Blutvergiftung

Die Blutvergiftung ist auch unter dem Namen Sepsis bekannt. Sie wird durch Infektionen (z.B. einer Wunde) ausgelöst. Im Falle einer Infektion schafft es das Immunsystem i.d.R. die Krankheitserreger zu bekämpfen, sodass die Infektion ausheilen kann. Bei einer Sepsis ist das nicht der Fall: Die krankheitserregenden Bakterien und Giftstoffe überschwemmen den gesamten Körper, indem sie sich über die Blutgefäße ausbreiten. Das Immunsystem reagiert besonders heftig auf diesen Befall – es kommt zu einer Kettenreaktion, die dem Körper massiven Schaden anrichtet. Es sind also sowohl die Infektion als auch die Reaktion des Organismus, die eine Blutvergiftung verursachen.

Die Sepsis als dritthäufigste Todesursache in Deutschland

Die Sepsis gehört zu den drei häufigsten Todesursachen in Deutschland: Jedes Jahr sterben hierzulande mehr als 60.000 Menschen an einer Blutvergiftung. Hierzu kommt es u.a., da die Sepsis häufig nicht rechtzeitig als solche erkannt wird – die Symptome ähneln denen eines banalen Infekts, sodass die Krankheit nicht ernst genommen wird.

Verschiedene Formen der Blutvergiftung

Ein Sonderfall der Blutvergiftung ist die Neugeborenensepsis. Diese tritt bei Babys, die nicht älter als ein Monat sind, auf. Man unterscheidet die Frühsepsis von der Spätsepsis. Im ersten Fall tritt die Blutvergiftung bereits in den ersten vier Lebenstagen auf – die Erreger wurden höchstwahrscheinlich von der Mutter übertragen. Von einer Spätsepsis spricht man, wenn die Blutvergiftung nach den ersten vier Lebenstagen auftritt.

Bei Erwachsenen bedeuten Bakterien im Blut nicht gleich eine Sepsis. So können kleine Mengen an Bakterien z.B. durch winzige Verletzungen im Zahnfleisch in den Blutstrom eindringen. Schon beim Zähneputzen kann es zu solchen Verletzungen und zu einer Infektion mit Bakterien kommen. Ein gesundes Immunsystem bekämpft diese Bakterien problemlos. Erst wenn das Abwehrsystem nicht mehr mit den Erregern klarkommt und der Kampf gegen die Bakterien zu den folgenden Symptomen führt, wird von einer Vergiftung des Bluts, jedoch noch nicht von einer Sepsis gesprochen:

  • Erhöhte Atemfrequenz
  • Erhöhter Puls
  • Abweichende Körpertemperatur (unter 36°C oder über 38°C)
  • Abweichende Anzahl von Leukozyten/ weißen Blutkörperchen (unter 4000/µL oder über 12.000/µL)

Diese Symptome weisen auf ein Systemic Inflammatory Response Syndrome (SIRS) hin. Hierbei handelt es sich um eine schwere Entzündungsreaktion des Körpers.

Das schlimmste Stadium der Blutvergiftung ist der septische Schock. Hierbei sinkt der Blutdruck stark ab und der Puls rast und zwar über einen langen Zeitraum. Von einer schweren Sepsis spricht man, wenn lebenswichtige Organe betroffen sind und diese nicht mehr richtig arbeiten können – es kann zum Herz-, zum Nieren- oder zum Lungenversagen kommen. Auch ein Leberversagen ist möglich.

Mit einer Blutvergiftung gehen unspezifische Symptome einher

Eine Sepsis ist nicht immer leicht zu erkennen und die Symptome können auch durch andere Erkrankungen verursacht sein. Zusätzlich zu den Zeichen einer Blutvergiftung können Symptome der auslösenden Infektion auftreten. So z.B. bei einem Harnwegsinfekt. Bei diesem kann es nicht nur zu den folgenden Symptomen, sondern auch zu Kopfschmerzen, zu einer Hirnhautentzündung und zu Schmerzen beim Wasserlassen kommen. Die häufigsten Symptome einer Sepsis sind:

  • Schneller Herzschlag: Der Puls beträgt mehr als 90 Schläge in der Minute.
  • Beschleunigte und flache Atmung.
  • Fieber (über 38 Grad Celsius) und erniedrigte Temperatur (unter 36 Grad Celsius).
  • Niedriger Blutdruck: Der systolische Blutdruck beträgt weniger als 90 mmHg.
  • Eine verminderte Harnausscheidung und eine Nierenfunktionsstörung.
  • Verwirrtheit: Wenn das Gehirn betroffen ist, wirkt der Betroffene desorientiert und unruhig. Es kann zum Delirium kommen.

Die Symptome eines septischen Schocks

Im Endstadium einer Blutvergiftung kann es zum septischen Schock kommen. Dieser ist ein lebensgefährlicher Zustand, mit dem ein extremer Blutdrucklabfall einhergeht. Die lebenswichtigen Organe werden nicht mehr ausreichend mit Blut versorgt. In der Mehrzahl der Fälle führt der septische Schock zum Tode.

Jede Infektion kann zu einer Sepsis führen

Generell kann jede Infektion zu einer Blutvergiftung führen – ein entzündeter Blinddarm kann ebenso der Auslöser sein wie eine infizierte Gelenkprothese. Aber auch banale Dinge wie ein Urinkatheter können eine Infektion auslösen und somit zu einer Sepsis führen. Aus diesem Grund sollte man jede Infektion von einem Arzt untersuchen lassen. Die häufigsten Ursachen für Infektionen, die eine Blutvergiftung auslösen, sind Bakterien. Aber auch Viren und Pilze können eine Sepsis bedingen. Häufig führen Krankenhausaufenthalte zu derartigen Infektionen.

Im Falle einer Infektion leitet das Immunsystem Abwehrmaßnahmen in Form einer Entzündung ein. Im Rahmen dieser wird die Durchblutung des betroffenen Gewebes gesteigert und die Durchlässigkeit der Gefäße wird erhöht. Durch diese Reaktion können mehr Leukozyten (weiße Blutkörperchen) in das Gewebe übertreten, um die Krankheitserreger zu beseitigen.

Reichen diese Maßnahmen des Abwehrsystems nicht aus, um die Infektion zu beseitigen, gewinnen die Erreger die Oberhand, d.h. die Erreger und Gifte treten in den Blutkreislauf ein. In diesem Stadium wird aber noch nicht von einer Blutvergiftung, sondern lediglich von einer Bakteriämie gesprochen. Erst wenn diese Stoffe im ganzen Körper zu einer Entzündungsreaktion führen, handelt es sich um den typischen Verlauf einer Sepsis. Der, den gesamten Körper betreffende, Kampf gegen die Krankheitserreger führt zu einer Weitung der Gefäße, sodass ein Blutdruckabfall entsteht. Die Lunge und das Herz versuchen den mangelnden Rückstrom des Blutes ebenso zu kompensieren wie die verringerte Anreicherung des Blutes mit Sauerstoff. Als Folge erhöhen das Herz und die Lunge ihre Arbeit um ein Vielfaches, sodass es zu einem rapiden Anstieg der Herz- und der Atemfrequenz kommt. Durch den veränderten Blutfluss und durch die Schäden am Gewebe und an den Gefäßen, die durch den Kampf zwischen Erregern und Immunsystem entstehen, gerinnt das Blut schneller.

Diese Personen sind besonders anfällig für eine Blutvergiftung

Zu den Risikogruppen, die besonders anfällig für eine Sepsis sind, gehören sehr junge und alte Menschen. Auch ein geschwächtes Immunsystem sowie Verletzungen und Wunden können ein erhöhtes Risiko darstellen. Es gibt Behandlungen und Untersuchungen, die die Gefahr einer Sepsis bergen. Zudem gibt es Menschen, die eine genetische Veranlagung für die Entstehung einer Blutvergiftung haben.

Die Diagnose der Blutvergiftung

Besteht der Verdacht auf eine Sepsis, sollte man umgehend einen Arzt aufsuchen. Dieser wird eine Anamnese durchführen und den Blutdruck sowie den Puls des Patienten messen. Außerdem werden Körpertemperatur und Atemfrequenz gemessen. Sollte ein besorgniserregender Gesundheitszustand bestehen, wird die Patient umgehend ins Krankenhaus eingewiesen.

Die Untersuchung des Bluts soll über die Werte von Entzündungsparametern (z.B. Procalcitonin) Aufschluss geben. Außerdem weicht die Anzahl der Leukozyten im Falle einer Sepsis von der Norm ab. Die Blutwerte geben Aufschluss über eine mögliche gestörte Funktion von Organen. So weist z.B. ein erhöhter Serumkreatinin-Gehalt auf einen auffälligen Nierenfunktionswert hin. Des Weiteren kann das Blut übersäuert und der Sauerstoffgehalt niedrig sein.

Die Suche nach dem Infektionsherd kann sich recht einfach gestalten. So z.B. wenn die Umgebung einer Wunde sehr stark geschwollen, gerötet und überwärmt ist. Allerdings lässt sich der Herd nicht immer so schnell ausfindig machen, sodass eine Sonografie oder eine Computertomographie zum Einsatz kommen kann. Auf diesen Aufnahmen können Eiteransammlungen und Flüssigkeitsansammlungen in Organen oder Körperhöhlen erkannt werden. Diese können einen Infektionsherd darstellen.

Für die Identifikation des Infektionsherdes können auch Wundabstriche gemacht und das Gewebe, das Nervenwasser sowie andere Flüssigkeitsproben untersucht werden. Allerdings schaffen es die Ärzte nicht immer, den ursprünglichen Auslöser der Sepsis zu bestimmen – die Infektionsquelle bleibt nicht selten (bei etwa 20 Prozent der Fälle) unbekannt. Das kann zu einer deutlich erschwerten Behandlung der Erkrankung führen.

Um die Blutvergiftung durch eine Lungenentzündung festzustellen, kann ein Röntgenbild von der Lunge gemacht werden. Eine Spiegelung der Bronchien kann ebenfalls hilfreich sein. Hierbei wird Sekret aus den tief gelegenen Atemwegen ausgespült und anschließend auf Erreger untersucht.

Die Behandlungsmethode hängt vom Grad der Blutvergiftung ab

Eine Voraussetzung für die erfolgreiche Behandlung einer Blutvergiftung ist die Therapie der ursprünglichen Infektion. Hierfür werden verschiedene Medikamente verwendet und es kann zu chirurgischen Eingriffen kommen. Die Therapie der Sepsis beginnt also stets mit der Behandlung des Infektionsursprungs – es sei denn, diese Quelle kann nicht ausfindig gemacht werden.

Der Herd für die gefährliche Infektion sitzt häufig im zentralen Nervensystem, an den Knochen und Gelenken, an den Harnwegen oder in der Haut. Aber auch die Lunge und der Bauchraum sowie die Zähne sind oft betroffen. Zudem kann ein Fremdkörper wie eine Platte, die aus chirurgischen Gründen eingesetzt werden musste, der Auslöser sein. Egal, wo sich der Herd befindet, der Ausgangspunkt für die Blutvergiftung muss schnellstmöglich beseitigt werden. In der Medizin wird dieser Vorgang als Sanierung bezeichnet.

Die Behandlung der einfachen Sepsis

Bei der Erkrankung an einer einfachen Sepsis kann i.d.R. auf einen Aufenthalt auf der Intensivstation verzichtet werden. In solch einem Fall genügt es, die Quelle der Infektion zu beseitigen. Anschließend wird der Patient mit Antibiotika behandelt. Diese vernichten die auslösenden Bakterien. Bei der Infektion durch Viren, Pilze oder Parasiten müssen die Medikamente entsprechend angepasst werden.

Die Therapie der schweren Sepsis

Im Falle einer schweren Sepsis genügt es nicht, den Herd der Infektion zu beseitigen und die Behandlung mit Antibiotika fortzuführen. Vielmehr muss eine eventuelle eingeschränkte Funktion der Organe berücksichtigt werden – ein Aufenthalt auf der Intensivstation ist unumgänglich. Neben der Behandlung mit Antibiotika oder Antipilzmitteln werden auf der Intensivstation weitere Maßnahmen ergriffen. So kann bei Bedarf eine Transfusion von Plasma und Blutzellen durchgeführt werden. Außerdem können in Mitleidenschaft gezogene Organe unterstützt werden, z.B. die Lunge durch künstliche Beatmung oder die Niere durch eine Dialyse. Es kann eine Insulintherapie veranlasst werden. Diese senkt den Blutzuckerspiegel, welcher bei vielen Menschen mit einer Sepsis erhöht ist.

Zur Vorbeugung von Blutgerinnseln können gerinnungshemmende Medikamente verabreicht werden – bei einer Sepsis können sich im ganzen Körper Thrombosen bilden. Der Patient wird höchstwahrscheinlich mit Schmerz- und Beruhigungsmitteln versorgt und es kann zu einer Versorgung durch eine Magensonde kommen – viele Patienten mit einer Sepsis können nicht mehr essen. Darüber hinaus werden häufig Protonenpumpenhemmer eingesetzt. Diese sollen der Entstehung eines sogenannten Stressulkus vorbeugen. Bei diesem handelt es sich um ein durch Körperstress bedingtes Geschwür im Zwölffingerdarm oder im Magen. Dieses Geschwür kann innere Blutungen verursachen.

Die Therapie des septischen Schocks

Im Falle eines septischen Schocks müssen die Pumpfunktion des Herzens und ein ausreichender Blutdruck sichergestellt werden, sodass alle Organe mit ausreichend Blut versorgt werden. Hierfür werden vasopressorische, d.h. gefäßverengende Substanzen eingesetzt. Durch diese steigt der Blutdruck. Außerdem werden bei einem septischen Schock die Gefäße durch eine hohe Flüssigkeitszufuhr per Infusion in einen gefüllten Zustand versetzt. So wird verhindert, dass die Weitstellung der Gefäße eine Versackung des Bluts in der Peripherie (Beine, Arme, …) verursacht.

Einer Blutvergiftung kann man nur bedingt vorbeugen

Einer Blutvergiftung kann man nicht unmittelbar vorbeugen. Man sollte Infektionen stets rechtzeitig von einem Arzt begutachten und behandeln lassen. So vermeidet man, dass sich die Infektion auf andere Teile des Körpers ausweiten kann. Die Zeit ist also ein ausschlaggebender Faktor für die Therapie einer Sepsis – ein rasches Eingreifen durch einen Arzt senkt das Risiko eines lebensbedrohlichen Verlaufs der Blutvergiftung.

Aktualisiert am 14. Februar 2021