie die Tumortherapie. Außerdem können diverse andere Erkrankungen, die unabhängig von der Krebserkrankung entstehen, die Schmerzen auslösen. Aus dem Grund, dass mit der Krebserkrankung diverse körperliche Folgen wie eine Schwächung des Immunsystems einhergehen, können weitere krebsbedingte Erkrankungen entstehen, die für die Schmerzen verantwortlich sein können. Ein Beispiel hierfür ist eine erneute Varizella-Zoster-Virus-Infektion.

Die Durchbruchschmerzen müssen von anderen Faktoren, die die Schmerzen verschlimmern können, abgegrenzt werden. Hierzu zählen u.a. das Fortschreiten der Tumorerkrankung und das Versagen der zuvor ausreichenden Schmerztherapie.

Untersuchungen durch den Arzt

Im Rahmen der Diagnose führt der Arzt zunächst ein Anamnesegespräch mit dem Patienten. Während dieses Gesprächs erkundigt sich der Mediziner nach der Krankengeschichte des Patienten und nach dem genauen Charakter der Beschwerden. Er fragt z.B., wo und wann die Schmerzen auftreten. Zudem möchte er wissen, wie sie verlaufen und wie lange sie andauern. Auch die Schmerzintensität spielt eine Rolle. Des Weiteren erkundigt sich der Arzt nach Faktoren, die die Schmerzen verschlimmern bzw. auslösen und er fragt den Patienten nach bestehenden körperlichen und/ oder seelischen Begleitsymptomen. Wichtig ist auch, wie stark die Schmerzen den oder die Betroffene im Alltag einschränken.

Um all die relevanten Antworten erfassen zu können, gibt es den sogenannten Deutschen Schmerzfragebogen und das Deutsche Schmerztagebuch für tumorbedingte Durchbruchschmerzen.

Nachdem der Mediziner alle wichtigen Informationen gesammelt hat, führt er eine gründliche körperliche Untersuchung durch. Diese besteht aus diversen Tastuntersuchungen sowie aus apparativen Untersuchungsmethoden.

Die Therapie wird individuell auf den Patienten zugeschnitten

Bei der Therapie von Durchbruchschmerzen werden die individuellen Bedürfnisse des Patienten berücksichtigt. Um ein passendes multimodales und interdisziplinäres Gesamtkonzept erarbeiten zu können, arbeiten Therapeuten verschiedener Fachrichtungen zusammen. Nur einige dieser sind Onkologen und Physiotherapeuten.

Die Behandlung der eigentlichen Schmerzursache und die Vermeidung von schmerzauslösenden Faktoren stellen einen Baustein der Therapie dar. Zum anderen erhalten die Betroffenen ein Schmerzmittel, das sowohl in der Dosierung als auch in Bezug auf das Anwendungsschema auf sie zugeschnitten ist. Diese Mittel stellen eine sogenannte Rund-um-die-Uhr-Behandlung dar. Gleichzeitig erhalten die Patienten eine Bedarfsmedikation, d.h. es werden auch Mittel verschrieben, die bei akut einsetzenden Schmerzen eingenommen werden können. Ganz wichtig ist hierbei, dass die beiden Medikamentenarten aufeinander abgestimmt sein müssen! Darüber hinaus besteht die Möglichkeit einer nicht-medikamentösen Behandlung. So können beispielswiese auch eine Gesprächstherapie und die Akupunktur zum Einsatz kommen.

Opioide und andere Schmerzmittel gegen Durchbruchschmerzen

Bei Durchbruchschmerzen kommen vor allem Opioide der WHO-Stufe III zum Einsatz. Diese wirken schnell und weisen keine Zeitverzögerung auf. Deshalb werden sie auch als „rapid-onset-opioids“ bezeichnet. Alle Medikamente, die heutzutage gegen tumorbedingte Durchbruchschmerzen eingesetzt werden, enthalten den Wirkstoff Fentanyl. Dieser Wirkstoff gelangt über die Nasen- oder die Mundschleimhaut in den Organismus, d.h. er ist sowohl in Form von Nasensprays als auch in Form von Sublingualtabletten und Lutschtabletten erhältlich.

Um eine ideale medikamentöse Einstellung zu erreichen, sollte eine enge Absprache mit dem Arzt erfolgen. Dieser muss sowohl den Patienten als auch dessen Angehörige genauestens über die Präparate aufklären. Hierzu zählen sowohl die Art der Anwendung als auch die Aufbewahrung und die genaue Dosierung. Darüber hinaus muss der Mediziner die Therapie genauestens überwachen. So kann er die Medikamente ggf. anpassen und stets bestimmten, ob die Einnahme der Schmerzmittel noch sinnvoll ist.

Wichtig ist außerdem, dass die Patienten und die Angehörigen über sämtliche mögliche Nebenwirkungen der opioidhaltigen Schmerzmittel informiert werden. So besteht bei diesen Medikamenten beispielsweise eine hohe Gefahr für einen Missbrauch. Außerdem können sie zu starker Müdigkeit, zu Übelkeit und zu Erbrechen führen. Auch Schwindelgefühle sind möglich. Aus diesen Gründen wird Patienten häufig von bestimmten Aktivitäten wie dem Autofahren abgeraten.

In einigen Fällen werden auch andere Medikamente gegen die Durchbruchschmerzen angewandt. Anstelle von Opioiden erhalten die Patienten oft nicht-steroidale Antirheumatika u.Ä. Die mit diesen einhergehenden Nebenwirkungen sind allgemein geringer als die der opioidhaltigen Mittel. Dennoch sind bei der längeren Einnahme auch mit diesen Medikamenten gewisse Risiken und Nebenwirkungen wie ein Herzinfarkt und eine Thromboseneigung verbunden.

Vorbeugung: die enge Absprache mit dem Arzt

Wer an einer Krebs-Erkrankung leidet, sollte, sobald die verschriebenen Schmerzmittel nicht mehr ausreichend wirken, umgehend den behandelnden Arzt aufsuchen. So kann Durchbruchschmerzen frühestmöglich vorgebeugt werden.

Aktualisiert am 14. Februar 2021