Botulismus

Botulismus ist eine Lebensmittelvergiftung durch ein bestimmtes Bakterium – das Botulinum-Neurotoxin. Dieses lauerte früher vor allem in aufgeblähten Lebensmitteldosen. Dank diversen Konservierungsstoffen und Kontrollen sind die Fertiggerichte heutzutage sicherer. Doch auch selbst zubereitete Gerichte bergen ein Risiko für eine Vergiftung mit dem Botulinum-Neurotoxin. In Deutschland werden jedes Jahr rund zehn Vergiftungsfälle registriert.

Zu einer Infektion kommt es also eher selten. Vor allem Säuglinge laufen aufgrund ihres schwachen Immunsystems und der instabilen Darmflora Gefahr, sich mit dem Bakterium zu infizieren. Im Verdauungstrakt der Babys können sich die Bakterien ideal vermehren und dabei immer mehr Giftstoffe produzieren. Ein häufiger Auslöser für den sogenannten Säuglings-Botulismus ist Honig. Dieser enthält das Bakterium Clostridium botulinum, welches das Botulismustoxin produziert. Aus diesem Grund sollten Säuglingen, die unter einem Jahr alt sind, niemals mit Honig gefüttert werden.

Eine weitere Form der Erkrankung ist der Wundbotulismus. Auch hier vermehren sich die Bakterien und produzieren immer mehr Toxin. Jedoch nicht im Verdauungstrakt, sondern in offenen Wunden, die nicht desinfiziert wurden.

Die ersten Symptome treten nach wenigen Stunden bis einigen Tagen auf

Wer sich mit dem Botulismus-Bakterium infiziert, klagt nach wenigen Stunden bis einigen Tagen (im Durchschnitt nach 12 bis 36 Stunden) über die ersten Symptome. Zu diesen gehören Bauchkrämpfe, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. Im weiteren Verlauf kann es zu Lähmungen in den Augenmuskeln kommen. Das führt häufig zu einem verschwommenen Sehen und zu Doppelbildern. Des Weiteren beklagen Betroffene häufig eine Mundtrockenheit sowie geweitete Pupillen. Ist die Erkrankung fortgeschritten, entstehen Schluck- und Sprechstörungen.

Außerdem kann es zu Schwächegefühlen sowie zu Lähmungen in den Armen und Beinen kommen. Diese Lähmungen treten i.d.R. symmetrisch in beiden Körperhälften auf. Sie beginnen häufig am Kopf, von wo aus sie sich in die Peripherie ausbreiten. Auch die Blase und der Darm können Lähmungserscheinungen aufweisen. Später können auch die Atemmuskulatur und das Zwerchfell von diesen Lähmungen betroffen sein – im schlimmsten Fall droht ein Tod durch Ersticken.

Die Ursache: Ein signalübertragungshemmendes Nervengift

Die Ursache für den Botulismus ist das Botulismustoxin, welches vom Bakterium namens Clostridium botulinum produziert wird. Dieses Gift hemmt die Signalübertragung zwischen den Nerven und den Muskeln.

In Deutschland findet man das Bakterium vor allem in verunreinigten Speisen – das Clostridium botulinum überlebt in luftdicht verpackten, schlecht konservierten Nahrungsmitteln. Vor allem Fisch- und Fleischkonserven gelten als Träger des Bakteriums. Aber auch eingelegtes Gemüse und Öl stellen eine Gefahr dar. Dabei sind die Bakterien äußerst hitze- und kälteresistent – bereits ab einer Temperatur von drei Grad Celsius herrschen optimale Bedingungen für die Vermehrung des Clostridium botulinum. Wer eine Vergiftung mit Botulinum-Neurotoxinen ausschließen möchte, sollte die Mahlzeit vor dem Verzehr erhitzen und zwar bei 100 Grad Celsius und mindestens 15 Minuten lang. Allerdings deaktiviert dieser Vorgang das Gift lediglich, d.h. die Sporen der Bakterien überleben und können sich nach dem Öffnen der Lebensmittelkonserve wieder vermehren, sodass zu einem späteren Zeitpunkt erneut Gift produziert wird. Im Gefrierfach können sich die Bakterien nicht weiter ausbreiten.

Die Diagnose des Botulismus

Zu den häufigsten Anzeichen des Botulismus gehören Muskelkrämpfe und Lähmungen.  Dabei sind die Empfindungen des Betroffenen nicht beeinträchtigt, d.h. der Patient kann Kälte, Wärme und Schmerz weiterhin fühlen. Sollten solche Symptome bestehen, gilt es, umgehend einen Arzt aufzusuchen. Dieser wird dem Patienten Blut entnehmen oder den Stuhl des Patienten untersuchen. Darüber hinaus kann es sinnvoll sein, dass der Patient seine Nahrungsmittel auf die Bakterien hin untersucht bzw. untersuchen lässt. Aus dem Grund, dass die Toxine hochgiftig sind und weil es die verschiedensten Formen und Ausprägungen gibt, ist es auch heute noch schwierig, die Bakterien eindeutig nachzuweisen – in Deutschland gibt es nur wenige Speziallabors, in denen die Proben analysiert werden können.

Nach dem Infektionsschutzgesetz ist der Botulismus eine meldepflichtige Erkrankung, d.h. sollte der Arzt einen Botulismus diagnostizieren, muss er diese Diagnose an das Robert Koch-Institut übermitteln.

Die Behandlung: Gegengift und Magenspülung

Allein der Verdacht auf Botulismus ist ein Grund, den Patienten intensivmedizinisch zu betreuen. Hauptbestandteil der Therapie ist die Verabreichung eines Gegengifts (Botulismus-Antiserum, Antotoxin). Dieses Gegengift neutralisiert das Gift im Blutkreislauf, jedoch nicht jenes, welches sich bereits an die Nervenstrukturen gebunden hat.

Aus dem Grund, dass bereits 24 Stunden nach der Vergiftung ein großer Teil des Toxins an die Nervenstrukturen gebunden ist, muss das Gegengift schnellstmöglich verabreicht werden. Andernfalls ist es unwirksam. Damit eine Unverträglichkeit ausgeschlossen werden kann, wird der Arzt vor der Gabe des Gegengifts eine kleine Antitoxin-Injektion verabreichen.

Sollte die Lebensmittelvergiftung noch nicht allzu lange zurückliegen, kann der Versuch unternommen werden, das Gift per Magenspülung, Abführmittel oder Einlauf aus dem Magen-Darm-Trakt zu spülen. So kann es nicht vom Körper aufgenommen werden, wodurch es sich auch nicht an die Nervenstrukturen binden kann.

Sollte die Atemmuskulatur Lähmungserscheinungen aufweisen, muss der Betroffene künstlich beatmet werden. Im Fall eines Wundbotulismus wird die Wunde gesäubert und desinfiziert. Außerdem werden Antibiotika verschrieben, sodass weitere Wundinfektionen vermieden werden. Gegen die Infektion an sich haben Antibiotika jedoch keine Wirkung.

Die Vorbeugung – Achtung bei bestimmten Lebensmitteln!

In Deutschland sind es vor allem eingelegter Hering, geräucherter Lammschinken und Leberwurst aus Wildfleisch, die in den vergangenen Jahren Vergiftungen mit dem Botulinumtoxin verursachten. Der Grund ist häufig der, dass der Hering nicht ausreichend sauer eingelegt ist, dass der Schinken nicht mit Nitrit gepökelt ist und dass die Leberwurst nicht ausreichend kalt gelagert wird. Es gilt also darauf zu achten, dass diese Lebensmittel entsprechend behandelt wurden. Möchte man seine Lebensmittel selber einlegen oder pökeln, sollte man sich zuvor umfangreich mit dem Thema befassen: Informationen über die richtigen Konservierungsstoffe sind genauso wichtig wie Informationen über die richtige Menge dieser Stoffe. Außerdem sollte man Lebensmittel, die die Gifte rein theoretisch beinhalten können, stets gut erhitzen. So gelten Lebensmittel, die mindestens 15 Minuten lang bei 100 Grad erhitzt wurden, als sicher, sofern man sie unmittelbar nach der Erhitzung verzehrt.

Das Gift kann auch heilsam sein

Das Botulinumtoxin kommt häufig in der Kosmetik zum Einsatz. Es wird z.B. in Hautfältchen injiziert, um die Haut zu glätten und zu straffen. Außerdem kann das Gift bei einem spastischen Schiefhals oder bei einem Lidkrampf als Krampflöser zum Einsatz kommen. Und auch gegen extremen Schweiß (Hyperhidrose) kann das Nervengift durchaus helfen. Sofern das Gift korrekt von einem Fachmann angewendet wird, gilt es also nicht als gefährlich. Ganz im Gegenteil: in kleinen Dosen kann das Botulinumtoxin sogar heilsam sein.

Aktualisiert am 14. Februar 2021