Gynäkomastie

Bei der Gynäkomastie handelt es sich um ein gutartiges Brustdrüsenwachstum beim Mann. Sie kann sowohl einseitig auftreten als auch beide Brüste betreffen. Eine Gynäkomastie ist nicht immer krankhaft, d.h. sie kann auch aufgrund völlig natürlicher Umstände auftreten. Die Gynäkomastie ist von der Pseudogynäkomastie abzugrenzen. Letztere ist auch unter dem Begriff Lipomastie bekannt und bezeichnet ein Brustwachstum, das allein auf die vermehrte Bildung von Fettgewebe zurückzuführen ist.

Die Betroffenen leiden häufig unter ernsten psychischen Problemen

Im eigentlichen Sinn handelt es sich bei der Gynäkomastie um ein Symptom und nicht um eine Erkrankung. Dennoch können mit dem Brustwachstum weitere Symptome einhergehen. Zu diesen zählt z.B. ein Spannungsgefühl in den Brüsten. Es kann zu einer Bewegungseinschränkung kommen und die Brustwarzen können überempfindlich gegenüber Berührung sein. Sind Jugendliche von der Gynäkomastie betroffen (Pubertätsgynäkomastie), kann das Brustwachstum erhebliche psychische Probleme und sogar Angstzustände auslösen – die Betroffenen meiden Schwimmbäder und andere Situationen, die zum Spott führen könnten. Eine Gynäkomastie wird nicht immer von solchen Symptomen begleitet – sie kann auch in Erscheinung treten ohne irgendwelche Beschwerden auszulösen.

Die Ursache: Ein Ungleichgewicht im Hormonhaushalt

Das Wachstum der männlichen Brust wird durch ein unnormales Testosteron-Östrogen-Verhältnis bedingt: Während bei jungen Männern, die nicht unter einer Gynäkomastie leiden, der Testosteronspiegel bei etwa sechs Nanogramm pro Milliliter Blut (ng/ml) und der Östrogenspiegel bei 20 bis 40 Picogramm (pg/ml) liegt, ist dieses Verhältnis bei den Betroffenen deutlich verschoben. Zu einem solchen Ungleichgewicht kann es u.a. durch eine Grunderkrankung, durch Medikamente oder durch den Konsum von Drogen kommen. Da das Brustdrüsengewebe sehr sensibel auf Schwankungen im Hormonhaushalt reagiert, kann die Störung des Gleichgewichts zwischen Testosteron und Östrogen ein Brustwachstum hervorrufen.

Verschiedene Formen der Gynäkomastie und ihre Ursachen

Die physiologische Gynäkomastie

Die physiologische Form der Gynäkomastie wird in weitere Unterformen mit unterschiedlichen Ursachen unterteilt. Zu diesen Formen zählt z.B. die Neugeborenengynäkomastie: Etwa 60 Prozent der männlichen Neugeborenen weisen in den ersten Wochen einen Brustansatz auf – auch wenn dieser nur sehr klein ist. Der Brustansatz verschwindet i.d.R. nach einigen Wochen bis Monaten wieder. Der Grund für diesen Brustansatz ist der Kontakt des Babys mit den weiblichen Hormonen der Mutter während der Schwangerschaft: Über die Plazenta und die Muttermilch wird Östrogen an das Kind weitergegeben. Da die Leber des Kindes zunächst noch nicht dazu in der Lage ist, das Hormon abzubauen, hat das Östrogen anfangs einen verhältnismäßig großen Einfluss auf die Entwicklung des Neugeborenen.  

Die Pubertätsgynäkomastie tritt bei Jugendlichen auf. Auch hier ist ein Ungleichgewicht der Sexualhormone der Auslöser für das Brustwachstum. Zu diesem Ungleichgewicht kann es aufgrund der für die Pubertät üblichen Umstellungen im Hormonhaushalt kommen. In den meisten Fällen bildet sich diese Form der Gynäkomastie bis zum 20. Lebensjahr zurück. Für den Fall, dass das Brustwachstum bestehen bleibt, besteht die Möglichkeit einer chirurgischen Entfernung des Drüsengewebes. Die Pubertätsgynäkomastie tritt besonders bei übergewichtigen Jugendlichen auf. Der Grund ist, dass das Fettgewebe eine Rolle bei der Umwandlung des Testosterons zum weiblichen Östrogen spielt.

Eine weitere Form der physiologischen Gynäkomastie ist die Altersgynäkomastie. Mit dem fortschreitenden Alter nimmt das Fettgewebe zu. Gleichzeitig wird immer weniger Testosteron produziert. Hinzu kommt, dass ein Enzym namens Aromatase – dieses kommt vor allem im Fettgewebe vor – Testosteron zu Östrogen umwandelt. Somit wird auch die Altersgynäkomastie durch Übergewicht begünstigt. 

Die pathologische Gynäkomastie

Bei der pathologischen Gynäkomastie ist der Auslöser für das unnatürliche Brustwachstum ein krankhafter Prozess im Körper. Dieser kann entweder das Hormongleichgewicht stören oder direkt in der Brust stattfinden. Zu einer pathologischen Gynäkomastie kann es aufgrund verschiedener Faktoren kommen. Eine Möglichkeit besteht in der erblichen Gynäkomastie: Die betroffenen Männer weisen von Geburt an eine gestörte Weiterverarbeitung oder eine problemhafte Produktion von Hormonen auf. Aufgrund dieser erblichen Faktoren kann es z.B. sein, dass der Körper nicht die Vorstufen des männlichen Hormons bildet. Auch kann es sein, dass dem Betroffenen beide Hoden fehlen – die Hoden sind der Hauptproduzent des Testosterons. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass das weibliche X-Chromosom doppelt vorliegt. In diesem Fall spricht man vom Klinefelter Syndrom. 

Eine pathologische Gynäkomastie kann auch aufgrund von chronischen Erkrankungen entstehen, die den Hormonhaushalt durcheinanderbringen. Dabei spielt vor allem die Leber eine wichtige Rolle, denn diese ist für den Abbau von Hormonen und vor allem des Östrogens verantwortlich. So kann eine Lebererkrankung wie eine Leberzirrhose einen Überschuss an weiblichen Hormonen bedingen und folglich zu einer Gynäkomastie führen. Auch eine Niereninsuffizienz kann der Hormonhaushalt beeinflussen und somit der Auslöser für das Brustwachstum sein.
 

Selbst bestimmte Haarpflegeprodukte können eine Gynäkomastie hervorrufen

Eine häufige Ursache für eine Gynäkomastie sind Substanzen, die den Hormonhaushalt durcheinanderbringen. Zu diesen Substanzen zählen Medikamente wie einige Antidepressiva und Antibiotika sowie die Drogen Heroin und Marihuana. Zudem kann ein langjähriger Alkoholkonsum zu einer Hormonstörung und somit auch zu einer Gynäkomastie führen. Es gibt sogar Haut- und Haarpflegeprodukte, die kleine Mengen an weiblichen Hormonen beinhalten. Diese gelangen bei der Anwendung über die Haut in den Blutkreislauf. 

Gynäkomastie aufgrund von Krebserkrankungen

Aufgrund einer Tumorerkrankung verlieren Zellen ihre natürlichen (Wachstums-) Grenzen und Regulationsmechanismen. Hierdurch bilden manche Zellen große Mengen an Hormonen, sodass es zu einem Überschuss der Botenstoffe kommt. Als Folge kann das Wachstum der Brust angeregt werden und eine Gynäkomastie kann entstehen. Zudem kann ein Mann von Brustkrebs betroffen sein – wenn Frauen auch deutlich häufiger an Brustkrebs erkranken. Die tumorbedingte Gynäkomastie ist typisch für den Brustkrebs bei Männern.

Die Diagnose

Zur Diagnosestellung wird der Arzt den Patienten zu aller erst nach seinen Alkoholgewohnheiten, nach dem Konsum anderer Drogen und nach einer möglichen Medikamenteneinnahme fragen. Anschließend wird er die Brust des Betroffenen abtasten, um festzustellen, ob es sich um eine echte oder um eine falsche Gynäkomastie handelt – bei einer falschen Gynäkomastie fühlt sich die Brust deutlich weicher an. Darüber hinaus kann eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt werden. Auch diese dient der Unterscheidung zwischen der echten und der falschen Gynäkomastie. Dem Mann wird Blut abgenommen, welches auf die Leber-, die Nieren und die Hormonwerte hin untersucht wird. So können andere Ursachen (z.B. Brustkrebs) für das Wachstum der Brust ausgeschlossen werden.

Die Therapie kann medikamentös oder operativ erfolgen

Eine gutartige Vermehrung des männlichen Brustdrüsengewebes bedarf nicht immer einer Therapie. Eine Behandlung sollte aber unbedingt erfolgen, wenn der Mann unter der „Männerbrust“ leidet, was meistens der Fall ist. Es besteht die Möglichkeit einer medikamentösen Therapie. Hierbei kommen östrogenhemmende Arzneimittel zum Einsatz. Es kann aber auch eine direkte Zufuhr von Testosteron verschrieben werden. Zudem kann eine Umstellung auf eine weniger fettreiche Ernährung hilfreich sein.

Sollten diese Ansätze keinen Erfolg erzielen, können das Brustdrüsengewebe und das umgebende Fett operativ entfernt werden. Dieser Eingriff wird Andromastektomie oder auch Brustkorrektur genannt. Allerdings empfehlen Ärzte diesen Eingriff nur nachdem alle anderen Therapiemaßnahmen gescheitert sind und wenn der betroffene Mann sehr unter dem Brustwachstum leidet. Die Operation kann je nach Größe des Eingriffs sowohl unter Vollnarkose als auch unter einer lokalen Betäubung durchgeführt werden. Nachdem die Betäubung eingesetzt hat, tätigt der Mediziner einen kleinen Schnitt im Umfeld der Brustwarze. Anschließend entnimmt er die komplette Brustdrüse. So wird ein erneutes Wachstum der Brust vermieden. Außerdem wird nicht selten das überschüssige Fett in der Brust abgesaugt. Nach der Operation darf sich der Patient sechs Wochen lang nicht sportlich betätigen. Der Grund ist, dass auch Sport Auswirkungen auf den Hormonspiegel hat. Der Betroffene muss eine Kompressionsweste tragen und sollte möglichst auch andere körperliche Belastungen vermeiden.
 

Bestimmte Risikofaktoren sollten vermieden werden

Der Gynäkomastie kann man nur schwer vorbeugen. Ein Grund dafür ist, dass Hormonschwankungen in diversen Lebensphasen völlig normal sind. Außerdem liegt bei vielen Männern eine Prädisposition vor. Es gibt jedoch einige Risikofaktoren, die eine Gynäkomastie begünstigen können. Zu diesen Faktoren zählen anabole Steroide, Amphetamine, Cannabis und andere illegale Drogen. Wer einer Gynäkomastie vorbeugen möchte, sollte unbedingt auf diese Substanzen verzichten. Zudem kann der Gynäkomastie vorgebeugt werden, indem Alkohol nur in geringen Mengen getrunken wird. Am besten ist der komplette Verzicht auf Alkohol. Des Weiteren sollten Männer, die regelmäßig Medikamente einnehmen, diese daraufhin überprüfen, ob sie ein möglicher Auslöser für eine Gynäkomastie sind. Ist das der Fall, kann in Absprache mit dem behandelnden Arzt nach einem alternativen Medikament gesucht werden.

Aktualisiert am 15. Februar 2021