Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) sinnvoll oder sinnlos?

Wenn der Gynäkologe einen PSA-Test zur Früherkennung oder einen Ultraschall der Eierstöcke empfiehlt, sollten Patientinnen vorsichtig sein. Patientinnen müssen diese Zusatzuntersuchungen selbst bezahlen und oftmals sind sie nicht nur unnötig, sondern können sogar schädlich sein.

Gesetzlich Versicherte geben jedes Jahr mehr als eine Milliarden Euro für die Individuellen Gesundheitsleistungen – kurz IGeL – aus, die von ihrem Arzt angeboten werden. Für viele Patienten bedeutet dies eine kostenintensive Zusatzversorgung und für einige Ärzte ein enorm lukratives Geschäft, wobei sie hier mit der Angst der Patienten spielen.

Derzeit sind die Gemüter erhitzt, denn die Bundesregierung bezuschusst IGeL-Verkaufsseminare für Ärzte. Verbraucherschützer sind alarmiert, denn wenn der Arzt zum Verkäufer wird, kann dies das Vertrauensverhältnis zwischen dem Arzt und dem Patienten enorm beeinträchtigen. Auch die Bundesärztekammer ist der Meinung, dass Ärzte keine Kaufleute seien und somit auch keine Verkaufsseminare erforderlich wären.

Problematisch ist, dass zahlreiche Patienten glauben, dass sie sich mit den zusätzlichen Untersuchungen durchaus etwas Gutes tun – ganz nach dem bekannten Motto: Viel hilft auch viel. Jedoch ist dies ein gefährlicher Trugschluss, denn einige dieser Untersuchungen sind tatsächlich nicht vollständig erforscht, sodass der Nutzen auch nicht wissenschaftlich belegt ist. Demzufolge könnten diese Untersuchungen der Gesundheit erheblich schaden. Beispielsweise kann es zu Fehldiagnosen kommen, was nicht nur eine psychische Belastung ist, sondern es kann schlimmstenfalls auch zu unnötigen Operationen führen.

Experten raten Patienten, sich umfassend von ihrem Arzt beraten und sich über den Nutzen, Nebenwirkungen oder Risiken aufklären zu lassen. Des Weiteren ist es ratsam, sich nach alternativen Untersuchungsmöglichkeiten zu erkundigen, bei denen die Kosten von den Krankenkassen übernommen werden. Zu beachten ist auch, dass die Krankenkassen einzelne IGeL übernehmen, wenn der Verdacht einer Erkrankung besteht.

Krebsvorsorge und Früherkennung

Der Prostatakrebs ist mit über 60.000 Neuerkrankungen und 12.000 Todesfällen im Jahr die häufigste Tumorerkrankung bei Männern. Dabei soll der PSA-Test den Prostatakrebs früh erkennen. Allerdings ist dieser Test umstritten, denn ob nun Männer aufgrund der Testdurchführung länger leben, wird seitens des Deutschen Krebsforschungszentrums nicht bestätigt. Generell wird der PSA-Test als tendenziell negativ eingestuft. Wesentlich wichtig wäre, dass sich Männer ab 45 Jahren einer Früherkennungsuntersuchung (Abtasten der Prostata), die von den Krankenkassen bezahlt wird, unterziehen.

In Deutschland erkranken jedes Jahr mehr als 5.000 Frauen an Gebärmutterhalskrebs. Dabei ist die häufigste Ursache eine Infektion mit dem Humanen Papillomviren (HPV). Mädchen zwischen 12 und 17 Jahren können sich gegen diese Viren impfen lassen. Der sogenannte Pap-Test dient der Früherkennung, wobei die Kosten für diese Untersuchung von den Krankenkassen übernommen werden. Zu den IGeL gehört hingegen die Dünnschichtzytologie. Hier wird aus einem Abstrich eine Zelllösung produziert. Jedoch haben Studien gezeigt, dass kein Unterschied zwischen den beiden Verfahren existiert, sodass die Zusatzleistung als „unklar“ definiert wird. In der Regel reicht also der Pap-Test vollkommen aus.

Um Eierstockkrebs früh zu erkennen, bieten viele Gynäkologen einen Ultraschall der Eierstöcke als Zusatzleistung an. Eine Studie bestätigt jedoch, dass gleich viele Patientinnen mit oder ohne Ultraschalluntersuchung an Eierstockkrebs starben. Andere Studien belegen zudem, dass Patientinnen oftmals durch Fehlalarme beunruhigt und sogar gesunde Eierstöcke entfernt wurden. Aus diesem Grund wird diese Zusatzleistung als „negativ“ gewertet. Wichtig ist allerdings, dass sich Patientinnen einmal im Jahr abtasten lassen. Diese Leistung wird von den Krankenkassen bezahlt und gehört zu den Früherkennungsuntersuchungen.

Titelbild © Alexander Raths – shutterstock.com

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