Leberkrebs

Die Leber erfüllt zahlreiche wichtige Aufgaben im menschlichen Körper. Sie produziert wichtige Hormone und Eiweiße, trägt zur Entgiftung des Körpers bei, verarbeitet das Abbauprodukt der roten Blutkörperchen namens Bilirubin und vieles mehr.

Bei Leberkrebs handelt es sich um eine bösartige Tumorerkrankung der Leber. Der Ursprung liegt in der krankhaften Veränderung des genetischen Materials von Zellen. Die entarteten Zellen wachsen schneller als andere Zellen und zerstören gesundes Gewebe. Darüber hinaus verlieren die kranken Zellen ihre Funktionstüchtigkeit, sodass sie ihren natürlichen Aufgaben nicht mehr nachgehen.

Es wird zwischen drei Arten von Leberkrebs unterschieden. Die Differenzierung beruht auf der Art der Zellen, aus welchen der Tumor entstanden ist. In etwa 80 Prozent der Leberkrebs-Fälle handelt es sich um ein hepatozelluläres Karzinom (HCC). Bei dieser Art von Leberkrebs hat sich der Tumor unmittelbar aus den Hepatozyten, also aus den Leberzellen entwickelt. In dem Fall, dass die Blutgefäße der Leber der Ursprung für den Tumor sind, wird von einem Angiosarkom gesprochen. Von einem sogenannten cholangiozellulären Karzinom (CCC) ist wiederum die Rede, wenn die entarteten Zellen von den Gallengangs-Zellen abstammen.

Des Weiteren kann es sein, dass sich Metastasen anderer Krebserkrankungen in der Leber ansiedeln. Der ursprüngliche Tumor, Primärtumor genannt, sitzt in diesem Fall häufig im Magen-Darm-Trakt, in der Brust, in der Lunge oder in der Prostata. Solche Metastasen kommen in der Leber häufiger vor als ein Tumor, welcher sich primär in der Leber entwickelt hat.

In der Medizin wird der Leberkrebs mithilfe diverser Klassifikationen eingeordnet: Während die UICC-Stadien und die TNM-Klassifikation die Ausbreitung des Tumors beschreiben, beschreibt die sogenannte Child-Pugh-Klassifikation die Funktionsstörungen des Organs.

Bei bestehenden Symptomen kann es bereits zu spät für eine Heilung sein

Zu Beginn verursacht ein Tumor in der Leber keine bzw. kaum Beschwerden – es kann durchaus sein, dass ein Lebertumor im Rahmen einer Routineuntersuchung entdeckt wird. Die ersten Symptome treten erst im fortgeschrittenen Stadium auf. Hierbei handelt es sich um unspezifische Beschwerden. Treten diese auf, kann es bereits zu spät für eine Heilung des Tumors sein. Zu den typischen Merkmalen von Leberkrebs gehören ein Druckschmerz im Oberbauch sowie eine Schwellung unter dem rechten Rippenbogen. Außerdem fühlen sich die Patienten häufig schwach und ihre Leistungsfähigkeit ist vermindert. Aufgrund von Übelkeit und Appetitlosigkeit kann es zu einer ungewollten Gewichtsabnahme kommen. Es kann ein leichtes Fieber entstehen und die Haut kann sich gelb färben (Gelbsucht).

Diese Symptome sind allerdings noch kein sicherer Hinweis auf Leberkrebs – die Beschwerden können auch deutlich harmlosere Ursachen haben. Beim Auftreten solcher Symptome sollte man in jedem Fall einen Arzt aufsuchen, um die Ursache abzuklären, denn die Überlebenschance bei einem Lebertumor ist stark abhängig vom Zeitpunkt der Diagnose bzw. davon, wann die Behandlung einsetzt.

Unterschiedliche Risikofaktoren für verschiedene Arten von Leberkrebs

Bis heute sind die genauen Ursachen für Leberkrebs nicht vollständig bekannt. Es gibt allerdings eine große Menge an Risikofaktoren, die die Gefahr für Leberkrebs nachweislich erhöhen können. Zu den wichtigsten Risikofaktoren zählen Übergewicht und ein übermäßiger Alkoholkonsum. Den verschiedenen Leberkrebs-Arten werden unterschiedliche Risikofaktoren zugeordnet.

Risikofaktoren für ein hepatozelluläres Karzinom

Hauptursache für den primären Leberkrebs ist die Leberzirrhose, auch Schrumpfleber genannt. Zu dieser Erkrankung kommt es durch eine chronische Virusinfektion der Leber mit Hepatitis B oder Hepatitis C. Zudem kann ein sehr starker Alkoholkonsum eine Leberzirrhose bedingen. Um den durch die Virusinfektion verursachten Verlust von Leberzellen zu kompensieren, bildet die Leber neue Leberzellen und Bindegewebe. Da es bei jeder Zellteilung zu Fehlern im genetischen Code der Zelle kommen kann, steigt das Risiko für die Entartung von Leberzellen im Falle der starken Zellneubildung in der kranken Leber an. Krankhaft veränderte Zellen teilen sich häufiger und wachsen überdurchschnittlich schnell – ein Tumor ist die Folge.

Ein hepatozelluläres Karzinom kann auch durch Giftstoffe bedingt werden. Der Schimmelpilz namens Aspergillus flavus produziert beispielsweise Aflatoxine. Diese sind hochgiftig und gelten als cancerogen, also als krebsauslösend. Der Pilz befällt vornehmlich schlecht gelagertes Getreide und Nüsse, sodass sich ein Mensch über die Nahrung mit dem Pilz infizieren kann.

Das Risiko für Leberkrebs wird ebenfalls durch Eisenstoffwechselerkrankungen erhöht. Bei diesen Erkrankungen wird viel Eisen aus der Nahrung in der Leber abgelagert. Dieser erhöhte Eisengehalt schädigt dem Gewebe. Außerdem kann er eine Leberzirrhose bewirken. Der Körper versucht, das geschädigte Gewebe durch die Neubildung von Leberzellen zu kompensieren. Auch hier bewirkt die starke Zellneubildung einen Anstieg des Risikos für einen Tumor.

Risikofaktoren, die ein cholangiozelluläres Karzinom begünstigen können

Eine maßgebliche Rolle bei der Entstehung eines cholangiozellulären Karzinoms spielt eine chronische Entzündung der Gallenwege. Solch eine Entzündung entsteht häufig durch eine Fehlregulation des Immunsystems. Sie vernarbt das Gewebe und die Galle staut sich. Auch in diesem Fall versucht die Leber, die defekten Zellen durch neugebildete Zellen zu ersetzen. Auch hier bewirkt die vermehrte Zellneubildung einen Anstieg des Erkrankungsrisikos. Des Weiteren kann ein Befall durch Parasiten die Wahrscheinlichkeit für ein cholangiozelluläres Karzinom erhöhen.

Diverse Gifte können ein Angiosarkom der Leber hervorrufen

Bei diesem Leberkrebs spielen diverse Giftstoffe eine maßgebliche Rolle. Nur einige dieser sind Arsen und Vinylchlorid. Außerdem können anabole Steroide, welche häufig von Bodybuildern genutzt werden, zu der Entwicklung dieser Krebsart beitragen.

Die Diagnose: primärer oder sekundärer Tumor?

Zur Diagnosestellung bei Leberkrebs kommen verschiedene Untersuchungen infrage. Mit den verschiedenen Verfahren soll geklärt werden, ob ein Leberkarzinom vorliegt und wenn ja, wie weit dieses fortgeschritten ist. Für die spätere Behandlung ist es wichtig, zu klären, ob der Tumor ursprünglich in der Leber entstanden ist oder, ob es sich bei dem Tumor um einen sogenannten sekundären Tumor, also um Metastasen eines anderen Tumors in einer anderen Körperregion handelt.

Die Untersuchung wird in aller Regel mit einem Anamnesegespräch zwischen dem Arzt und dem Patienten begonnen. Der Arzt wird sich nach der Art und der Dauer der Beschwerden erkundigen. Außerdem fragt der den Patienten nach bestehenden Vor- und Begleiterkrankungen. Thematisiert werden in dem Gespräch außerdem mögliche Risikofaktoren wie ein Alkoholmissbrauch oder eine chronische Hepatitis.

Es folgt die gründliche körperliche Untersuchung: Der Arzt tastet die Leber sowie diverse andere Organe des Bauchraums ab. Anschließend kann eine Ultraschalluntersuchung der Leber, der Gallenblase, der Gallengänge und weiterer Organe, die mit der Leber „verbunden“ sind, durchgeführt werden.

Mit der Blutuntersuchung sind zwei Ziele verbunden: Es wird nach bestimmten Stoffen, die auf Leberkrebs hinweisen, gesucht (z.B. das Alpha-Fetoprotein) und die Funktion der Leber wird überprüft. Der Wert des Alpha-Fetoproteins ist dabei nicht als sicherer Marker für ein Leberkarzinom zu verstehen: Dieses Eiweiß kann ebenso auf andere Erkrankungen hinweisen. Zu diesen Erkrankungen gehören z.B. Lungenkrebs, Hodentumore und eine chronische Hepatitis. Außerdem ist der AFP-Wert oft auch bei schwangeren Frauen erhöht.

In dem Fall, dass sich der Verdacht auf einen Lebertumor erhärtet, sind weitere Untersuchungen notwendig, um die Diagnose sichern zu können. Zu den geeigneten Verfahren zählen eine Kontrastmittel-Ultraschalluntersuchung, eine Magnetresonanztomographie mit Gabe eines Kontrastmittels sowie eine Computertomographie unter der Gabe eines Kontrastmittels. Um herauszufinden, ob es sich bei dem Leberkarzinom um einen primären oder um einen sekundären Leberkrebs handelt, kann eine Darmspiegelung oder eine Magenspiegelung durchgeführt werden.

In manchen Fällen kann auch eine minimal-invasive Bauchspiegelung notwendig sein, um festzustellen, wie weit sich der Tumor bereits ausgebreitet hat.

Weisen all diese Untersuchungen auf Leberkrebs hin, wird den auffälligen Leberbezirken abschließend eine feingewebliche Probe entnommen. Diese Gewebeentnahme kann entweder durch eine sogenannte Feinnadelpunktion oder durch eine Biopsie erfolgen. Da die Feinnadelpunktion das Risiko birgt, dass sich die Tumorzellen im Kanal des Nadelstiches festsetzen und sich somit im Körper verbreiten, kommt die Biopsie deutlich häufiger zum Einsatz und zwar vor allem, wenn die Chancen auf eine vollständige Heilung groß sind. Erst durch die Untersuchung der Gewebeprobe kann der Leberkrebs eindeutig diagnostiziert werden.

Je fortgeschrittener der Tumor, desto radikaler die Therapie

Die Behandlung bei Leberkrebs ist u.a. vom Stadium der Erkrankung abhängig: Je fortgeschrittener der Tumor, umso radikaler muss die Behandlung ausfallen. Im Rahmen einer Operation kann Leberkrebs-Gewebe entfernt werden. Auch eine Lebertransplantation ist eine mögliche Behandlungsmethode. Zudem kann man ein Leberkarzinom mit Essig und Alkohol veröden und den Tumor von der Blutversorgung abschneiden. Das Leberkrebs-Gewebe kann ebenfalls mit einer Laser- oder eine Radiofrequenztherapie zerstört werden. Eine Chemotherapie kommt bei Leberkrebs hingegen nur im Endstadium infrage.

Die chirurgische Entfernung des befallenen Gewebes

Im Rahmen der Operation bei Leberkrebs wird das befallene Gewebe möglichst vollständig entfernt. Handelt es sich bei dem Karzinom um einen kleinen Tumor, spricht man in der Medizin von einer Teilsekretion der Leber. Die Operation kann solche Ausmaße annehmen, dass bis zu 85 Prozent der Leber entfernt werden – sofern die anderen 15 Prozent der Leber voll funktionsfähig und gesund sind, kann das Organ seine Aufgaben weiterhin erfüllen. Die verbliebenen gesunden Zellen bauen das Gewebe nach und nach wieder auf – die Leber weist ein äußerst großes Regenerationspotential auf.

Die Transplantation der Leber

Hat sich der Krebs auf so viele Bereiche der Leber ausgebreitet, dass eine Teilsekretion nicht mehr möglich ist, kann eine Lebertransplantation vorgenommen werden. Dabei helfen die sogenannten Milan-Kriterien dabei, die Erfolgschancen der Transplantation abzuschätzen. Diese Kriterien besagen, dass der Tumor kleiner als fünf Zentimeter sein muss, dass sich keine weiteren Leberkrebs-Metastasen gebildet und im Körper ausgebreitet haben dürfen und dass innerhalb der Leber keine Blutgefäße befallen sein dürfen.

Therapie mit Wärme oder Kälte

Bei der sogenannten Radiofrequenzablation führt der Arzt eine Sonde in den Leberkrebs ein. Mit dieser Sonde wird das entartete Gewebe erhitzt, wodurch das Tumorgewebe zerstört wird. Diese Behandlung kann anstatt mit Wärme auch mit Kälte erfolgen. Dabei werden die Krebszellen mithilfe von flüssigem Stickstoff vereist.

Die Verkleinerung des Tumors mit Ethanol oder Essig

Wie bereits erwähnt, können Lebertumore auch mithilfe von Ethanol oder Essig verkleinert werden. Hierfür wird der reine Alkohol oder die Essigsäure in das betroffene Leberareal gespritzt. Hierdurch vernarben sich die entarteten Leberzellen, sodass sie sich nicht weiter teilen können.

In seltenen Fällen wird anstatt Essig oder Ethanol eine gefäßverödende Substanz gespritzt. Dieses Verfahren wird als Chemoembolisation bezeichnet. Die Einspritzung erfolgt über eine Kanüle, welche von der Leistenarterie bis zur Leberarterie, welche das kranke Areal versorgt, geschoben wird. So kann die giftige Substanz unmittelbar vor den Tumor gespritzt werden. Sie zerstört die versorgende Arterie, sodass das Karzinom nicht mehr ausreichend mit Blut bzw. den darin enthaltenen Nährstoffen versorgt wird. So wird das Wachstum des Leberkrebses gehemmt.

Die Chemotherapie und die Behandlung mit Medikamenten

Da der Leberkrebs nicht ausreichend auf eine Chemotherapie anspricht, kommt diese bei der Behandlung i.d.R. nicht zum Einsatz. Im Endstadium kann sie allerdings als palliative, d.h. schmerzlindernde Maßnahme eingesetzt werden. Der Verlauf der Erkrankung wird auf diese Weise verlangsamt. Eine Heilung ist jedoch ausgeschlossen.

Seit einigen Jahren ist ein Medikament namens Sorafenib bekannt. Dieses kommt immer häufiger zum Einsatz, um Leberkrebs zu bekämpfen. Das Medikament soll das Wachstum der Krebszellen hemmen, indem es für eine schlechte Blutversorgung des Tumors sorgt, sodass dieser nicht ausreichend viele Nährstoffe erhält.

Ein gesunder Lebensstil dient der Vorbeugung von Leberkrebs

Um eine Überlastung der Leber zu vermeiden, sollte ein gesunder Lebensstil gepflegt werden: Der Alkoholgenuss sollte in Maßen gehalten werden, die Ernährung sollte ausgewogen und fettarm sein. Viel frisches Obst und Gemüse decken den Vitaminbedarf. Getreide und Vollkornprodukte enthalten lebenswichtige Ballaststoffe. Zudem sollte auf das Rauchen verzichtet werden. Sport ist gut, um einer Fettleibigkeit vorzubeugen. Ebenso wie diese sollte das sogenannte Wohlstandssyndrom, bei dem es zu einer Kombination von Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit Stoffwechselerkrankungen kommt, vermieden werden.

Die regelmäßige körperliche Betätigung (täglich mindestens 30 Minuten) beugt sowohl Herz-Kreislauf-Erkrankungen als auch Krebserkrankungen vor. Patienten mit einer nicht-insulinabhängigen Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) sollten, sofern keine Kontraindikationen bestehen, das Diabetesmedikament Metformin einnehmen. Dieses senkt das Leberkrebs-Risiko nachweislich. Studien haben gezeigt, dass auch die Einnahme von cholesterinsenkenden Medikamenten (Statine) das Risiko, an Leberkrebs zu erkranken senken. Entscheidend für diese risikosenkende Wirkung sind die Dosis und die Dauer der Einnahme. Aufgrund fehlender prospektiver Untersuchungen wird die kontinuierliche Statintherapie in der Praxis nur denjenigen Patienten mit Leberkrebs empfohlen, die die Medikamente ohnehin aufgrund von erhöhten Fettwerten einnehmen müssen.

Vorbeugend gegen Leberkrebs wirkt auch die Hepatitis B-Impfung: Die Hepatitis B-Viren gelten als mögliche Ursache von Leberkrebs. Die Impfung bietet einen langanhaltenden Schutz vor der Viruserkrankung und reduziert somit das Risiko für die Entstehung von Leberkrebs.

Aktualisiert am 16. Februar 2021