Nebenhodenentzündung

In Fachkreisen wird die Nebenhodenentzündung als Epididymitis bezeichnet. Es handelt sich um eine Infektion der Nebenhoden, welche in den meisten Fällen durch Viren oder Bakterien verursacht wird. Dadurch, dass die Nebenhoden unmittelbar über den Hoden liegen, kann sich die Entzündung auch auf diese ausweiten, sodass nicht nur eine Nebenhodenentzündung, sondern zeitgleich auch eine Hodenentzündung besteht. Die Symptome der Nebenhodenentzündung setzen schleichend ein, sodass die Infektion oft erst spät erkannt wird, nämlich, wenn sie sich bereits weitergebildet und eventuell auf nahe Körperteile übergegriffen hat.

Eine Schwellung des Hodensacks und weitere Symptome

Bei einer Epididymitis verstärken sich die Symptome mit dem Verlauf der Entzündung. Eine akute Nebenhodenentzündung ist durch typische Symptome wie einen geschwollenen und schmerzenden Nebenhoden geprägt. Nur in seltenen Fällen sind beide Nebenhoden zugleich betroffen. Mit dem Verlauf der Entzündung kann sich der Hodensack röten. Außerdem kann die Schwellung solche Ausmaße annehmen, dass die Hautfaltung des Hodensacks verschwindet. Es kann zu Schmerzen beim Wasserlassen kommen. Zudem können mit der Epididymitis Schüttelfrost und Fieber einhergehen und der betroffene Nebenhoden kann warm sein. Die Beschwerden nehmen nicht selten über den Tag zu.

Zu Beginn der Entzündung betreffen die Symptome lediglich den Nebenhoden. Nach 24 bis 36 Stunden kann sich die Entzündung jedoch auf die Hoden ausweiten, sodass sowohl die Nebenhoden als auch die Hoden entzündet sind. In diesem Fall spricht man von einer Epididymo-Orchitis.

Eine bakterielle Entzündung als Hauptursache

In den meisten Fällen wird eine Nebenhodenentzündung durch bakterielle Entzündungen der Prostata und der harnableitenden Wege verursacht. In diesem Zusammenhang spricht man von einer sogenannten aszendierenden, d.h. aufsteigenden Infektion: Die Erreger gelangen aus der Prostata oder aus der Harnröhre über den Samenleiten zu einem der Nebenhoden.

Besonders Männer mit Fehlbildungen im urogenitalen Bereich, mit Entleerungsstörungen und mit einem dauerhaften Blasenkatheter weisen ein hohes Risiko für die Entstehung einer Epididymitis auf. In einigen Fällen kann auch die Verdrehung der Hoden zur Entzündung der Nebenhoden führen. Da die Epididymitis vor allem durch andere bakterielle Entzündungen bedingt wird, tritt sie i.d.R. nicht alleine auf.

Bakterien, die die Nebenhodenentzündung verursachen können

Männer im Alter unter 35 Jahren erkranken meist aufgrund des Chlamydia trachomatis-Bakteriums an einer Nebenhodenentzündung. Seltener ist das Bakterium namens Neisseria gonorrhoeae der Auslöser. Im Alter über 35 Jahren sind es vor allem Darmbakterien, die eine Epididymitis begünstigen. Zu diesen Bakterien gehören u.a. Enterokokken, Staphylokokken und Klebsiellen.

Es besteht auch die Möglichkeit, dass sich die Nebenhoden aufgrund einer Streuung von Bakterien (z.B. Meningokokken oder Pneumokokken) über die Blutbahn entzünden. Auch eine Erkrankung an Tuberkulose kann der Auslöser sein.

Weitere mögliche Ursachen für die Entzündung der Nebenhoden

Im Vergleich zur bakteriellen Entzündung tritt die virale Entzündung der Nebenhoden eher selten auf. Das Virus, das als Hauptursache der viralen Infektion gilt, ist das Mumps-Virus. Im Rahmen einer viralen Entzündung der Nebenhoden sind die Hoden oft mitbetroffen. Vor der Pubertät können Enteroviren und Adenoviren der Auslöser für eine Epididymitis sein. Zudem kommen Würmer wie die Schistosoma und Pilze wie der Coccoidioides als Ursache infrage. In Deutschland stellen diese allerdings sehr selten den Grund für die Infektion dar. Auch Autoimmunerkrankungen können eine Nebenhodenentzündung begünstigen.

Der Urologe stellt die Diagnose

Besteht der Verdacht auf eine Entzündung eines Nebenhodens sollte unbedingt ein Arzt bzw. am besten sofort ein Urologe aufgesucht werden. Dieser erkundigt sich zunächst ausführlich nach den Beschwerden sowie nach eventuellen Grunderkrankungen. Mögliche Fragen im Rahmen des Anamnesegesprächs sind, ob die Beschwerden plötzlich begonnen haben und seit wann die Beschwerden bestehen. Außerdem wird sich der Urologe danach erkundigen, ob der Betroffene regelmäßigen Geschlechtsverkehr hat und er wird nach Schmerzen beim Wasserlassen fragen. Auch fragt er den Patienten, ob ein Ausfluss beim Wasserlassen besteht und ob Erkrankungen der Harnwege vorliegen.

Die körperliche Untersuchung

Es folgt die körperliche Untersuchung. Im Rahmen dieser untersucht der Mediziner den Hodensack auf Schwellungen, auf eine Überwärmung sowie auf eine Rötung. Er hebt den Hodensack an, um herauszufinden, ob sich die Beschwerden dadurch verringern. Ist das der Fall, nennt man das „Prehn-Zeichen positiv“ und der Verdacht auf eine Nebenhodenentzündung erhärtet sich. Hierin liegt eine Möglichkeit der Abgrenzung der Infektion zur Hodenentzündung sowie zur Hodentorsion. Bei diesen verringern sich die Beschwerden durch das Anheben des Hodensacks nicht.

Vor allem die Abgrenzung zur Hodentorsion ist wichtig, da diese einen medizinischen Notfall darstellt, der umgehend behandelt werden muss. Da die Epididymitis eine Begleiterscheinung der Hodentorsion sein kann, muss in dem Fall, dass eine Hodentorsion durch die körperliche Untersuchung nicht ausgeschlossen werden kann, eine operative Freilegung des Hodens in Betracht gezogen werden. Sollte sich bereits eine abgekapselte Eiteransammlung, ein sogenannter Abszess, in der Region des Nebenhodens gebildet haben, kann der Arzt diesen durch eine fluktuierende Schwellung ertasten.

Bildgebende Verfahren als wichtige Methode der Diagnose

Die Ultraschalluntersuchung des Hodens ist eine wichtige Methode, um eine Diagnose stellen zu können. Auf dem Ultraschallbild kann der Urologe die Ausdehnung der Entzündung gut erkennen. Außerdem kann er so feststellen, ob sich die Entzündung bereits auf den Hoden ausgebreitet hat. Ein Ultraschallbild kann außerdem Aufschluss darüber geben, ob sich ein Abszess gebildet hat. Neben der Diagnosestellung ist eine solche Hodensonographie außerdem ein wichtiges Instrument, um den Verlauf der Krankheit zu beurteilen – sie kann jederzeit wiederholt werden.

Sollte der Verdacht auf eine Behinderung des Abflusses im Harnsystem, wodurch der Harn in den Hoden und in den Samenleiter gepresst wird, bestehen, wird eine Ultraschalluntersuchung der Harnwege vorgenommen. Auch eine Röntgenuntersuchung ist möglich. Der Patient erhält ein Kontrastmittel, das auf den Bildern erkennbar ist. Hierdurch lassen sich u.a. Engstellen in der Harnröhre identifizieren.

Die Untersuchung des Urins und des Bluts

Neben diesen Untersuchungen wird der Urologe auch den Urin des Patienten kontrollieren: Mit sogenannten Urin-Stix kann sich der Verdacht auf einen Harnwegsinfekt schnellt erhärten. Außerdem können Urinkulturen angelegt werden, um den Erreger zu identifizieren und ihn auf seine Sensibilität gegenüber bestimmten Antibiotika zu testen – es wird ein sogenanntes Resistogramm angelegt.

Und auch das Blut des Patienten wird untersucht. Im Falle einer Epididymitis weist das Blut typische Entzündungszeichen auf. Zu diesen gehört beispielsweise eine erhöhte Anzahl an weißen Blutkörperchen (Leukozyten). Sollte das Mumps-Virus der Auslöser für die Nebenhodenentzündung sein, lassen sich bestimmte Antikörper im Blut nachweisen.

Die Behandlung der Nebenhodenentzündung

Wenn die Therapie der Nebenhodenentzündung frühzeitig eingeleitet wird, ist die Erkrankung heilbar ohne, dass Komplikationen auftreten. Der betroffene Nebenhoden wird zunächst hochgelagert und gekühlt. Entzündungshemmende und schmerzstillende Medikamente können die allgemeinen Entzündungsreaktionen bekämpfen. Um die Bakterien, die für die Epididymitis verantwortlich sind, zu bekämpfen, kommt außerdem ein Antibiotikum zum Einsatz.

Besteht eine virale Nebenhodenentzündung, werden Wirkstoffe eingesetzt, die die Symptome lindern. Auf spezielle Medikamente gegen die Viruserkrankung wird i.d.R. verzichtet. Wird die Therapie konsequent durchgeführt, heilt die virale Epididymitis meist innerhalb von zwei bis drei Wochen ab.

Sollte sich im Rahmen der Entzündung bereits ein Abszess gebildet haben oder sollte es zu anderen Komplikationen gekommen sein, muss eventuell ein chirurgischer Eingriff durchgeführt werden. Um dem Körper ausreichend Erholung und Ruhe bieten zu können, sollte während der Therapie auf körperliche Anstrengungen verzichtet werden.

Krankheitsverlauf und Prognose der Epididymitis

Da der gesamte Heilungsprozess der Epididymitis bis zu sechs Wochen betragen kann, ist bei der Therapie viel Geduld gefragt. In den meisten Fällen heilt die Entzündung gut aus. Es können aber auch Komplikationen wie eine Ausweitung der Entzündung auf die Harn- und Samenwege oder eine lokale Zerstörung des Nebenhodengewebes entstehen.

Klagt ein Mann häufig über eine Epididymitis oder verschleppt er die Infektion, können sich Vernarbungen und Engstellen im Samenleiter und im Nebenhoden bilden. Durch diese Vernarbungen kann es zu einem verschlechterten Transport der Spermien kommen, was in einer Unfruchtbarkeit enden kann. Oft ist die einzige Behandlungsmöglichkeit bei wiederkehrenden Entzündungen der Nebenhoden eine operative Durchtrennung des Samenstrangs. Diese Operation wird Vasektomie genannt. Außerdem kann der Nebenhoden entfernt werden. Ist die Entzündung sehr weit fortgeschritten, sodass mit sämtlichen Maßnahmen keine Besserung mehr erreicht werden kann, heißt der letzte Ausweg: Entfernung des gesamten Hodens.

Ist das Immunsystem während der Epididymitis geschwächt, kann es außerdem zu Komplikationen wie einer Blutvergiftung oder eines sogenannten Fournier-Gangräns kommen. Im letzten Fall sterben die Bindegewebsstränge im Hoden ab, was eine schwere Entzündungsreaktion im gesamten Körper verursachen kann – es besteht Lebensgefahr!

Kondome bieten den besten Schutz vor den hauptsächlichen Auslösern

Der akuten Epididymitis kann man nur bedingt vorbeugen. Eine Maßnahme der Prophylaxe besteht darin, Prostataentzündungen und andere Infektionen rechtzeitig zu behandeln und zwar ehe sich der Erreger entlang der Samenwege ausbreiten und in die Nebenhoden gelangen kann, wo er eine Entzündung hervorruft. Vor allem Menschen, die häufig den Sexualpartner wechseln, sollten sich beim Geschlechtsverkehr schützen! Den sichersten Schutz vor den Hauptauslösern der Epididymitis – den Chlamydien – stellen noch immer Kondome dar.

Aktualisiert am 17. Februar 2021