Muskelkater

Freizeit- und Leistungssportlern ist er wohl bekannt: der Muskelkater. Um die Entstehung des ziehenden, spannenden Muskelschmerzes ranken sich zahlreiche Gerüchte. Heute steht fest, eine Muskelübersäuerung durch Laktat (Milchsäure) ist nicht ursächlich am Auftreten des Muskelkaters beteiligt. Doch was verursacht die dumpfen Schmerzen im Gewebe, wieso macht sich Muskelkater erst Stunden nach dem Training schmerzvoll bemerkbar und wie kann man ihm effektiv vorbeugen?

Muskelkater: Kleine Risse, großer Schmerz

Wer beim Training an das eigene Limit geht, um den Körper fit und gesund zu halten, verfehlt nur allzu oft das Ziel. Spätestens am Tag nach dem Power-Workout bekommt man die Quittung für den falschen Ehrgeiz. Es beginnt mit einem leichten Ziehen. Der Muskel spannt und schließlich geht nichts mehr oder nur unter großen Schmerzen – der Muskelkater ist da.

Lange Zeit ging man davon aus, dass eine Ansammlung von Laktat, welches bei körperlicher Anstrengung in den Muskeln freigesetzt wird, für die Schmerzen am Tag danach verantwortlich ist. Heute ist bekannt, dass die Milchsäure nur kurzzeitig, während oder direkt nach dem Training für Schmerzen im Muskelgewebe sorgt. Sobald jedoch eine Verschnaufpause eingelegt worden ist und die Muskeln wieder mit ausreichend Sauerstoff versorgt sind, lässt der Schmerz nach. Tatsächlich hat Laktat eine Halbwertszeit von ungefähr zwanzig Minuten – zu wenig für den Muskelkater, denn der tritt erst Stunden nach der körperlichen Anstrengung auf, wenn sich das Laktat bereits wieder im Normbereich befindet.

Mikrotraumata verursachen Muskelkater

Muskelkater ist stets ein Zeichen körperlicher Überanstrengung. Die Überlastung verursacht kleine Risse, sogenannte Mikrotraumata, in den Z-Scheiben des Muskelgewebes. Ist der Außenbereich der Muskelfibrille gereizt, führt dies zu einer Entzündungsreaktion des Körpers. Dadurch dringt Wasser in das Gewebe ein, die entstehenden Ödeme lassen den Muskel anschwellen und verursachen schließlich den typischen, ziehenden Schmerz, der als Muskelkater bezeichnet wird. Bis es soweit ist, vergehen jedoch etwa zwölf bis vierundzwanzig Stunden, denn innerhalb der Muskelfasern gibt es keine Schmerzrezeptoren. Erst wenn die gebildeten Entzündungsstoffe nach außen treten und dort auf die umgebenden Nervenzellen treffen, kommt es zum Schmerzempfinden.

Mögliche Ursachen für die Überlastung

Muskelkater entsteht häufig durch übereifriges Training. Übermut und falscher Ehrgeiz, aber auch die vorschnelle Rückkehr aus einer forcierten Krankheitspause tragen zum Entstehen von Muskelkater bei. Auch untrainierte Freizeitsportler neigen zu Übertreibungen, da insbesondere am Anfang die Motivation groß ist, sich zu fordern. Umso stärker wirkt meist der Dämpfer, wenn die Bemühungen anschließend mit einem Muskelkater bestraft werden. Saisonsportarten sind übrigens prädestiniert für das Auftreten von Muskelkater. Wenn unvorbereitet mit dem Surfen, Skifahren oder Joggen begonnen wird, lässt der schmerzhafte Gruß des untrainierten Muskels nicht lange auf sich warten.

Doch auch erfahrene Sportler können unangenehme Muskelschmerzen davontragen, insbesondere bei bestimmten Bewegungsabläufen im Krafttraining. So entstehen die für den Muskelkater verantwortlichen Risse vermehrt bei Senk- bzw. Bremsbewegungen, etwa beim langsamen Herabsenken der Hantel, aber auch beim Hinunterlaufen eines Berges oder Abfedern eines Sprungs. Mediziner sprechen in diesem Zusammenhang von der exzentrischen Kontraktion des Muskels – im Gegensatz zur konzentrischen Kontraktion. Besonders gravierend: Wenn bei diesen Bewegungen die Luft angehalten wird.

Andere Ursachen für Muskelkater

Muskelkater ist in erster Linie eine Folgeerscheinung von Überanstrengung beim Sport. Daher sind vor allem jene Muskelpartien betroffen, die bewusst gesteuert werden können: die quergestreifte Muskulatur. Grundsätzlich kann der Überlastungsschmerz jedoch in jedem Muskel auftreten. Kommt es zum Muskelkater in der glatten Muskulatur, von zum Beispiel Bronchien, Darm oder Blase, dann in der Regel als Symptom einer Krankheit, etwa infolge einer Kolik bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen oder nach Krampfanfällen, wie sie zum Krankheitsbild von Epilepsie gehören. Auch bestimmte Medikamente listen in den möglichen Nebenwirkungen muskelkaterähnliche Schmerzen auf. Darüber hinaus können verschiedene Vitalstoffmängel, beispielsweise von Natrium, Magnesium, Calcium und Eisen, Muskelschmerzen begünstigen, außerdem:

  • Unterzuckerung (Hypoglykämie)
  • Kaliummangel (Hypokaliämie)
  • Sauerstoffmangel

Differentialdiagnose: Wenn es kein Muskelkater ist

Der zuweilen nach übermäßiger körperlicher Anstrengung mit Verzögerung auftretende Muskelkater zeichnet sich durch Steifigkeit, eine geringere Belastbarkeit sowie Druckempfindlichkeit der betroffenen Muskelpartie aus. Meist klingt der Muskelkater nach einer mehrtägigen Regenerationsphase von allein ab. Demgegenüber stehen Sportverletzungen wie die Muskelzerrung und der Muskelfaserriss, welche umgehend nach Muskelüberanstrengung bzw. Gewalteinwirkung starke Schmerzen verursachen und zum sofortigen Abbruch der Tätigkeit führen. Beim Muskelfaserriss zeigt sich zudem meist ein blauer Fleck (Hämatom) an der verletzten Stelle. Die genannten Verletzungen gehören in ärztliche Behandlung.

Therapie bei Muskelkater

Obwohl beim regulären Muskelkater in aller Regel keine ärztliche Behandlung nötig ist, sollte der Schmerz nicht ignoriert werden. Schließlich handelt es sich auch hier um kleine Verletzungen des Gewebes. Wer vorzeitig zum Training zurückkehrt, riskiert ernsthafte Verletzungen. Muskelkater sollte nicht zur Regel werden, da der Körper jedes Mal gegen Entzündungsherde vorgehen muss, welche auf Dauer zum Wegbereiter für diverse Krankheiten werden und eine vorzeitige Alterung einleiten können.

Längst hat es sich als Mythos herausgestellt, dass ein Muskelkater den Muskelaufbau begünstigen würde. Für ein effektives Training gilt tatsächlich: Weniger ist mehr. Und auch nach dem Muskelkater ist erst einmal Ruhe – jedoch keine Bettruhe – angesagt. Gemächliches Spazierengehen ist erlaubt, denn sanfte Bewegung verbessert den Stoffwechsel, sodass der angegriffene Muskel rascher mit den benötigten Reparaturstoffen versorgt wird. Vom regulären Training ist jedoch vorerst Abstand zu nehmen. Frühestens zwei Tage nach Schmerzfreiheit kann wieder mit dem Sporteln begonnen werden, aber bitte in Maßen.

Die Heilung unterstützen

Eine ausreichende Versorgung mit Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen unterstützt die Heilung. Zudem hat sich der Verzehr von eiweißreicher Kost nach dem Sport bewährt, um den Mehrbedarf an Aminosäuren zu decken. Ergänzend sind entzündungshemmend wirkende Lebensmittel, wie Ingwer und Kurkuma, empfehlenswert. Sportler setzen zudem auf Enzymkombinationspräparate mit beispielsweise Bromelain, Trypsin und dem Flavonoid Rutosid, um die Abheilung zu beschleunigen.

In der Alternativmedizin werden Schüßler-Salze verabreicht, um gegen Muskelkater vorzugehen – insbesondere Magnesium phosphoricum (Schüssler-Salz Nr. 7). Darüber hinaus können sanfte Massagen den Heilungsprozess unterstützen. Wichtig: Statt den betroffenen Muskel kräftig durchzukneten, was die Beschwerden noch verstärken kann, sollte die Haut flächig ausgestrichen werden, um die Durchblutung zu fördern, das Gewebe jedoch nicht zusätzlich zu reizen. Wärme wirkt ebenfalls durchblutungsfördernd, sei es mithilfe von Fangopackungen, Saunagängen oder warmen Bädern.

Muskelkater effektiv vorbeugen

Die Wahl der richtigen Trainingsintensität ist die beste Vorsorgemaßnahme gegen Muskelkater. Darüber hinaus sollte nicht jeden Tag trainiert werden. Auch nach einem regulären Workout sollte dem Körper eine Regenerationszeit geboten werden. Denn auch nach einem schmerzfreien Training ist der Muskel strapaziert und muss sich regenerieren können.

Wiedereinsteiger und Freizeitsportler sollten es sowohl bei Kraft- als auch bei Ausdauertraining langsam angehen lassen und sich sukzessive steigern. Wichtig ist es, Muskeln zwar zu fordern, jedoch nicht zu überfordern. Darüber hinaus ist aufwärmen vor dem Sport genauso Pflicht wie ein bewusstes Cool-down nach dem Training. Dehnen nach dem Workout kann den bereits angegriffenen Muskel jedoch zusätzlich reizen und gilt daher als nicht empfehlenswert.

Sportler nutzen kalte Bäder (zwischen fünf und fünfzehn Grad) nach dem Training, um einem Muskelkater entgegenzuwirken. Die Kälte soll Entzündungsreaktionen sowie Schwellungen dämpfen. Bei bereits bestehendem Muskelkater haben sich Wechsel- und Warmwasserbäder bewährt, insbesondere wenn sie mit Zusätzen wie Fichtennadeln oder Rosmarin versehen sind, die auch gegen Verspannungen wirksam sein sollen.

Aktualisiert am 17. Februar 2021